Taisha Abelar

US-Amerikanische Schriftstellerin und Anthropologin

Taisha Abelar, Geburtsname Annamaria Simko (* 1944; 1998 verschollen[1]), war eine amerikanische New Age-Schriftstellerin und -Unternehmerin.

Bedeutung Bearbeiten

Taisha Abelar war eine Weggefährtin von Carlos Castañeda von Anfang der 1970er Jahre bis zu seinem Tod.[2] Sie war als eine der las brujas (spanisch für Hexen, Zauberer) bekannt, eine Eigenbezeichnung, die in der Gruppe um Castañeda in den frühen 1990ern aufkam.[3] Als Teil dieses inneren Zirkels[4][5] war sie maßgeblich an der Entwicklung und Verbreitung sowie gewerblichen Nutzung spiritueller bzw. esoterischer Praktiken beteiligt, die auf indigenem Wissen beruhen sollen.[6][7] Ihr 1992 erschienenes Buch The Sorcerer’s Crossing wurde aus dem Amerikanischen in 17 Sprachen übersetzt.[8]

Leben und Wirken Bearbeiten

Simko lernte Carlos Castaneda kennen, als sie neunzehn Jahre alt war und an der University of California in Los Angeles studierte, wo sie ihren Master in Anthropologie erwarb.[9] In einer Arbeit aus dem Jahre 1970 mit dem Titel Death and the Hereafter geht sie in ihrer Analyse der Todesvorstellungen der Tibeter dem Thema der Erfahrungen von Menschen mit den Toten nach.[10]

Sie selbst schildert, dass sie in den 1960er Jahren bei einer Wanderung in den Bergen von Tucson einer „Zauberin“ (sorceress) begegnet sei. Sie sei zu dem Haus der Frau in Sonora in Mexiko gereist, um dort zu leben und es habe sich herausgestellt, dass sie zu derselben Familie von „Zauberern“ gehört habe, die Castaneda unterrichteten.[11]

Im Jahre 1973 kaufte Castaneda ein Anwesen in der „Pandora Avenue“ in Westwood, Los Angeles, und bald darauf zogen Simko zusammen mit Regine Thal und Kathleen Pohlman, die sich später kollektiv las brujas nannten, dort ein. Im Einklang mit Castanedas Philosophie, „die persönliche Geschichte auszulöschen“, änderten sie ihre Namen. Annamaria Simko wurde zu Taisha Abelar.[12]

Am 5. September 1974 gründete die Gruppe die Firma „Hermeneutics Unlimited“ (später umbenannt in „Laugan Productions, Inc.“). Der Zweck der Firma war in den Firmengründungspapieren mit „production of documentary ethnology“ angegeben worden.[13]

In den 1990er Jahren entwickelte die Gruppe um Castaneda spezifische körperliche Bewegungsübungen, die angeblich auf die „Zauberer des alten Mexiko“ zurückgehen sollen und nannte sie „Tensegrity“.[14] Sie begannen im Jahr 1993 diese Praxis zu unterrichten, die Seminare fanden unter anderem in Mexiko, Europa und den USA statt. In einem Interview mit dem kanadischen New-Age-Autor Alexander Blair-Ewart bezeichnete Taisha Abelar die Übungen „als sehr, sehr alte Technik“. Es sei die „grundlegendste Technik der Zauberei“. Dabei gehe es um das „Auslöschen der Vorstellung vom Selbst oder was immer das Selbst sein mag, im Sinne eines Auslöschens all der Erinnerungen und Verbindungen, die man während seines Lebens hatte beziehungsweise eingegangen ist“.[15] Um die Workshops zu bewerben und zu organisieren, wurde 1995 Cleargreen Inc. gegründet.[16]

Taisha Abelar verschwand 1998 nach Castanedas Tod.[12] Nach anderen Quellen lebt sie zurückgezogen in Mexiko.[17]

Rezeption Bearbeiten

Im Jahr 1992, als Abelars Buch The Sorcerer’s Crossing erschien, wurde es in dem amerikanischen Magazin für Literaturkritik Kirkus Reviews rezensiert. Es sei ein „faszinierender, wenn auch unglaublich klingender Bericht über die Ausbildung der Anthropologin Abelar durch dieselbe mysteriöse Zaubererfamilie, aus der angeblich Carlos Castaneda hervorgegangen ist“.[18]

Die amerikanische feministische Autorin Barbara G. Walker besprach es 1994 in dem vom Committee for Skeptical Inquiry herausgegebenen Magazin Skeptical Inquirer. Abelar würde die Leser glauben machen, dass eine Fremde namens Clara eines Tages zu ihr in die Wüste von Arizona gekommen sei und sie eingeladen habe, ihr in die 400 Meilen entfernte mexikanische Wildnis zu folgen. Was sie dort über mehrere Monate hielt, sei eine Art „schamanische Initiation“ gewesen. Unter der Führung der „selbsternannten Guru Clara“ sei Abelar einer „Lehre“ unterworfen gewesen, in der sie Tricksereien, Demütigungen und Verwirrung ausgesetzt gewesen sei. Das Buch sei ein Produkt der Schule Castanedas mit einem Vorwort von ihm selbst. Es sei veröffentlicht worden, um den unersättlichen Markt im Genre schamanische Reisen zu füttern.[19]

Laut der amerikanischen Kulturanthropologin Lisa Aldred tauchten in der New-Age-Bewegung eine Reihe von Euro-Amerikanern auf, die behaupteten, von „authentischen Medizinleuten der amerikanischen Ureinwohner“ als Mentoren betreut zu werden. Sie würden Bestseller schreiben und teure Workshops leiten mit dem Anspruch, ihren Kunden beizubringen, „wie man die Spiritualität der amerikanischen Ureinwohner praktiziert“. Unter diese Autoren zählt Aldred auch Taisha Abelar. Aktivisten der amerikanischen Ureinwohner würden die Werke dieser „Plastik-Schamanen“ wegen ihrer Trivialisierung und Kommerzialisierung der indigenen Spiritualität stark kritisieren.[20]

Die Traumatherapeutin Ingrid Olbricht berichtet in ihrem Buch Wege aus der Angst. Gewalt gegen Frauen (2004), dass ihre Therapie-Technik „TRIMB“ auf einer Methode beruhe, die Taisha Abelar in Die Zauberin (The Sorcerer’s Crossing) beschrieben hat. Olbricht glaubte, dass diese Technik „ursprünglich von den mittelamerikanischen Indianern“ stammt.[21] Dabei handelt es sich laut Ellen Spangenberg um eine spezifische Art zu atmen, die Abelar als „Fege-Atmen“ bezeichnete, bei der es darum gehe, belastende Erinnerungen mit der Atmung und einer simultanen Kopfbewegung „quasi sauber zu fegen“. Taisha Abelar beschreibe diese Atemtechnik ausführlich.[22]

Schriften Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Roman Katzer (Hrsg.): Die Erben des Don Juan. Gespräche mit Carlos Castaneda, Florinda Donner-Grau und Taisha Abelar. Hans-Nietsch-Verlag, Freiburg (Breisgau) 2005, ISBN 3-934647-77-4.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Nach anderen Angaben führe sie nach dem Jahre 1998 ein zurückgezogenes Leben in Mexiko.
  2. Zuzana Marie Kostićová: From Academic Anthropology to Esoteric Religion, in: Aries. Journal for the Study of Western Esotericism (Brill), 23/2023, S. 215 (Online 22. Nov. 2021, Abstract)
  3. Alexander Knorr: Metatrickster. Burton, Taxil, Gurdjieff, Backhouse, Crowley, Castaneda. Eine Interpretation von Leben, Werk und Wirken ausgesuchter historischer Persönlichkeiten, deren Wohlgelingen der Hilfe des Diskurses zur mythologischen Trickstergestalt bedurfte. Herausgegeben von Matthias Samuel Laubscher, VASA-Verlag, Pondicherry / München 2004, ISBN 3-9809131-6-3, auf ethnologie.uni-muenchen.de [1] hier S. 233
  4. Hadley Meares: The Witches Of Westwood And Carlos Castaneda's Sinister Legacy. Published Sep 2, 2021, auf laist.com [2]
  5. Amy Wallace: Sorcerer's Apprentice : My Life with Carlos Castaneda. Frog Books, 2003, S. 421
  6. Hadley Meares: The Witches Of Westwood And Carlos Castaneda's Sinister Legacy. Published Sep 2, 2021, auf laist.com [3]
  7. Norbert Claßen: Carlos Castaneda und das Vermächtnis des Don Juan. Das Wissen der Tolteken in einer neuen Epoche. Neuauflage, Hans-Nietsch-Verlag, Emmendingen 2014, ISBN 978-3-86264-264-9, Textauszug auf amrita.de [4] hier S. 9
  8. Worldcat
  9. Amy Wallace: Sorcerer's Apprentice: My Life with Carlos Castaneda. Frog Books, Berkeley, CA 2003, ISBN 978-1-58394-076-1.
  10. Richard A. Kalish, David K. Reynolds: Phenomenological Reality and Post-Death Contact, in: Journal for the Scientific Study of Religion, Vol. 12, No. 2 (Jun., 1973), S. 211, doi:10.2307/1384890
  11. Lisa Aldred: Plastic Shamans and Astroturf Sun Dances: New Age Commercialization of Native American Spirituality, in: American Indian Quarterly, Band 24, Nr. 3/ Sommer 2000, S. 332
  12. a b Robert Marshall: The dark legacy of Carlos Castaneda. Salon.com, 12. April 2007
  13. Alexander Knorr: Metatrickster. Burton, Taxil, Gurdjieff, Backhouse, Crowley, Castaneda. Eine Interpretation von Leben, Werk und Wirken ausgesuchter historischer Persönlichkeiten, deren Wohlgelingen der Hilfe des Diskurses zur mythologischen Trickstergestalt bedurfte. Herausgegeben von Matthias Samuel Laubscher, VASA-Verlag, Pondicherry / München 2004, ISBN 3-9809131-6-3, auf ethnologie.uni-muenchen.de [5] hier S. 230
  14. Alexander Knorr: Metatrickster. S. 236
  15. Die Kunst des Pirschens. Taisha Abelar über die wahre Freiheit. Ein Interview von Alexander Blair-Ewart. In: Roman Katzer (Hrsg.): Die Erben des Don Juan. Gespräche mit Carlos Castaneda, Florinda Donner-Grau und Taisha Abelar. Hans-Nietsch-Verlag, Freiburg (Breisgau) 2005, ISBN 3-934647-77-4, S. 214
  16. Alexander Knorr: Metatrickster. S. 240
  17. Abelar, Taisha - Hans Nietsch Verlag. Abgerufen am 26. Dezember 2023.
  18. The Sorcerer’s Crossing, Review in: Kirkus, 9. August 1992
  19. Barbara G. Walker: Too much to swallow, in: Skeptical Inquirer, Band 18. 2. August 1994, S. 196–196, pdf
  20. Lisa Aldred: Plastic Shamans and Astroturf Sun Dances: New Age Commercialization of Native American Spirituality, in: American Indian Quarterly, Band 24, Nr. 3/ Sommer 2000, S. 331–332, https://www.jstor.org/stable/1185908
  21. Ingrid Olbricht: Wege aus der Angst. Gewalt gegen Frauen. Beck Verlag, München 2004, ISBN 978-3-406-51759-4, S. 192
  22. Ellen Spangenberg: Behutsame Trauma-Integration (TRIMB). Belastende Erfahrungen lösen mit Atmung, Bewegung und Imagination. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-608-89149-2, S. 14–15.