Parteifähigkeit

deutscher Rechtsbegriff

Parteifähigkeit bezeichnet im deutschen Zivilprozessrecht die Fähigkeit, in einem Gerichtsverfahren Partei (Kläger oder Beklagter) zu sein. Nach § 50 Abs. 1 ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Das geltende Prozessrecht beruht auf dem Gleichlauf von Rechtsfähigkeit und Prozessfähigkeit.[1] Die Parteifähigkeit entspricht im Wesentlichen der Rechtsfähigkeit des bürgerlichen Rechts, ist aber weiter als diese.[2]

Die Parteifähigkeit ist zu unterscheiden von den Prozessvoraussetzungen

  • der Prozessfähigkeit, das heißt die Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst oder durch selbst bestellte Vertreter wirksam vor- oder entgegennehmen zu können;[3]
  • der Postulationsfähigkeit, das heißt „die Fähigkeit einer prozessfähigen Partei, die Prozesshandlungen selbst vorzunehmen“;[4]
  • der Prozessführungsbefugnis, das heißt „die Berechtigung, ein eigenes oder fremdes Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.“[5]

und von der Begründetheitsfrage,

  • der Aktivlegitimation der Passivlegitimation: Im Zivilprozess ist aktivlegitimiert, das heißt „richtige“ Partei, wer Inhaber des geltend gemachten Rechts ist; derjenige ist passivlegitimiert, also „richtiger“ Beklagter, der Verpflichteter aus dem geltend gemachten Recht ist. Dieser Sachbefugnis entspricht – von den Fällen der Prozessstandschaft abgesehen – grundsätzlich auch die Prozessführungsbefugnis.[6]

Parteifähigkeit als Sachurteilsvoraussetzung

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Die Parteifähigkeit ist Voraussetzung der Zulässigkeit einer Klage (Prozessvoraussetzung), eine Sachurteilsvoraussetzung. „Streiten […] die Parteien um die Existenz oder Parteifähigkeit eines Prozessbeteiligten oder um die Folgen des Erlöschens einer Partei oder ihrer Parteifähigkeit, so ist die Existenz bzw. Parteifähigkeit als Prozessvoraussetzung zu fingieren“.[7]

Einzelfragen

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Firma im Sinne des § 17 HGB

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Der Einzelkaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden, § 17 HGB. Träger der Rechte und Pflichten und deshalb Partei ist aber nicht die Firma, sondern der Inhaber der Firma.[8]

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

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Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist – im Normalfall der Außengesellschaft – aktiv und passiv parteifähig.[9]

Gewerkschaften

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In arbeitsgerichtlichen Verfahren sind Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände parteifähig (§ 10 ArbGG).

Auflösung

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Die Auflösung einer GmbH nach § 60 I Nr. 5 GmbhG führt für sich genommen nicht zum Verlust ihrer Parteifähigkeit. Ebenso wenig die Eintragung der Auflösung. Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass eine aufgelöste juristische Person zum Zwecke der Schuldentilgung und Vermögensverteilung als fortbestehend zu behandeln ist.[10] Nach der neueren Entscheidung des KG Berlin, Az.: 22 W 70/16 ist die nach § 60 I Nr. GmbH-G aufgelöste GmbH jedoch nicht fortsetzungsfähig.

Löschung

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„Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach § 394 Abs. 1 FamFG hat zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein. Nur wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz der Löschung rechts- und parteifähig. Dabei sind wertlose Forderungen nicht als verwertbares Vermögen anzusehen.“[11]

Minderjährige

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Parteifähig sind auch minderjährige Kinder. Ihnen fehlt es aber an der Prozessfähigkeit.

Parteien kraft Amt

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Parteien kraft Amt (zum Beispiel Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker (§§ 2212, 2213 BGB), Nachlassverwalter (§ 1984 BGB) und Zwangsverwalter (§ 152 ZVG)) führen nach herrschender Amtstheorie die Prozesse als gesetzliche Prozessstandschafter im eigenen Namen über fremdes Vermögen.[12]

Siehe auch

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Literatur

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  • Burkhard Hess: Grundfragen und Entwicklungen der Parteifähigkeit. In: Zeitschrift für Zivilprozeß (ZZP), 117. Bd., 2004, S. 267–304.
  • Till Schemmann: Parteifähigkeit im Zivilprozess. München 2001.
  • Gerhard Wagner: Grundprobleme der Parteifähigkeit. In: Zeitschrift für Zivilprozeß (ZZP), 117. Bd., 2004, S. 305–374.

Einzelnachweise

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  1. Musielak/Weth, ZPO, 1999, § 50 Rn. 13
  2. Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 50 Rn. 1
  3. BAG, Urteil vom 25. September 2003 - 8 AZR 446/02, NJOZ 2004, 4518 (4521)
  4. Zimmermann, Klage, 19. Aufl. 2007, Rn. 52
  5. Schellhammer: Zivilprozessrecht. 10. Aufl. 2003, Rn. 1202
  6. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001, DB 2001, 423 (424).
  7. BAG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 2 AZR 216/03 - NZA 2006, 696 Os. = NJOZ 2006, 2243 (2246)
  8. Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl. [1999], § 50 Rn. 25
  9. BAG, Urteil vom 1. Dezember 2004 - 5 AZR 597/03 - NZA 2005, 318 m.w.N.
  10. BAG, Urteil vom 16. Mai 2002 - 2 AZR 730/00 - NZA 2003, 217 (218)
  11. BGH, Urteil vom 20. Mai 2015 - VII ZB 53/13 - juris Ls. = NJW 2015, 2424 = JA 2015, 944 (H. Schmidt)
  12. Knöringer, Assessorklausur, 6. Aufl. [1996], § 1 4 a, S. 4