Rückbürgschaft ist eine Art der Bürgschaft, bei der zunächst ein Hauptbürge für eine bestehende Hauptschuld haftet, für die wiederum der Rückbürge gegenüber dem Hauptbürgen die Haftung übernimmt.[1]

Allgemeines Bearbeiten

Die Rückbürgschaft setzt nach dieser Definition des Bundesgerichtshofs (BGH) das Bestehen einer Hauptbürgschaft und damit ein dieser Hauptbürgschaft zugrunde liegendes Schuldverhältnis notwendig voraus. Sie ist in Deutschland gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, aber durch die Rechtsprechung anerkannt. Für die Rückbürgschaft gelten die Regelungen des Bürgschaftsrechts uneingeschränkt (§§ 765 ff. BGB), also auch die Legalzession nach § 774 BGB.[2]

Wird der Hauptbürge aus seiner (Haupt-)Bürgschaft in Anspruch genommen, kann er Rückgriff beim Rückbürgen nehmen, auf den letztlich die Forderung gegen den Hauptschuldner übergeht (§ 774 Abs. 1 BGB). Da der (Haupt-)Bürgschaftsvertrag zwischen dem Hauptbürgen und dem Gläubiger der Forderung geschlossen wurde, besteht kein Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Rückbürgen. Der Rückbürge ist vielmehr durch seine Rückbürgschaft vertraglich mit dem (Haupt-)Bürgen verbunden.

Der Rückbürge gilt im Bürgschaftsrecht als Bürge, der Hauptbürge ist Gläubiger, verbürgte Hauptschuld ist die Rückgriffsforderung, die der Hauptbürge gegen den Hauptschuldner durch Erfüllung seiner Bürgschaft erwirbt.[3]

Bürgschaftsfall Bearbeiten

Der Rückbürge kann nach den Bedingungen seiner Rückbürgschaft aus dieser erst durch den Hauptbürgen in Anspruch genommen werden, wenn und soweit der Hauptbürge in Anspruch genommen worden ist und vom Hauptschuldner keinen Ersatz erlangen konnte. Somit tritt der sogenannte Bürgschaftsfall für den Rückbürgen erst ein, sofern der Hauptbürge aus seiner Bürgschaft an den Gläubiger leisten musste, aber der Hauptschuldner an den Hauptbürgen nicht zahlen kann. Dann sichert die Rückbürgschaft

  • den direkten Rückgriffsanspruch (z. B. aus § 670 BGB) aus dem Innenverhältnis und
  • den bereits nach § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Hauptbürgen übergegangenen Zahlungsanspruch des Gläubigers.

Folgen Bearbeiten

Mit erfolgreicher Inanspruchnahme des Rückbürgen geht nach heute herrschender Meinung die Forderung des Hauptbürgen gegen den Schuldner nach § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Rückbürgen im Wege der Legalzession über.[4] Auch etwaige, die Forderung sichernde akzessorische Nebenrechte werden auf den Rückbürgen mit übertragen (§ 401 Abs. 1 BGB). Damit gelangt der Rückbürge vollständig in die Rechtsposition des Hauptbürgen, was dem Sinn einer Rückbürgschaft entspricht.

Rückbürgschaften in der Praxis Bearbeiten

Typische Rückbürgen sind die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer, die eine Rückbürgschaft gegenüber einer Kreditgarantiegemeinschaft oder Bürgschaftsbank übernehmen, welche ihrerseits bei Existenzgründungen und Mittelstandsfinanzierungen als Bürgen auftreten. Diese Rückbürgschaften betragen in der Regel 65 bis 75 % der (Haupt-)Bürgschaftssumme. Für Bürgschaften der Bürgschaftsbanken in den alten Bundesländern übernehmen Bund und Länder 65%ige Rückbürgschaften. In den neuen Bundesländern liegt die Rückverbürgungsquote von Bundesregierung und Bundesländern seit 2018 bei 70 %. Bei der Vergabe derartiger Rückbürgschaften haben die Rückbürgen die EU-rechtlichen Notifizierungspflichten zu beachten, damit die EU-Kommission etwaige beihilferelevanten Tatbestände prüfen kann.[5] Bei Krediten, die durch Garantien oder Bürgschaften von Bürgschaftsbanken besichert sind, die wiederum durch Rückbürgschaften der Bundesrepublik Deutschland oder eines Bundeslands abgesichert sind, kann der staatlich rückverbürgte Anteil von Kreditinstituten als öffentliche Bürgschaft mit einer Eigenmittel-Anrechnung von „Null“ gewichtet werden (Art. 214 f. Kapitaladäquanzverordnung, englische Abkürzung CRR). Dadurch können die finanzierenden Institute ihr Eigenkapital entlasten.[6]

International Bearbeiten

Österreich Bearbeiten

In Österreich ist die Rückbürgschaft – anders als in Deutschland – gesetzlich vorgesehen. Sie heißt Entschädigungsbürgschaft (§ 1848 ABGB), wodurch sich jemand einem Bürgen gegenüber zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der Bürge (Hauptbürge) aus der von ihm übernommenen Bürgschaft erleiden kann.

Schweiz Bearbeiten

Auch in der Schweiz ist die Rückbürgschaft gesetzlich geregelt. Nach Art. 498 Nr. 4 Ziff. 2 OR ist der Rückbürge verpflichtet, „dem zahlenden Bürgen für den Rückgriff einzustehen, der diesem gegen den Hauptschuldner zusteht“.

Angelsächsischer Sprachraum Bearbeiten

Im Common Law gibt es an Stelle der Bürgschaft die Garantie (englisch guarantee), entsprechend gibt es hier auch die Rückgarantie (englisch counter-guarantee, back guarantee).

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1978, Az.: VIII ZR 266/77 = BGHZ 73, 94, 96
  2. Paul H. Assies, Anwalts-Taschenbuch Bankrecht, 2002, S. 64
  3. BGH, Urteil vom 19. September 1985, Az.: IX ZR 16/85 = BGHZ 95, 375
  4. Der Hauptbürge ist zuvor (ebenfalls nach § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB) in die Gläubigerstellung durch Legalzession eingerückt. So z. B. Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 1994, S. 21; ergänzend auch Dietrich Reinicke/Klaus Tiedtke, Bürgschaftsrecht, 2008, Rz. 428: Akzessorischer Übergang der Forderung des Gläubigers zum Hauptschuldner mit der Innenforderung Bürge-Hauptschuldner (§§ 401, 412 BGB).
  5. siehe den exemplarischen Fall des Landes Sachsen-Anhalt vom Oktober 1996, das Rückbürgschaften zugunsten der Bürgschaftsbank übernommen hatte; 98/276/EG: Entscheidung der Kommission vom 18. November 1997 über Rückbürgschaften des deutschen Bundeslandes Sachsen-Anhalt zur Absicherung von Bürgschaften der Bürgschaftsbank Sachsen-Anhalt GmbH zugunsten von Unternehmen in Schwierigkeiten
  6. ABI EG L196 S. 17 vom 28. Juli 2009, Risikogewicht staatlicher Rückbürgschaften Null gem. Art. 78-83 CRR; weitere Informationen unter: Verband deutscher Bürgschaftsbanken, Gewichtung von Bürgschaften