Paschtajim (hebräisch פַּ֨שְׁטַיִם֙) ist eine Trope[1][2][3] (von griechisch τρόπος; tropos, dt.: Betonung, Melodie, Ton, Gesang und Transliteration von jiddisch טראָפּ trop) in der jüdischen Liturgie und zählt zu den biblischen Betonungszeichen[4] Teamim (hebräisch טַעֲמֵי הַמִּקְרָא), die in der Tora und anderen Büchern erscheinen.[5] Der Begriff Trope wird in diesem Kontext gerne mit den entsprechenden Akzenten gleichgesetzt, da sie u. a. musikalische Motive repräsentieren.[6]

Betonungszeichen oder Akzent Unicodeblock Hebräisch
Zeichen
֙֨
Unicode U+0599 U+05A8
Paschtajim (Aschkenasisch)
פַּ֨שְׁטַיִם֙
(Schene) paschtin (Aschkenasisch)
שְׁנֵ֨י פַּשְׁטִין֙
Tere kadmin (Sephardisch)
תְּרֵי  קַדְ֨מִין֙
Tere kadmin (Sephardisch)
תְּרֵ֨י קַדְמִין֙
(Schene) paschtin (italienisch)
שְׁנֵ֨י פַּשְׁטִין֙
Teren Fischtin (Jemenitisch)
תְּרֵ֨ין פִשְׁטִין֙
֙֨

Beschreibung

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תּרֵ֨י קַדְמִין֙ (sephardisch)

In der aschkenasischen Tradition wird das Betonungszeichen Paschtajim (hebräisch פַּ֨שְׁטַיִם֙; en.:double pashta)[7] genannt. In der sephardischen Tradition wird es Tere kadmin (aramäisch: תּרֵ֨י קַדְמִין֙[8]) genannt. In der italienischen Tradition wird es auch Schene paschtin (hebräisch שְׁנֵ֨י פַּשְׁטִין֙) genannt. In der jemenitischen Tradition wird es auch Teren Fischtin (aramäisch:תְּרֵ֨ין פִשְׁטִין֙[9]) genannt.[10]

Paschtajim besteht aus den verdoppelten Symbolen des Paschta. Die sephardische Tradition bevorzugt jedoch die Bezeichnung Doppeltes Kadma (Tere kadmin; aramäisch: תּרֵ֨י קַדְמִין֙).[11]

Jacobson lehnt jedoch das doppelte Kadma und somit die sephardische Tradition ab.[12] Gegen Jacobson und für die sephardische Tradition des doppelten Kadma spricht, dass Kadma dasselbe Symbol wie Paschta hat. Beide werden allein durch die Position des Symbols unterschieden. Bei der Trope Kadma befindet sich das Betonungszeichen immer über der ersten Silbe des Wortes. Bei der Trope Paschta jedoch erscheint das Betonungszeichen über der letzten Silbe des Wortes.[13] In diesem Fall ist dasselbe Symbol sowohl auf der ersten Silbe des Wortes als auch auf der letzten Silbe des Wortes zu finden.

Gegen die sephardische Tradition des doppelten Kadma führt Jacobson an, dass Kadma ausschließlich ein konjunktiver Akzent sei, der die Verbindung mit dem nachfolgenden Wort anzeige.[14][15]

Paschtajim kommt zum Einsatz, wenn die Betonung nicht auf der letzten Silbe, obwohl sich dort ein Paschta befindet, erfolgt. Dann wird ein zweites Paschta über die ersten Buchstaben der betonten Silbe am Wortanfang gesetzt.[16][17]

Jacobson illustriert dies an den Beispielen Deuteronomium 4,25 BHS (פֶּ֨סֶל֙), Deuteronomium 1,22 BHS (אֹתָ֨נוּ֙), Deuteronomium 1,22 BHS (אֶת־הַדֶּ֨רֶךְ֙), Deuteronomium 1,31 BHS (בְּכָל־הַדֶּ֨רֶךְ֙), Deuteronomium 1,33 BHS (בַּדֶּ֨רֶךְ֙), Genesis 24,67 BHS (הָאֹ֨הֱלָה֙).[18]

Kombinationen

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Sakef katon Munach Paschtajim Mahpach
oder Mercha
֔ ֣ ֙֨ ֤
֥

Wenn sich das vorhergehende Wort auf das mit Paschtajim gekennzeichnete Wort bezieht, wird es mit einem konjunktiven Akzent betont: Es kann sich dabei um die Akzente Mahpach oder Mercha handeln. Wenn die Akzente zwei oder mehr Silben auseinander liegen, dann wird Mahpach als Verbinder zu Paschtajim verwendet.[19] Wenn die Akzente zusammenliegen, wird der konjunktive Akzent Mercha als Verbinder zu Paschtajim verwendet.[20] Munach und Sakef katon (hebräisch זָקֵף קָט֔וֹן) können auch Nachfolger von Paschtajim sein.[21] Jacobson illustriert dies für die Kombination bestehend aus Paschtajim, Munach und Sakef katon am Beispiel Genesis 12,11 BHS (וַיֹּ֨אמֶר֙ אֶל־שָׂרַ֣י אִשְׁתֹּ֔ו).[22] Für die Kombination bestehend aus Mahpach, Paschtajim, Munach und Sakef katon illustriert Jacobson dies am Beispiel Genesis 12,19 BHS (לָמָ֤ה אָמַ֨רְתָּ֙ אֲחֹ֣תִי הִ֔וא).[23]

Literatur

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  • William Wickes: A treatise on the accentuation of the three so-called poetical books on the Old Testament, Psalms, Proverbs, and Job. 1881 (archive.org).
  • William Wickes: A treatise on the accentuation of the twenty-one so-called prose books of the Old Testament. 1887 (archive.org).
  • Arthur Davis: The Hebrew accents of the twenty-one Books of the Bible (K"A Sefarim) with a new introduction. 1900 (archive.org).
  • Francis L. Cohen: Cantillation. In: Isidore Singer (Hrsg.): The Jewish Encyclopedia. Band III. KTAV Publishing House, New York, S. 542–548 (1901–1906).
  • Solomon Rosowsky: The Cantillation of the Bible. The Five Books of Moses. The Reconstructionist Press, New York 1957.
  • James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible. Band I: Concordance of the Hebrew Accents used in the Pentateuch. Edwin Mellon Press, Lewiston, New York 1996, ISBN 0-7734-2395-8.
  • Joshua R. Jacobson: Chanting the Hebrew Bible. The art of cantillation. 1. Auflage. Jewish Publication Society, Philadelphia 2002, ISBN 0-8276-0693-1.
  • Joshua R. Jacobson: Chanting the Hebrew Bible. Student Edition. The Jewish Publication Society, Philadelphia 2005, ISBN 0-8276-0816-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Einzelnachweise

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  1. Jascha Nemtsov: Die neue Jüdische Schule in der Musik. Band 2, Otto Harrossowitz-Verlag, Wiesbaden 2004, S. 72: „Der wichtigste Bestandteil dieser Musiktradition waren die Bibelkantillationen bzw. Tropen, kurze Motive, mit denen die Heilige Schrift auf rezitativische Weise vorgetragen wird“.
  2. Jascha Nemtsov: Jüdische Kunstmusik im 20. Jhdt. Band 3, Otto Harrossowitz-Verlag, Wiesbaden 2006, S. 203:„wenn man die Kirchentonarten hört, merkt man … alten synagogalen Motiven (Tropen)“.
  3. Jascha Nemtsov: Jüdische Musik. Band 8. Enzyklopädisches Findbuch zum Archiv der „Neuen Jüdischen Schule“, Otto Harrossowitz-Verlag, Wiesbaden 2008, S. 138:„synagogale Bibelrezitationen auch Kantillation genannt... ihre kurzen Motive (in ostjüdischer Tradition als Tropen bezeichnet) ...Die Tropen bildeten nicht nur die formale Substanz dieser Werke, sie prägten sie gleichzeitig spirituell im Geist der Synagogenmusik“
  4. Langenscheidt, S. 206: „טַעַם Betonung“ „טְעָמִים Betonungszeichen“ „טַעֲמֵי הַמִּקְרָא Betonungszeichen der Bibel“.
  5. Price, S. 6.
  6. Solomon Rosowsky: The Cantillation of the Bible. The Five Books of Moses. The Reconstructionist Press, New York 1957 (englisch): “Cantillation proceeds according to the special graphic signs–tropes or accents–attached to every word in the Bible.“ in Verbindung mit einer Fußnote zu tropes: „In this work we use the term trope (Greek tropos – turn) long accepted in Jewish practice.”
  7. Jacobson (2005), S. 53 und S. 221.
  8. Dalman, S. 449 :תְּרֵי - zwei
  9. Dalman, S. 449 :תְּרֵין - zwei
  10. נוסח תימן Jemenit. Tradition auf YouTube.com
  11. Jacobson (2005), S. 221: «Kadmah is never doubled.»
  12. Jacobson (2005), S. 221: «Kadmah is never doubled.»
  13. Jacobson (2002), S. 221.
  14. Jacobson (2005), S. 221: «Kadmah is a conjunctive, indicating … a Connection with the following word.»
  15. Jacobson (2005), S. 221: «Kadmah placed over the center of the first letter of the stressed syllable.»
  16. Jacobson (2005), S. 53: «If the stress is not on the last syllable, a second pashta may be placed over the first letter of the stressed syllable.»
  17. Jacobson (2005), S. 221: «If the pashta word isn't accented on the last syllable, a second pashta is placed over the first letter of the stressed syllable.»
  18. Jacobson (2005), S. 54.
  19. Jacobson (2005), S. 55.
  20. Jacobson (2005), S. 55.
  21. Jacobson (2005), S. 55.
  22. Jacobson (2005), S. 55.
  23. Jacobson (2005), S. 55.