Tukdam

tibetisch-buddhistischer Begriff

Tukdam ist ein tibetisch-buddhistischer Begriff, der einen besonderen meditativen Zustand nach dem physischen Tod beschreibt. In diesem Zustand soll der Geist des Verstorbenen weiterhin meditieren, obwohl klinisch der Tod bereits eingetreten ist. Diese Praxis wird vor allem bei hochentwickelten Praktizierenden beobachtet und ist in der tibetischen Kultur tief verwurzelt.

Tukdam leitet sich von den tibetischen Wörtern „thugs dam“ ab, was wörtlich „Geist-Meditation“ bedeutet. Es ist ein Zustand, in dem der Körper eines verstorbenen buddhistischen Praktizierenden keine Anzeichen des Verfalls zeigt, wie es normalerweise nach dem Tod zu erwarten wäre. Dies kann Tage bis Wochen dauern und wird als Zeichen einer fortgeschrittenen spirituellen Praxis angesehen. Der Glaube an Tukdam stützt sich auf die buddhistische Auffassung, dass der Tod ein Übergang ist und dass das Bewusstsein den Körper in einem gereinigten Zustand verlassen kann. Es wird angenommen, dass die Praxis des Tukdam eine Form der Resilienz gegenüber dem Tod darstellt und zu einem tieferen Verständnis des Bewusstseins führt.

Die Praxis des Tukdam hat sowohl spirituelle als auch soziale Implikationen. In der tibetischen Gemeinschaft wird der Körper eines Praktizierenden in Tukdam oft respektvoll behandelt und es wird angenommen, dass er weiterhin spirituellen Nutzen für die Gemeinschaft bringt. Diese Praktik bietet auch tiefere Einblicke in das Verständnis des Sterbeprozesses und der postmortalen Zustände in der buddhistischen Philosophie.

Mögliche Ursachen für die verzögerte Zersetzung des Körpers

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Die verzögerte Zersetzung des Körpers eines verstorbenen buddhistischen Praktizierenden im Zustand des Tukdam kann auf mehrere medizinische und anatomische Faktoren zurückgeführt werden.[1] Studien zeigen, dass die konstant überwachte Temperatur und Feuchtigkeit im Raum, die niedrig gehalten werden, die Zersetzungsprozesse verlangsamen können.[1] Normalerweise beginnt die Zersetzung durch bakterielle Aktivität im Verdauungstrakt, die jedoch durch meditative Zustände oder Umweltbedingungen gehemmt werden kann.[1] Kulturelle Praktiken wie das Einwickeln des Körpers in Tücher und das Platzieren von Baumwolle in den Körperöffnungen können die Freisetzung von Zersetzungsflüssigkeiten und den Zugang von Insekten einschränken, was ebenfalls zur Verlangsamung der Zersetzung beiträgt.[1] Zudem hatten die Verstorbenen teilweise Medikamente wie Antibiotika und Steroide erhalten, die die mikrobiellen Prozesse beeinflussen und somit die Zersetzung verzögern könnten.[1] Schließlich könnten intensive meditative Praktiken physiologische Zustände hervorrufen, die den Metabolismus und andere Körperprozesse beeinflussen, was ebenfalls zu einer verlangsamten Zersetzung führt.[1]

Literatur

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  • Tawni L. Tidwell, Leslie E. Eisenberg, Alexander Fedotov, Elena Kokurina, Julia Boytsova, Tenzin Desel, Lodoe Sangpo, Ngawang Norbu, Jigme Chokdrup, Dorji Tsering, Thupten Sherap, Tanzin Chhonden, Yeshi Dorje, Chhoktan Lama, Kunga Lhundup, Jamyang, Lharkyab, Lobsang Phuntsok, Tenzin Wangchuk, Stanzin Lhakpa, Lobsang Namgyal, Yeshi Dorjee, Tenzin Lobsang, Yulia Zhironkina, Robin I. Goldman, Tenzin Namdul, Kristin E. Blake, Emily Tesch, Rigzin Sangmo, John D. Dunne, Ravindra P. Nagendra, Bindu M. Kutty, Telo Tulku Rinpoche, Tsewang Tamdin, Tsetan Dorji Sadutshang, Richard J. Davidson, Svyatoslav Medvedev: Delayed decompositional changes in indoor settings among Tibetan monastic communities in India: A case report. In: Forensic Science International: Reports. Band 9, Juli 2024, ISSN 2665-9107, S. 100370, doi:10.1016/j.fsir.2024.100370.
  • Tawni L. Tidwell: Life in Suspension with Death: Biocultural Ontologies, Perceptual Cues, and Biomarkers for the Tibetan Tukdam Postmortem Meditative State. In: Culture, Medicine, and Psychiatry. 23. Februar 2024, ISSN 1573-076X, doi:10.1007/s11013-023-09844-2.
  • Dylan T. Lott, Tenzin Yeshi, N. Norchung, Sonam Dolma, Nyima Tsering, Ngawang Jinpa, Tenzin Woser, Kunsang Dorjee, Tenzin Desel, Dan Fitch, Anna J. Finley, Robin Goldman, Ana Maria Ortiz Bernal, Rachele Ragazzi, Karthik Aroor, John Koger, Andy Francis, David M. Perlman, Joseph Wielgosz, David R. W. Bachhuber, Tsewang Tamdin, Tsetan Dorji Sadutshang, John D. Dunne, Antoine Lutz, Richard J. Davidson: No Detectable Electroencephalographic Activity After Clinical Declaration of Death Among Tibetan Buddhist Meditators in Apparent Tukdam, a Putative Postmortem Meditation State. In: Frontiers in Psychology. Band 11, 28. Januar 2021, ISSN 1664-1078, doi:10.3389/fpsyg.2020.599190 (frontiersin.org [abgerufen am 27. Juni 2024]).
  • Tenzin Namdul: Re-Examining Death: Doors to Resilience and Wellbeing in Tibetan Buddhist Practice. In: Religions. Band 12, Nr. 7, Juli 2021, ISSN 2077-1444, S. 522, doi:10.3390/rel12070522 (mdpi.com [abgerufen am 27. Juni 2024]).
  • Tanya Maria Zivkovic: The Biographical Process of a Tibetan Lama. In: Ethnos. Band 75, Nr. 2, Juni 2010, ISSN 0014-1844, S. 171–189, doi:10.1080/00141841003678767 (tandfonline.com [abgerufen am 27. Juni 2024]).
  • Tanya Zivkovic: Death and Reincarnation in Tibetan Buddhism. 0. Auflage. Routledge, 2013, ISBN 978-1-134-59369-9, doi:10.4324/9781315886855 (taylorfrancis.com [abgerufen am 27. Juni 2024]).
  • Tenzin Namdul: Facilitating an Ideal Death: Tibetan Medical and Buddhist Approaches to Death and Dying in a Tibetan Refugee Community in south India. Abgerufen am 27. Juni 2024 (englisch).
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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f Tawni L. Tidwell, Leslie E. Eisenberg, Alexander Fedotov, Elena Kokurina, Julia Boytsova, Tenzin Desel, Lodoe Sangpo, Ngawang Norbu, Jigme Chokdrup, Dorji Tsering, Thupten Sherap, Tanzin Chhonden, Yeshi Dorje, Chhoktan Lama, Kunga Lhundup, Jamyang, Lharkyab, Lobsang Phuntsok, Tenzin Wangchuk, Stanzin Lhakpa, Lobsang Namgyal, Yeshi Dorjee, Tenzin Lobsang, Yulia Zhironkina, Robin I. Goldman, Tenzin Namdul, Kristin E. Blake, Emily Tesch, Rigzin Sangmo, John D. Dunne, Ravindra P. Nagendra, Bindu M. Kutty, Telo Tulku Rinpoche, Tsewang Tamdin, Tsetan Dorji Sadutshang, Richard J. Davidson, Svyatoslav Medvedev: Delayed decompositional changes in indoor settings among Tibetan monastic communities in India: A case report. In: Forensic Science International: Reports. Band 9, Juli 2024, ISSN 2665-9107, S. 100370, doi:10.1016/j.fsir.2024.100370.