Richtlinie 2010/31/EU (Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden)

Die Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden EPBD (englisch Energy performance of buildings directive; umgangssprachlich Gebäuderichtlinie) ist neben der Energieeffizienzrichtlinie eins der wichtigsten Rechtsinstrumente der Europäischen Union zur Förderung der Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in der Gemeinschaft.[1] Die Richtlinie wurde vom Kyoto-Protokoll inspiriert, das die EU und alle ihre Mitglieder verpflichtet, verbindliche Emissionsreduktionsziele festzulegen.

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Richtlinie 2010/31/EU

Titel: Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
EU-Gebäuderichtlinie
Rechtsmaterie: Umwelt, Energie
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
Datum des Rechtsakts: 19. Mai 2010
Veröffentlichungsdatum: 8. Juli 2010
Inkrafttreten: 9. Juli 2010
In nationales Recht
umzusetzen bis:
9. Juli 2012
Fundstelle: ABl. L, Nr. 153, 18. Juni 2010, S. 13–35
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung muss in nationales Recht umgesetzt worden sein.
Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union

Nach Einigung mit dem Rat beschloss das EU-Parlament 2024 eine umfassende Novellierung der Geäuderichtlinie, die in der Folge aber noch in nationales Recht umgesetzt werden muss.[2]

Inhalt Bearbeiten

Die Richtlinie stützt sich auf die folgenden vier Hauptelemente:[3]

  • eine einheitliche Methodik zur Berechnung der integrierten Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden;
  • Mindeststandards für die Gesamtenergieeffizienz
    • von neuen Gebäuden,
    • von bestehenden Gebäuden bei größeren Renovierungen;
  • Zertifizierungssysteme
    • für neue und bestehende Gebäude bei Verkauf oder Vermietung,
    • die Verpflichtung zum Aushang von aktuellen Zertifikaten und anderen energierelevanten Informationen in öffentlichen Gebäuden.
  • die regelmäßige Inspektion von Kesseln und zentralen Klimaanlagen in Gebäuden sowie die Bewertung der verbauten Heizungsanlage, wenn sie Kessel umfasst, die mehr als 15 Jahre alt sind.

Die gemeinsame Berechnungsmethode sollte alle Elemente umfassen, die die Energieeffizienz bestimmen, und nicht nur die Qualität der Gebäudedämmung. Dieser integrierte Ansatz sollte Elemente wie folgende Berücksichtigen:

  • Heiz- und Klimaanlagen inkl. Wärmerückgewinnung,
  • Beleuchtungsanlagen,
  • Lage und Ausrichtung des Gebäudes,

Mindeststandards für Gebäude werden auf der Grundlage der oben beschriebenen Methodik berechnet. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Mindeststandards festzulegen.

Geschichte Bearbeiten

Richtlinie 2002/91/EG Bearbeiten

Die erste Fassung der EPBD, die Richtlinie 2002/91/EG, wurde am 16. Dezember 2002 genehmigt und trat am 4. Januar 2003 in Kraft.[4] Die EU-Mitgliedstaaten waren verpflichtet die Richtlinie innerhalb von drei Jahren nach ihrer Einführung (4. Januar 2006) durch das Erlassen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften in nationales Recht umzuwandeln.[4]

Die Richtlinie verlangte, dass die Mitgliedstaaten ihre Bauvorschriften verschärfen und einen Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden einführen. Insbesondere verpflichtete sie die Mitgliedstaaten, Artikel 7 Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz, Artikel 8 Inspektion von Heizkesseln und Artikel 9 Inspektion von Klimaanlagen einzuhalten.[4]

Richtlinie 2010/31/EU Bearbeiten

Die Richtlinie 2002/91/EG wurde im Jahr 2010 durch die sogenannte „EPBD-Neufassung“ ersetzt, die am 19. Mai genehmigt wurde und am 18. Juni 2010 in Kraft trat.[5]

Diese Version der EPBD (Richtlinie 2010/31/EU) erweiterte ihren Fokus u. a. auf Niedrigenergiegebäude und kostenoptimale Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten:

  • vollumfassende Bewertungskriterien für Gebäude zu definieren und diese als Grundlage für Anforderungen bei Neubauten und bei wesentlichen Änderungen von Bestandsgebäuden zu verwenden, wobei in einer Anlage definiert ist, welche Aspekte von den Bewertungskriterien abgedeckt sein müssen.
  • und bei bestimmten Anlässen (Neubau, wesentliche Änderung, Verkauf, Vermietung, öffentliche Dienstleistungen und Starker Publikumsverkehr auf wesentlichen Flächen des Gebäudes) Energieausweise einzuführen, die jeweils auf bestimmte Weise zugänglich gemacht werden müssen.[6]

Änderungsrichtlinie 2018/844/EU Bearbeiten

Mit dem sogenannten Winterpaket 2016 legte die EU-Kommission auch eine Änderungsrichtlinie für die EPBD 2010 vor. Bei der Richtlinie 2018/844[7] handelt es sich nicht um eine eigenständige EU-Richtlinie, sondern um eine Novelle zur fortbestehenden Richtlinie 2010/31/EU.[8]

Verordnung 2018/1999/EU Bearbeiten

Die Verordnung (EU) 2018/1999 (Governance-Verordnung) dient der Einführung eines Governance-Systems für die Energieunion und für den Klimaschutz zur Steuerung der Umsetzung der Energie- und Klimapolitik. Durch Art. 53 der Verordnung 2018/1999/EU wird beispielsweise Art. 2a der Richtlinie 2010/31/EU dahingehend geändert, dass die Mitgliedstaaten eine langfristige Renovierungsstrategie festlegen müssen, um den nationalen Gebäudebestandes bis zum Jahr 2050 hin zu einem in hohem Maße energieeffizienten und dekarbonisierten Gebäudebestand zu renovieren.[9]

Neufassung der Richtlinie 2024 Bearbeiten

Im Rahmen des Fit for 55-Pakets legte die EU-Kommission am 15. Dezember 2021 einen Vorschlag für eine Neufassung der Gebäuderichtlinie vor.[10] Das EU-Parlament nahm am 14. März 2023 in erster Lesung eine geänderte Fassung an, der der Rat am 12. April zustimmte.[11] Die Richtlinie tritt damit 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Neufassung wird die Richtlinie 2010/31/EU ersetzen.

Die neue Richtlinie formuliert ehrgeizigere Ziele für einen geringeren Gesamtenergieverbrauch der Gebäudebestände: Der durchschnittliche Primärenergieverbrauch von Wohngebäuden soll bis 2030 um 16 % sinken, bis 2035 um 20–22 %. Für Nichtwohngebäude gibt es an der Gesamtenergieeffizienz ausgerichtete Renovierungsziele: Die 16 % der Gebäude, die die schlechteste Effizienz haben, müssen bis 2030 renoviert werden, bis 2033 sind es dann die schlechtesten 26 %. Im Neubau sind Nullemissionsgebäude der neue Standard und sie müssen mit Dach-Photovoltaikanlagen oder Solarthermie ausgerüstet werden können. Subventionen für Heizkessel für fossile Brennstäbe sind nicht mehr zulässig. Die neue Richtlinie enthält auch Bestimmungen über Vorverkabelung, Ladepunkte für Elektrofahrzeuge und Fahrradstellplätze. Finanzierungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten müssen besonders an Renovierung und an die Unterstützung von Menschen in Energiearmut ausgerichtet sein.[12]

Die Richtlinie bildet den Rahmen, in dem die Mitgliedstaaten in nationalen Rechtsvorschriften und Maßnahmen die Emissionen und den Energieverbrauch von Gebäuden verringern. Die Mitgliedstaaten sind verantwortlich dafür, den Pfad zur Senkung des Primärenergieverbrauchs festzulegen und zu entscheiden, welche Gebäude sie mit welchen Maßnahmen adressieren. Sie können bestimmte Gebäudekategorien ausnehmen, zum Beispiel historische Bauwerke oder Ferienhäuser.[12]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Energy performance of buildings directive. 12. Juli 2021, abgerufen am 8. November 2021.
  2. Energieeffizienz von Gebäuden: Rat und Parlament einigen sich auf neue Vorgaben. Abgerufen am 11. April 2024.
  3. B.&S.U Beratungs- und Service-Gesellschaft Umwelt mbH: Beschaffung und Klimaschutz – Leitfaden zur Beschaffung energieeffizienter Produkte und Dienstleistungen – Gebäudekomponenten. Berliner Energieagentur GmbH, Juni 2012, abgerufen am 9. November 2021.
  4. a b c Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, abgerufen am 8. November 2021. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft. L, Nr. 1, 4. Januar 2003, S. 65–71.
  5. Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, abgerufen am 8. November 2021. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft. L, Nr. 153, 18. Juni 2010, S. 13–35.
  6. EPBD Gebäuderichtlinie 2018 Begründung des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union zur Neufassung 2018. In: www.enev-online.de. Abgerufen am 9. November 2021.
  7. Richtlinie (EU) 2018/844 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz
  8. Horst-P. Schettler-Köhler: Das neue Gebäudeenergiegesetz. Wegweiser, Begründungen, Kommentare. 1. Auflage. Beuth, 2021, ISBN 978-3-410-29941-7, S. 8.
  9. Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz, abgerufen am 9. November 2021. Art. 53.
  10. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung)
  11. Verfahren 2021/0426/COD
  12. a b Neue Vorgaben zur Energieeffizienz von Gebäuden endgültig beschlossen. Europäische Kommission, 12. April 2024, abgerufen am 28. April 2024.