Die Rentenrechnung ist ein Teilgebiet der klassischen Finanzmathematik, das sich mit Folgen von regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen befasst. Solche Zahlungsfolgen werden in der Finanzmathematik als Renten bezeichnet.[1] Die Hauptaufgabe der Rentenrechnung ist die Bestimmung des Barwerts und Endwerts von Renten.[2] Hierbei ergeben sich typischerweise Formeln, die nach entsprechenden Umformungen für weitere Grundaufgaben der Rentenrechnung genutzt werden können.

Begriffsabgrenzung

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Werden die im Voraus vereinbarten Zahlungen nur geleistet, wenn am betreffenden Zahlungstermin eine oder mehrere bestimmte Personen noch am Leben sind, spricht man von einer Leibrente. Leibrenten sind Gegenstand der Lebensversicherungsmathematik. Werden die vereinbarten Zahlungen für eine begrenzte Dauer unabhängig vom Leben der am Vertrag beteiligten Personen ausbezahlt, spricht man zur Abgrenzung von Leibrenten auch von Zeitrenten. Zeitrenten sind Gegenstand der Finanzmathematik und werden dort einfach als Renten bezeichnet. Zwar ist per Definition jede Folge von Zahlungen eine Rente, jedoch fokussiert die Finanzmathematik auf solche Zahlungsfolgen, bei denen alle Zahlungen gleich hoch sind (konstante Renten) oder nach einem regelmäßigen Gesetz gebildet werden (z. B. arithmetisch steigende Renten). Dieser Artikel beschäftigt sich mit Zeitrenten, und zwar zunächst mit konstanten Renten und dann mit arithmetsch steigenden Renten.

Grundbegriffe

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Die Zeiteinheit sei ein Jahr. Außerdem sei jährlich derselbe Rentenbetrag r zu bezahlen (starre Rente). Eine Rente heißt nachschüssig oder Postnumerando-Rente, wenn die Zahlungen jeweils am Ende des Jahres erfolgen; erfolgen sie am Anfang des Jahres, spricht man von einer vorschüssigen oder einer Pränumerando-Rente.

Wenn jemand in jährlichen Abständen n Beträge von r Euro mit Zinseszins angelegt hat, so kann das Kapital errechnet werden, das am Ende des n-ten Jahres zur Verfügung steht. Man nennt es den Endwert der Rente. Bei einer nachschüssigen Rente ist dies der Wert der Rente unmittelbar nach der letzten Zahlung, bei einer vorschüssigen dagegen der Wert ein Jahr nach der letzten Zahlung.

Eine andere Fragestellung ist die nach dem Kapital, das bei Vertragsabschluss zur Verfügung stehen muss, damit man aus ihm und seinen Zinsen die einzelnen künftigen Zahlungen von r Euro bestreiten kann. Man nennt es den Barwert der Rente.

Andere Sichtweise: Endwert und Barwert ersetzen die Folge der Rentenzahlungen durch eine – unter Berücksichtigung der Zinseszinsen gleichwertige – einmalige Zahlung.

Beide Werte hängen vom Betrag r und der Anzahl n der Rentenzahlungen sowie vom Zinsfuß p > 0 ab.

Starre Renten

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Barwert- und Endwertformeln

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In den folgenden Formeln bezeichnet   der Zinssatz und   den zugehörigen Zinsfaktor.

In der Literatur wird   auch mit   oder nicht ganz korrekt als   bezeichnet.

Beispiel für einen Zinssatz von 5 %:

 
  Vorschüssig Nachschüssig
Barwert    
Endwert    

Beachte:  

Grafische Veranschaulichung der vor- und nachschüssigen Rentenformeln:

Legende zum Bild unterhalb:

  •  : nachschüssiger Barwert zum Zeitpunkt  
  •  : nachschüssiger Endwert zum Zeitpunkt  
  •  : vorschüssiger Barwert zum Zeitpunkt  
  •  : vorschüssiger Endwert zum Zeitpunkt  

 

Es gelten folgende Definitionen:

Der Endwert einer nachschüssigen Rente ist der Zeitwert am Tag der letzten Ratenzahlung.

Der Endwert einer vorschüssigen Rente ist der Zeitwert eine Zinsperiode nach der letzten Ratenzahlung.

Der Barwert einer nachschüssigen Rente ist der Zeitwert einer Zinsperiode vor der ersten Ratenzahlung.

Der Barwert einer vorschüssigen Rente ist der Zeitwert am Tag der ersten Ratenzahlung.

Dauer der Zahlung

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Die Zahl der Rentenzahlungen, nach denen ein Kapital aufgebraucht ist, ergibt sich (bei vorschüssiger Zahlung) aus der Formel

 .

Dabei ist   das ursprünglich vorhandene Kapital (der Barwert),   der Zinsfaktor, zu dem dieses Kapital angelegt und verzinst wird, und   die Höhe der daraus regelmäßig bezahlten Rente.

Hinweise:

  1. Diese Formel setzt voraus, dass der Periodenzinssatz über die gesamte Dauer der Rentenzahlung gleich bleibt.
  2. Benutzt man zur Berechnung für   den Jahreszinssatz, so muss man für   auch die Jahresrente einsetzen. Bei vorschüssiger Zahlung ist die Monatsrente etwas höher als ein 12tel der Jahresrente (weil die noch nicht ausgezahlten Monatsraten ja noch verzinst werden). Will man stattdessen mit Monaten als Auszahlungsperioden rechnen, so kann man als Monatszins ein 12tel des Jahreszinses einsetzen, wenn die Zinsgutschrift nur jährlich erfolgt. Erfolgt auch die Zinsgutschrift monatlich, so ist der monatliche Zinsfaktor die 12. Wurzel aus dem jährlichen Zinsfaktor.
    Für eine Überschlagsrechnung sind diese Ungenauigkeiten unbedeutend.

Rentenhöhe bei Verrentung eines Kapitals

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Die Höhe der Rente, die aus einem Kapital gezahlt werden kann, ergibt sich (bei vorschüssiger Zahlung) aus der Formel

 

Wieder ist   das ursprünglich vorhandene Kapital (Barwert) und   der Zinsfaktor.   ist die Zahl der Rentenzahlungen, die ausgezahlt werden sollen.

Es gelten die gleichen Hinweise wie im vorigen Abschnitt.

Herleitung der Barwert- und Endwertformeln

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Endwertformeln

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Für den Endwert der vorschüssigen Rente ergibt sich: Der erste Zahlung wird n-mal verzinst, die zweite Zahlung wird (n−1)-mal verzinst und so weiter bis zur letzten (n-ten) Zahlung, die genau einmal (also ein Jahr lang) verzinst wird. Damit gilt für den Endwert   der vorschüssigen Rente:

 

Der Faktor   lässt sich nun wegen durch   ersetzen und man erhält die Formel

 .

Da bei der nachschüssigen Rente alle Zahlungen im Vergleich zur vorschüssigen Rente um ein Jahr nach hinten verschoben sind, erhält man die Formel für den Endwert einer nachschüssigen Rente aus dieser Formel durch Abzinsung um ein Jahr:

 .

Barwertformeln

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Die Barwertformeln erhält man in einem Schritt als den Endwertformeln, indem man   bzw.   um   Perioden diskontiert:

 

Dynamische Renten

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Bei dynamischen Renten sind die Zahlungen einem bestimmten Bildungsgesetz unterworfen und wachsen in der Regel von Jahr zu Jahr. In der Realität soll dadurch oftmals der durch Inflation hervorgerufene Realwertverlust der Rente ausgeglichen oder zumindest abgemildert werden. Die beiden häufigsten Formen sind arithmetisch wachsende Renten und geometrisch wachsende Renten.

Arithmetisch wachsende Renten

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Ist   die erste Ratenzahlung und steigen die Ratenzahlungen jedes Jahr um einen Betrag   an („lineare Dynamik“), so ist der Endwert bei vorschüssiger Zahlung

 

Den Barwert erhält man hieraus durch Abzinsung um   Perioden.

Geometrisch wachsende Renten

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Steigen die Ratenzahlungen jedes Jahr um einen Prozentsatz   an, so beträgt der Wachstumsfaktor  . Der Barwert bei vorschüssiger Zahlung beträgt

 .

Mit der Formel für die endliche geometrische Reihe folgt

 

Durch Aufzinsung um   Perioden erhält man hieraus den Endwert.

Ewige Rente

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Eine unendliche Folge von Zahlungen heißt ewige Rente. In der Praxis kommen ewige Renten zwar selten vor, jedoch gibt es durchaus reale Situationen, die sich gut mit dem Formalismus der ewigen Rente modellieren lassen. Zudem dienen sie in der Finanzmathematik zur Vereinfachung von Rechnungen und Herleitung von Formeln.[3]

Da es bei einer ewigen Rente kein Laufzeitende gibt, ist auch kein Endwert definiert. Der Barwert hingegen konvergiert einfachen Fall einer konstanten Rentenhöhe   und eines konstanten Periodenzinses   trotz der unbegrenzten Zahlungen gegen einen endlichen Wert und es gilt

 .

Siehe auch

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. A. Flechsenhaar: Einführung in die Finanzmathematik. 2. Auflage. Springer, Wiesbaden 1927, ISBN 978-3-663-16049-6, S. 35.
  2. Jutta Arrenberg: Finanzmathematik. 3. Auflage. De Gruyter Oldenbourg, 2015, ISBN 978-3-11-041369-4, S. 39.
  3. Bernd Luderer: Starthilfe Finanzmathematik. 4. Auflage. Springer Spektrum, 2015, ISBN 978-3-658-08424-0, S. 72.