Das Pallästhesiometer ist ein Messinstrument zur Messung der Vibrationssensibilität an den Fingern oder Zehen von Patienten.

Bei der nervalen Reizweiterleitung von der Haut bis zum Gehirn kann an unterschiedlichen Stellen die Informationsweiterleitung gestört werden und somit zu einer Verminderung der Vibrationssensibilität der Haut führen. Diese entzündlichen oder degenerativen Nervenkrankheiten werden als Polyneuropathien bezeichnet.

Ermittlung der Vibrationswahrnehmungsschwelle mittels Pallästhesiometer

Bei Erwachsenen kann die Erkrankung u. a. an Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) eine Verminderung der Vibrationssensibilität in Abhängigkeit vom Ausmaß der Neuropathie verursachen. Aber auch bei Patienten, die lange Jahre einer beruflichen Schwingungsexposition ausgesetzt waren (z. B. Arbeiten mit der Motorsäge), ist eine erhöhte Vibrationswahrnehmungsschwelle festzustellen. Durch eine genaue und frühzeitige Diagnostik könnte eine diabetische Polyneuropathie früher erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.

Zur Bestimmung der Vibrationssensibilität (Pallästhesiometrie) können neben der Rydel-Seiffer-Stimmgabel auch elektrodynamische Schwingerreger, so genannte Pallästhesiometer, eingesetzt werden. Seit 2001 gibt es einen ISO-Standard, der den Einsatz dieser Diagnosegeräte beschreibt (ISO 13091-1). Im Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 46 wird die Pallästhesiometrie für Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bei Schwingungsexponierten Personen empfohlen.

Die Vorteile des Pallästhesiometers gegenüber der Stimmgabel liegen in:

  • der höheren Messauflösung
  • der reproduzierbaren Messergebnisse
  • der wenigen Messfehler (keine Ablesefehler)
  • der exakte Definition des Auflagepunktes und der Andruckkraft

Im klinischen Alltag spielt es jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

In der Arbeitswissenschaft wird das Pallästhesioneter in der Untersuchung der Schwingungsbeanspruchung verwendet. Untersuchungen von Riedel et al. (2008) konnten aufzeigen, dass es bei älteren Versuchspersonen nach einer Schwingungsexposition (150 Hz, ahv = 6 m/s²) an den Fingerkuppen zu einer stärkeren Vertäubung kommt als bei jüngeren Versuchspersonen.

Literatur

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  • K. D. Ahrend: Validierung der Pallästhesiometrie als Screening-Methode zur Diagnostik der beruflichen Schwingungsbeanspruchung - Literaturstudie. Forschungsprojekt BMFT 01 HK 450 3 - HVBG (Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften), 1994.
  • K. D. Ahrend: The vibrotactile threshold (VT) at the fingertips of chain saw operators. In: Cent Eur J Public Health. 3 Suppl, 1995, S. 85–87.
  • S. Bloom, S. Till, P. Sonksen, S. Smith: Use of a Biothesiometer to measure individual vibration thresholds and their variation in 519 non-diabetic subjects. In: Br Med J 1984. 288, 1984, S. 1793–1795.
  • M. T. Dent, J. D. Ward, R. E. J. Ryder: Testing for diabetic neuropathy; part 1, somatic nerve function. In: Practical Diabetes. Vol 9, No 1, 1991, S. 24–28.
  • B. Geißler, C. Kremer, S. Riedel, H. Götte, M. Schneider, Th. Forst, A. Muttray: Erhebung von Vibrationsschwellenwerten bei gesunden Probanden mit einem neuen Pallästhesiometer. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM), 50. wissenschaftliche Jahrestagung, 16.–19. Juni 2010 in Dortmund. 2010.
  • R. Quaisser: Frequenzabhängige Normwerte der Vibrationssensibilität als Grundlage für einen Screening-Test (Pallästhesiometrie). Dissertation Inst. Für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz 1994.
  • S. Riedel, A. Muttray, Th. Forst, B. Geißler, C. Kremer, M. Schneider: Die Entwicklung eines Messinstruments zur Ermittlung der Vibrationswahrnehmungsschwelle. 4. Nationale VDI-Tagung Humanschwingungen; Auswirkung auf Gesundheit – Leistung – Komfort. 4. und 5. Mai 2010 in Würzburg. (= VDI-Berichte. 2097). Düsseldorf 2010.
  • S. Riedel, N. Buddhdev, B. Husemann, J. Kinne: Untersuchung der Feinmotorik der Finger nach einer hochfrequenten Schwingungsbelastung. 54. Frühjahrskongress Gesellschaft. f. Arbeitswissenschaft, 09. bis 11. April 2008, München.
  • ISO 13091-1 (2001-05): Mechanical vibration - Vibrotactile perception thresholds for the assessment of nerve dysfunction - Part 1: Methods of measurement at the fingertips
  • ISO 13091-2 (2003-08): Mechanical vibration - Vibrotactile perception thresholds for the assessment of nerve dysfunction - Part 2: Analysis and interpretation of measurements at the fingertips
  • Berufsgenossenschaftlicher Grundsatz G 46: Belastungen des Muskel- und Skelettsystems