Bei den bayerischen Pw4ü Bay 23 handelt es sich um Drehgestell-Gepäckwagen, die nach dem Blatt 5968 für die Bayerischen Staatseisenbahnen 1923 beschafft wurden. Sie entsprachen in Abmessungen, Aufbau und Ausstattung den Wagen der letzten Bauserie nach Blatt 231, die 1919 geliefert wurden.

Pw4ü Bay 23
Nummerierung: 17 667 bis 17 873
Anzahl: 5
Hersteller: Rathgeber
Baujahr(e): 1923
Ausmusterung: < 1959
Gattung: Pw4ü
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 17.300 mm
Länge: 16.000 mm
Höhe: 4.128 mm
Breite: 3.010 mm
Drehzapfenabstand: 11.000 mm
Fester Radstand: 2.500 mm
Leermasse: 29,6 t
Bremse: Handspindelbremse
Wsbr
Ahbr
Kupplungstyp: Schraubenkupplung nach VDEV
Sitzplätze: 4
Fußbodenhöhe: 1295 mm
2 Hundeabteile und ein Zollabteil
Zeichnung zu PW4ü Bay 231

Beschaffung Bearbeiten

Für den Einsatz in schnelllaufenden Zügen (Eil- und D-Zügen) wurden adäquate Gepäckwagen benötigt. So beschaffte die KBayStsB zwischen 1906 und 1923 insgesamt 85 vierachsige Wagen in drei Lieferserien. Die Lieferserie der Wagen von 1923 waren dabei Nachbauten der Serie nach Blatt 231. Es handelte sich dabei um eine Ersatzbeschaffung der wegen Abgabe als Reparationsleistung aus dem Bestand ausgeschiedenen Wagen. Diese Wagen besaßen allerdings keine Sonderausstattung mehr für den grenzüberschreitenden Einsatz nach Österreich, der Schweiz oder Frankreich.

Verbleib Bearbeiten

Drei Wagen mussten als Reparationsleistungen 1919 abgegeben werden. Bis Ende 1945 wurden weitere drei Wagen ausgemustert, je einer zum Kraftwerkswagen bzw. zum Bahndienstwagen umgerüstet und für insgesamt 14 Wagen ist der Verbleib ungeklärt. Fünf Wagen waren als Altschadwagen abgestellt und wurden bis Juli 1950 ausgemustert. Insgesamt 13 kamen noch zur DB, ein Wagen wurde als Spenderfahrzeug für das YG-Programm genutzt.

Konstruktive Merkmale Bearbeiten

Untergestell Bearbeiten

Der Rahmen der Wagen war komplett aus Profileisen aufgebaut und genietet. Die äußeren Längsträger hatten U-Form mit nach außen gerichteten Flanschen. Die Querträger waren ebenfalls aus U-Profilen und nicht gekröpft. Als Zugeinrichtung hatten die Wagen Schraubenkupplungen nach VDEV. Die Zugstange war durchgehend und mittig gefedert. Als Stoßeinrichtung besaßen die Wagen ursprünglich 2-fach geschlitzte Korbpuffer mit einer Einbaulänge von 650 mm und 400 mm für die Pufferteller. Diese wurde später durch Hülsenpuffer ersetzt. Zur Unterstützung der äußeren Längsträger wurde ein Sprengwerk aus Säulenständern und nachstellbaren Spannstangen eingebaut.

Laufwerk Bearbeiten

Die Wagen hatten aus Bleche und Winkeln genietete Drehgestelle der bayerischen Bauart mit einem Radstand von 2500 mm. Gelagert waren die Achsen in Gleitachslagern. Die Räder hatten Speichenradkörper. Für den internationalen Einsatz hatten die Wagen neben der Westinghouse'-Luftdruckbremse auch Saugluftbremsen des Systems Hardy. Zusätzlich gab es noch eine Handspindelbremse, die auch von der Kanzel des Dienstraums aus bedient werden konnte.

Wagenkasten Bearbeiten

Der Rahmen des Wagenkastens bestand aus einem hölzernen Ständerwerk, welches durch stählerne Zugbänder versteift wurde. Die Wände waren außen mit Blechen und innen mit Holz verkleidet. Die Seiten- und die Stirnwände waren gerade, die Einstiegstüren eingerückt. Der Wagenkasten war in ein Dienstabteil, ein abgeschlossenes Zollabteil mit Seitengang sowie einem großen Gepäckraum mit zwei Hundeboxen unterteilt. Das flache Tonnendach war über dem Dienstraum mit einer aufgesetzten Kanzel versehen, die dem Zugführer als Beobachtungskanzel diente. Über den Einstiegstüren waren die Dächer ausgespart. Bei den Wagen der Baulose ab 1910 besaßen die Dächer die windschnittigen Aussparungen. Die Wagenübergänge an den Stirnseiten waren durch Faltenbälge gesichert. Zum schnellen Be- und Entladen gab es je zwei 1.500 mm breite Schiebetüren, die auf Rollen standen und mit Kopfstangen geführt wurden.

Ausstattung Bearbeiten

Neben einem Dienstabteil mit Zugführerkanzel und Abort gab es einen großen Laderaum mit integriertem, abschließbaren Zollabteil sowie zwei Hundeboxen.

Beleuchtet wurden die Wagen mit Gasglühlichtern. Der zur Versorgung dienende Behälter war in Längsrichtung unter dem Wagenkasten angebracht. In den 1930er Jahren erfolgte ein Umbau auf elektrische Beleuchtung. Die Beheizung erfolgte mit Dampf. Zur Belüftung gab es statische Lüfter auf dem Dach.

Wagennummern Bearbeiten

Herstelldaten Wagennummern je Epoche[1]
Gattungszeichen
Fahrwerk Ausstattung Zusatzinfos
Bau-
jahr
Her-
steller
ab 1875 ab 1909
(1907)
Rep.
(1919)
DR
(ab 1923)
DRG
(ab 1930)
DRG
n. Umbau
Ausge-
mustert
Bremsen Anz.
Achs.
Lenk-
achs.
Bl. Hz. Anz.
Abort
Anzahl der Abteile Signal-
halter
Bemerkung
Blatt-Nr. 5968 PPü Pw4ü Bay 23 Pw4ü Bay 23 (siehe
Legende)
(siehe
Legende)
D G V Z (siehe
Legende)
1923 Rathg. 90 029 Mü 90 027 Mü 107 989 Mü 01/1959 H; Wsbr; Ahbr 4 Gg D 1 1 1 2 1
90 030 Mü 90 028 Mü 107 990 Mü ? 1945
90 031 Mü 90 029 Mü 107 991 Mü xx/1945
90 032 Mü 90 030 Mü 107 992 Mü ? 1945
90 033 Mü 90 031 Mü 107 993 Mü ? 1945
Legende Bremsen Handbremstypen BrH = Bremserhaus; Pl = Handbremse auf Plattform; Fsbr = Freisitzbremse
Druckluftbremsen Hnbr = Henri-Bremse; Hsbr = Henri-Schnellbremse; Kp. = Knorr-Bremse; Sbr. = Schleifer-Bremse; Ssbr = Schleifer-Schnellbremse; Wbr = Westinghouse-Bremse; Wsbr = Westinghouse-Schnellbremse;
Saugluftbremsen Hbr = Hardy-Bremse; Ahbr = Autom. Hardy-Vacuumbremse
Legende BL Arten der Beleuchtung P = Petroleumleuchte; G = Gasleuchte; Gg = Gas-Glühleuchte; El = elektrische Beleuchtung
Legende HZ Arten der Beheizung O = Ofenheizung; D = Dampfheizung; Pr. = Presskohleheizung; L = nur Dampfleitung
Legende Signalhalter zum Übergang nach AT = Österreich; IT = Italien; CH = Schweiz; FR = Frankreich; BE = Belgien

Literatur Bearbeiten

  • Wagner, Alto: Bayerische Reisezugwagen. 1. Auflage. KIRUBA Verlag, 2015, ISBN 978-3-945631-00-3.
  • Konrad, Emil: Die Reisezugwagen der deutschen Länderbahnen. Band 2. 1. Auflage. Franckh, Stuttgart 1984, ISBN 3-440-05327-X.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Die Daten sind den Wagenpark-Verzeichnissen der Kgl.Bayer.Staatseisenbahnen, aufgestellt nach dem Stande vom 31. März 1897 sowie dem Buch von Alto Wagner, entnommen