Piottino-Schlucht

Tal in der Schweiz

Die Piottino-Schlucht (italienisch Gola del Monte Piottino) ist eine Schlucht in der Valle Leventina im Kanton Tessin in der Schweiz. Sie wird vom Fluss Tessin durchflossen und trennt mit einem Höhenunterschied von etwa 150 Meter die Alta Leventina von der Media Leventina. Da sie sehr eng und von hohen Felsen umgeben ist, war sie immer ein grosses Hindernis auf der Gotthard-Strasse. An ihrem oberen Ende liegt die Ortschaft Rodi-Fiesso in der Gemeinde Prato (Leventina), während es am unteren Ende, auf Gemeindegebiet von Osco, keine bewohnte Ortschaft gibt. Das Tal wird erst weiter unten breiter. Das erste Dorf auf der Talsohle ist Faido.

Piottino-Schlucht Richtung Süden
Piottino-Schlucht mit der alten Strasse Richtung Norden

Im 14. Jahrhundert begann man, die Schlucht zu umgehen, um so den Handelsverkehr zu ermöglichen. Die Existenz des ersten Saumpfades ist für 1311 belegt. Er verliess die Talsohle bei Faido und führte zur Sust Antico Dazio (heute unsichtbar) bei Pianaselva, von dort auf die Hochebene von Dalpe und Cornone, vorbei an der Kirche von Prato (Leventina), um dann bei Rodi-Fiesso wieder zur Talsohle zu gelangen. Für die mühsame, 7 km lange Strecke mussten fast drei Stunden aufgewendet werden. Der zweite Saumpfad wurde um 1350 gebaut. Er führte von Faido auf der linken Talseite bis zum neuen steinernen Ponte della Vicinanza di Faido, und – auf der rechten Talseite – den Monte Piottino hinauf zur Sust Dazio Vecchio (Ruinen sichtbar), von dort hinab nach Morasco. Die Strecke mass 6 km und war in zwei Stunden zu bewältigen. Der dritte Saumpfad schliesslich, die Mulattiera Urana, folgte von Faido ausgehend zunächst dem zweiten Pfad, führte beim Ponte di Mezzo ein weiteres Mal über den Fluss und hernach durch die Gola del Monte Piottino zur Sust Dazio Grande (vorhanden, restauriert). Dieser Pfad war von den Urnern 1555-1561 in die linke Flanke der Schlucht gesprengt, gehauen und mit massiven Mauern gesichert worden. Die Brücken über Seitenbäche waren aus Stein. Die Säumer konnten die neue Strecke in eineinhalb Stunden zurücklegen. Die drei Pfade hat man während der Zeitabschnitte, da sie benutzt wurden, immer wieder verbreitert und verbessert, den dritten sogar so gepflästert, dass er mit Fuhrwerken befahrbar wurde. Dieser dritte Pfad wurde 1818 zur Kantonsstrasse ausgebaut.[1]

Die Gotthardbahn-Gesellschaft baute zur Überwindung des durch die Piottino-Schlucht verursachten Höhenunterschieds die beiden Spiraltunnels Freggio und Prato. Die Autobahn A2 überwindet die Schlucht durch ein System von Tunnels und Viadukten.

Dazio Grande Bearbeiten

Am oberen Ende der Schlucht steht das renovierte Zollhaus Dazio Grande[2] aus der Zeit, in der Uri die Leventina beherrschte. Im Rahmen der Renovationsarbeiten wurde auch die alte Urner Saumstrasse (Strada Urana) instand gesetzt.

Vom alten Zollhaus aus führt eine Rundwanderung durch die Schlucht zur «mittleren Brücke» am Ausgang der Schlucht und über die «Strada romana» zurück. Bei den Bauarbeiten kam unterhalb der Kapelle ein Stück der ursprünglichen Urnerstrasse zum Vorschein. Der Weg führt am «Dazio Vecchio» vorbei, den der Dazio Grande ersetzte, als der Weg durch die Schlucht eröffnet wurde. Im Dazio Grande informiert eine kleine Ausstellung über das Transportwesen am Gotthard.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Gola di Monte Piottino – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Confederazione Svizzera, Ufficio federale delle strade USTRA, Inventario delle vie di comunicazione storiche della Svizzera (IVS), Le vie di comunicazione storiche nel Cantone Ticino, Berna, 2006, p. 26-28.
  2. Dazio Grande auf ETHorama

Koordinaten: 46° 29′ N, 8° 45′ O; CH1903: 700999 / 149712