Scutacarus acarorum
Scutacarus acarorum ist eine bodenbewohnende Milbenart, die sich in Hummelnestern vermehrt und dessen adulte Weibchen Phoresie auf Hummelköniginnen betreiben, um das neu zu gründende Nest zu besiedeln.
Scutacarus acarorum | ||||||||||||
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Scutacarus acarorum, dorsal | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Scutacarus acarorum | ||||||||||||
(Goeze, 1780)[1][2][3][4] |
Vorkommen
BearbeitenScutacarus acarorum ist auf den Hauptteilen der nördliche Hemisphäre verbreitet.[5] In den Jahren 2005 bis 2008 konnte sie auf etlichen in Argentinien einheimischen Hummeln nachgewiesen werden, allerdings in so geringer Zahl, dass man annimmt, sie sei dort nicht heimisch.[6] Die Milbenart gehört zu den drei am häufigsten phoretisch auf Hummeln anzutreffenden Milbenarten in Mitteleuropa.[7][8] Von den heterostigmatischen Milben kommt sie am häufigsten phoretisch auf Hummeln vor.[6]
Ernährung
BearbeitenWährend Goeze alle auf Hummeln phoretisch lebenden Milbenarten als Ektoparasiten beschrieb, die sich am Wirt festsaugen und sich während der Überwinterung von der Hämolymphe ernähren[1], konnte später keine physische Verbindung zwischen Hämolymphe und Milbe nachgewiesen werden.[5] Auch in neuerer Literatur wird oft noch fälschlicherweise vom saugenden Ektoparasiten geschrieben.[9] In den Hummelnestern ernähren sich die Milben, indem sie an den Hyphen von Pilzen saugen. Die bevorzugten Pilzarten konnten allerdings noch nicht identifiziert werden. Unter Laborbedingungen führten Pilze, die auf den getrockneten Waben der Hummelnester des Vorjahres wuchsen, zu keinem erfolgreich durchlaufenen Lebenszyklus. Eine erfolgreiche Reproduktion fand statt, wenn der Pilz Histoplasma capsulatum Darling zur Verfügung stand, der auf Honigbienen und in Honigbienenbeuten vorkommt.[5] Bei vermindertem Pilzwachstum durch Trockenheit oder zu starker Nahrungskonkurrenz, saugen die Weibchen auch an den fellartig abstehenden Hyphen eines Pilzes der Gattung Mucor. Verschärft sich die Trockenheit, so dass keine Pilze wachsen, sammeln sich die Weibchen in Höhlungen in den Zuchtgefäßen, wo sie über fünf Monate überstehen können.[5] Auch der typische Bodenpilz Cunninghamella elegans konnte als von den Milben akzeptierter Futterpilz identifiziert werden.[10]
Lebenszyklus
BearbeitenPhoretische Lebensphase
BearbeitenWeibchen, deren Ovarien noch nicht gereift sind, können auf Hummeln der meisten Arten und aller Kasten gefunden werden. Königinnen und Jungköniginnen werden bei der Wahl bevorzugt. Obwohl sie an fast allen Hummel-Arten gefunden werden inklusive den Kuckuckshummeln, sind sie in größerer Häufigkeit (ca. 53 % der Königinnen im Frühjahr) und größerer Anzahl (ca. 8 % Königinnen transportieren mehr als 10 Stück) auf Königinnen des Erdhummel-Komplexes zu finden, deren Nester groß, feucht und dessen Nistmaterial häufig stark verschimmelt ist.[5] Um sich auf den Hummeln verankern zu können, besitzen sie an ihrem ersten Beinpaar eine große Kralle.[9] Die Milben halten sich an den Tieren häufig im behaarten Bereich auf dem vorderen großen Flügelpaar nahe den Flügelgelenken fest. Sie sitzen aber auch in geringerem Umfang an Parasitellus fucorum, einer anderen zeitweise phoretisch lebenden Art von Hummelmilben, bei denen sie sich an den Beinen in der Nähe des Körpers festhalten. So überwintern sie phoretisch oder hyperphoretisch 6 bis 8 Monate mit den Hummelköniginnen.[5][11] Bei potentiell bivoltinen Hummelarten oder in warmen Regionen mit Dauernestern verkürzt sich diese Ruhephase bei passenden Umweltbedingungen. In Mitteleuropa gilt eine Nestgründung pro Jahr auch bei potentiell bivoltinen Hummeln noch als die Regel.
Reproduktionsphase
BearbeitenNachdem die Hummelkönigin aus der Diapause erwacht ist und ein Nest gegründet hat, verlassen die Milben ihren Phoresiewirt und besiedeln das Nest. Der Auslöser, der die phoretische Lebensphase beendet, ist noch nicht gefunden. In Laborversuchen in Petrischalen bewegten sie sich erst, wenn die Hyphen eines Pilzes ihren Platz erreichten, was aber den Tod der Hummel voraussetzen würde. Wenn ihre Nahrung in ausreichender Menge vorhanden ist, dauert es neun Tage bis zum adulten Männchen bzw. der weiblichen Ruhelarve. In dieser Zeitspanne entwickeln sich die Ovarien im Weibchen, Eier werden gelegt, die Larven schlüpfen, wachsen heran und entwickeln sich zum Adultus.[5] Ein eierlegendes Weibchen ist am leicht physogastrisch aufgeblähten Hinterleib erkennbar, der die gereiften Ovarien beherbergt.[5] Vor der Paarung transportieren die Männchen weibliche Ruhelarven auf ihrem Rücken, um sie an eine andere Stelle zu bringen und um sich sofort mit den Weibchen zu paaren sobald sie schlüpfen.[5] Nicht eierlegende Weibchen klettern teilweise auf Hummeln, wobei sie die zum Ende der sozialen Phase des Hummelnests auftauchenden Jungköniginnen bevorzugen. Die phoretisch lebenden Weibchen sind 190–330 µm lang.[5][12][8] Die Männchen sind etwa 170 µm lang.[5] In der Natur herangewachsene Milben haben eine größere Variabilität in der Körpergröße im Vergleich zu den im Labor gezüchteten Milben.[10]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Johann A. E. Goeze: Neuentdeckte Theile an Insekten. (Erstbeschreibung), in: Der Naturforscher, 14. Stück, 1780, J. C. D. Schreber (Hrsg.), Halle, S. 93–102. Leseprobe, abgerufen am 6. September 2016.
- ↑ Johann August Ephraim Goeze: Insekten an Thieren, und selbst an Insekten. (erste Erwähnung, Zeichnung), in: Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde. Band 2, F.H.W. Martini (Hrsg.), Berlin 1776, S. 253–286. Scans von S. 275, 285 u. 623, abgerufen am 1. Dezember 2016.
- ↑ Anthonie Cornelis Oudemans: Acarus acarorum Goeze, 1780. (Zusammenfassung der bekannten Quellen), in: Kritisch Historisch Overzicht der Acarologie., Tweede Gedeelte (Band 2), 1759–1804, E. J. Brill (Hrsg.), Leiden 1929, S. 247–248, Scan von S. 247, abgerufen am 1. Dezember 2016.
- ↑ GBIF (Hrsg.): Taxonom. Scutacarus acarorum, GBIF ID 6916483, abgerufen am 7. September 2016.
- ↑ a b c d e f g h i j k Christian Schousboe: On the Biology of Scutacarus acarorum Goeze (Acarina: Trombidiformes), in: Acarologia, T. 27, Fasc. 2, S. 151–158, 1986. PDF online (924kB), abgerufen am 7. September 2016.
- ↑ a b c Matias Maggi, Mariano Lucía, Alberto H. Abrahamovich: Study of the acarofauna of native bumblebee species (Bombus) from Argentina., in: Apidologie, Springer Verlag, 2011, 42 (3) : 280–292. doi:10.1007/s13592-011-0018-8, HAL Id: hal-01003549, PDF online (882 kB), abgerufen am 21. September 2016.
- ↑ Wit Chmielewski: The mites (Acarina) found on bumble-bees (Bombus Latr.) and their nests., in: Ekologia Polska, 19: 57–71, 1971.
- ↑ a b c Wit Chmielewski, Richard A. Baker: Mites (Acarina) phoretic on some common bumblebee species (Bombus spp.) from the Puławy area (south-eastern Poland)., in: Journal of Apicultural Science, Volume 52, Issue 1, Pages 37–47, ISSN 1643-4439 (print). PDF online ( des vom 14. September 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (1,54 MB), abgerufen am 8. September 2016.
- ↑ a b Julia Jagersbacher-Baumann: Traditional and geometric morphometric analyses reveal homogeneity in European Scutacarus acarorum Goeze, 1780 populations (Acari: Scutacaridae: Heterostigmatina), in (online): Taylor & Francis Online, 5. November 2014, doi:10.1080/00222933.2014.974705, in (print): Journal of Natural History, Vol. 49, Heft 19–20, 2015, S: 1173–1190. Abgerufen am 21. September 2016.
- ↑ a b Julia Jagersbacher-Baumann, Ernst Ebermann: Methods for rearing scutacarid mites (Acari, Heterostigmatina) and the influence of laboratory cultures on morphometric variables. In: Experimental and Applied Acarology. Band 59, Nr. 4, 25. September 2012, ISSN 0168-8162, S. 447–462, doi:10.1007/s10493-012-9621-2 (springer.com [abgerufen am 21. Oktober 2016]).
- ↑ Ernst Ebermann: Tragwirt-Gemeinschaften (Phoresie) bei Spinnentieren (Arachnida). In: Konrad Thaler (Hrsg.): Diversität und Biologie von Webspinnen, Skorpionen und anderen Spinnentieren (= Denisia 12, zugleich Kataloge der OÖ Landesmuseen, Neue Serie 14). Seiten 93–110, Linz 2004, ISSN 1608-8700, ISBN 3-85474-120-0 (zobodat.at [PDF; 2,3 MB], abgerufen am 25. August 2021).
- ↑ André Pouvreau, Pierre Robert: Maladies et parasites des bourdons. Données scientifiques et techniques., in: cari.be, o. J. (1995 oder 1996), PDF online (437 kB), abgerufen am 8. September 2016.