Nicanor Abelardo

Philippinischer Komponist

Nicanor Santa Ana Abelardo (* 7. Februar 1893 in San Miguel de Mayumo, Bulacan, Philippinen; † 21. März 1934 in Manila, Philippinen) war ein philippinischer Komponist, Pianist und Musikpädagoge.[1][2] Nicanor Abelardo wird angerechnet, viel in der Entwicklung des Kundiman, einer philippinischen Liedform, zum Kunstlied geleistet zu haben.[1][3][4]

Nicanor Abelardo, Gedenkbriefmarke Philippinen 1982

Leben Bearbeiten

1893 Kindheit, Familie und erste musikalische Ausbildung Bearbeiten

Nicanor Santa Ana Abelardo war das erste Kind von Valentin Abelardo und Placida Santa Ana. Placida stammte aus einer Familie von Malern, Holzschnitzern und Bildhauern, sang im Kirchenchor und arbeitete als Schneiderin und Reishändlerin. Sie hatten acht Kinder.[1][5][6] ´Drei von ihnen starben in früher Kindheit. Valentin war musikalischer Autodidakt. Er spielte Violine, war Musiklehrer in San Miguel, unterrichtete alle Streichinstrumente und leitete ein Rondallaensemble.[5] Er versuchte auch mit verschiedenen anderen Berufen, Geld zu verdienen. So hatte er ein Fotostudio, versuchte sich als Goldschmied, Uhrmacher, Schneider, Hutmacher und mit einer Fabrik für Rattanstühle.[1][5] Valentin Abelardo unterrichtete Nicanor im Alter von fünf Jahren in Musiktheorie und im Spiel von Bandurria, Gitarre.[1][2][5][7] Im Alter von sechs konnte er die Wilhelm-Tell-Ouvertüre auf der Gitarre spielen und man bezeichnete ihn als Wunderkind.[1][4][5] Er spielte in verschiedenen Musikgruppen, die sein Vater leitete, der ihn bei Fehlern immer heftig kritisierte. Aus Selbstschutz übte er sehr gewissenhaft.[5] In dieser Zeit lernte er die Kundimans, die in der Stadt gesungen wurden, kennen. Er konnte sie einmal gehört leicht nachspielen. Mit sieben Jahren erhielt er von seinem Vater Violinunterricht.[5] Im Alter von acht oder neun komponierte er sein erstes Musikstück, den Walzer Ang Unang Buko, den er seiner Großmutter Macaria Libunao widmete.[1][4][6][7] Comandante Sartu und Padre Joaquin, zwei einflussreiche, im Ort lebende, Spanier erkannten das Talent des Jungen und wollten, ihn zum Musikstudium nach Spanien schicken. Seine Mutter aber war dagegen, bedauerte dies aber später sehr.[5]

1902 bis 1916 Zeit bis zum Musikstudium Bearbeiten

1902 nahm ihn sein Onkel Juan Abelardo mit nach Manila, wo er verschiedene Schulen besuchte, sich aber schwer tat.[1][2][4] Um die zweite Klasse zu absolvieren, benötigte er drei Jahre. Er machte lieber Musik. Im Haus seines Onkels begann er Klavier zu spielen.[1] Seine Cousine Victoria hatte Klavierunterricht und obwohl Nicanor nur bei den Stunden zuhörte, übte er fleißig selbst und spielte bald besser als seine Cousine.[1][2][4][5] Als sein Vater erfuhr, dass Nicanor vor allem Klavier spielte, holte er ihn nach Hause zurück. Er erhielt Gesangsunterricht bei Enrico Capozzi, der es ablehnte für den Unterricht eines so begabten Jungen, bezahlt zu werden[2][4][8]. Auf Empfehlung des Komponisten Francesco Buencamino musizierte er mit 13 Jahren in Salons. Mit fünfzehn wurde er Lehrer in einer Schule in Sibul, danach in San Ildefonso und San Miguel.[1][2] Mit 18 ging er zu seinem Onkel Juan nach Manila zurück. Als sein Onkel bemerkte, wie gut er Klavier spielen konnte, suchte er einen professionellen Musiklehrer für ihn, den besten Kinopianisten in Manila, Francisco Buencamino.[4][5] Ab da begleitete er Filme im Kino Cinematografico Filipino und spielte in Lokalen und Theatern.[4] Er fand aber mehr Arbeit als Gitarrist, der verschiedene Sänger begleitete. So lernte er Florentino Ballacer, eine führende Figur in der Zarzuelaszene dieser Zeit, kennen. Der war sehr beeindruckt von den Fertigkeiten Nicanors im Gitarrespiels und seine Improvisationsfähigkeiten. 1912 bat Buencamino Abelardo, zusammen mit ihm eine Zarzuela zu schreiben. Eine neue Herausforderung für Nicanor.[5] Ballacer als Librettist und Abelardo als Komponist fertigten so die Zarzuela in drei Akten Lucila. Das Stück wurde im Alten Opernhaus in Manila aufgeführt und fiel durch. Kritiker schrieben über einen erstklassigen Flop. Die nächste Zusammenarbeit war ein paar Monate später die einaktige Operette Akibat, die jetzt ein voller Erfolg war. Die Verleger und Produzenten wollten nun alles von Abelardo haben, was auch immer er komponierte. Nicanor wollte weiterhin mit Buencamino musizieren. So spielten sie in den Salons der Calle de Aceiteros.

1916 Zeit an der Universität der Philippinen und in den Vereinigten Staaten Bearbeiten

Ab 1916 studierte er am Musikkonservatorium der Universität der Philippinen in Manila.[2][7] Seine Klavierdozent war José Estella, sein Violinlehrer Bonifacio Abdon, Gesangslehrer war Victorino Careon, ein gefeierter Tenor, und auf der Bandurria unterrichtete ihn José Silos. Auch Guy F. Harrison und Robert Schofield waren unter seinen Lehrern.[4] Er erlernte die Grundlagen des Cellospiels und schrieb später auch Kompositionen für Violoncello solo. Sein Studium finanzierte er unter anderem damit, dass er im Manila Hotel und im Santa Ana Cabaret musizierte. 1917 gewann er einen Kompositionswettbewerb der Universität mit der Hymne U.P. Beloved.[1][2][7] Am 1. Juli 1917 heiratete er Sixta Naguiat, die als Kartenverkäuferin im Kino arbeitete, in der Kirche Santa Cruz in Manila.[4][7] Ab 1918 unterrichtete er selbst als Assistent Musiktheorie und Harmonielehre.[2][7] 1921 wurde er mit einem Lehrerdiplom in Wissenschaften und Komposition graduiert.[1][7][9] 1922 begann er ein Postgraduales Studium in Komposition am Konservatorium, das er 1923 mit der Komposition des Klavierkonzerts b-moll op. 12 abschloss.[7] Am 20. November 1924 wurde er Leiter der Abteilung für Komposition am Konservatorium.[1][7] Im Mai 1931 ging er für ein weiterführendes Studium ans Chicago Musical College bei Wesley La Violette.[1][7] Im August 1932 ging er ohne Abschluss zurück nach Manila. 1933 erlangte Abelardo dann seinen Master an der National University der Philippinen.[7][10] Zurück in Manila unterrichtete er wieder an der Universität.[1] Zu seinen Schülern zählten Antonino Buenaventura, Alfredo Lozano und Lucino Sacramento.[6][10]

Am 21. März 1934 starb im Alter von 41 Jahren in Manila.[1] Er hinterließ seine Frau Sixta Naguiat mit sechs Kindern, von denen zwei Musiker wurden.[1][7] Der Regisseur Richard Abelardo war sein Bruder.

Werke (Auswahl) Bearbeiten

Nicanor Abelardo bediente alle Musikformen der philippinischen Gesellschaft. Er komponierte Musik für Sarswelas [Zarzuela], Operetten und Opern, Sinfonien und Konzerte, Sonaten und Streichquartette, Suiten, Fugen, Ouvertüren, Balladen und Serenaden, Kunstlieder und die philippinischen Formen des Kunstliedes wie das klassische Kundiman, Kumintang, Balitaw und Danza, Vokalduette, Trios und Chormusik, Märsche und Hymnen, sowohl geistliche als auch patriotische, Charakterstücke wie Nocturne, Valse, Cavatina, Capriccio, Intermezzo, Polka, Fantasie impromptu, Reverie, Barcarole und Bolero, Schauspielmusiken, Sinfonische Dichtung, Tänze wie Foxtrott, Tango, Two-Step und Paso Doble, Volksliedarrangements und Kompositionen für verschieden besetzte Instrumentalensembles. Insgesamt hinterließ er mehr als 140 Kompositionen.

Er war nicht nur Musiker, sondern schrieb auch Texte zu seinen Kompositionen. Sie werden mit zur besten poetischen Literatur seiner Zeit gerechnet.[9]

Werke mit Opuszahl Bearbeiten

Werke ohne Opuszahl Bearbeiten

Er hinterließ auch eine Reihe unvollendeter Werke, wie eine Sinfonie, eine Oper und ein Konzert.[1]

Bewertung und Rezeption Bearbeiten

Im Buch The Dynamic Teeners of the 21st Century, S. 70, wird Nicanor Abelardo als Master of the Kundiman [Meister des Kundiman] bezeichnet. Nasaan Ka, iroq ? als one of the most popular kundiman song sung today [einer der populärsten Kundiman die heute noch gesungen werden]. Die Stellung Abelardos für das Kundiman wird hier verglichen mit der Stellung Franz Schuberts für das deutsche Lied. Beide hätten mit ihren Kompositionen das Kundiman sowie das Lied zu einer Kunstform erhoben.[15]

Die Abelardo Hall, der Konzertsaal des College of Music an der Universität der Philippinen-Diliman, sowie das Tanghalang Nicanor Abelardo, das Haupttheater des Kulturzentrums der Philippinen, sind nach Nicanor Abelardo benannt.[1][10][16]

Joseph B Ortiguera schreibt in seiner Dissertation Nicanor Abelardo, Violin Sonata von 2014: Abelardo ist bestens dafür bekannt, das philippinische Genre des Kundiman zu einer westlichen Kunstliedform erhoben zu haben. Des Weiteren werde er als populärster und einflussreichster der Komponisten während der Höhe der Klassik der philippinischen Musik, eines Zeitraums zwischen 1860 und Ende des Zweiten Weltkriegs, angesehen.[5]

1949 drehte der Regisseur Richard Abelardo den Film Mutya ng Pasig, der vom Kundiman seines Bruders inspiriert war.[17]

1982 erschien auf den Philippinen eine Gedenkbriefmarke mit dem Porträt Abelardos.

Literatur Bearbeiten

  • Ernesto V. Epistola: Nicanor Abelardo, the Man and the Artist: A Biography [Nicanor Abelardo, der Mann und der Künstler]. Rex Bookstore, Manila 1996, ISBN 971-23-2062-6. (englisch)
  • Ramon Pagayon Santos: Tunugan: Four essays on Filipino music, UP Press, 2005, ISBN 971-542-488-0. (englisch)
  • Carlos Quirino: Who’s Who in Philippine history. Tahanan Books, Makati City 1995.
  • Nicanor Tiongson (Hrsg.): CCP Encyclopedia of Philippine Art. Band 6: Philippine music. Cultural Center of the Philippines, Manila 1994.
  • Mabuhay Singers Sing Kundiman. Villar MLS 5308.
  • Alfredo M. German: Ang Buhay at Musika ni Maestro Abelardo. Bulacan Cultural Arts and Historical Foundation, 1993.

Einspielungen Bearbeiten

  • The Songs Of Nicanor Abelardo. Mariqueño Music, LLC
  • Conching Rosal-Immortal Kundiman Of The Philippines, Villar MLP 5039. Mit Kundiman Ng Luha. Mutya Ng Pasig. Bituin Marikit. Himutok
  • Bituing Marikit. Elsa Oria, Gesang. Teofilo Alemania, Begleitung. Bituin BIT - 101; B-Seite
  • Paglingon: Return Of The Native. Jacqui Magno, Gesang. Bookmark Audio XXX. Mit Bituing Marikit, Nasaan Ka Irog?, Pahiwatig und Mutya Ng Pasig

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Nicanor Abelardo. Himig collection of the Filipinas Heritage Library, 2009, abgerufen am 7. April 2017 (englisch).
  2. a b c d e f g h i Short Biography of Filipino composer, Nicanor Abelardo. In: The Filipino Kundiman. 29. November 2013, abgerufen am 7. April 2017 (englisch).
  3. NICANOR S. ABELARDO, A FILIPINO GENIUS IN MUSIC. 5. November 2007, abgerufen am 25. Mai 2018 (amerikanisches Englisch).
  4. a b c d e f g h i j Galang Goco II, Abelardo: The Development of Philippine Piano Literature. Berlin 2010 (englisch, tu-berlin.de [PDF]).
  5. a b c d e f g h i j k l m Joseph B Ortiguera: Nicanor Abelardo, Violin Sonata. Tuscaloosa, Alabama 2014 (englisch, ua.edu [PDF]).
  6. a b c Ernesto V. Epistola: Nicanor Abelardo, the Man and the Artist: A Biography. Rex Bookstore, 1996, ISBN 971-23-2062-6 (englisch).
  7. a b c d e f g h i j k l Nicanor Abelardo - Cavatina | Pop Culture | Entertainment. Abgerufen am 11. Oktober 2017 (englisch).
  8. Nicanor Abelardo. In: Nicanor Tiongson (Hrsg.): CCP Encyclopedia of Philippine Art,. 6 Philippinian Music. Cultural Center of the Philippines, Manila, 1994, Manila 1994 (englisch).
  9. a b c d Ramon Pagayon Santos: Nicanor Abelardo: Filipino Classicism in the Art of Music. In: Tunugan: Four Essays on Filipino Music. The University of the Philippines Press, Quezon City 2005, ISBN 971-542-488-0 (englisch, google.de [abgerufen am 20. August 2017]).
  10. a b c The Abelardo Musical Legacy: Honoring Nicanor Abelardo «  Fourplay. Abgerufen am 7. April 2017 (englisch).
  11. Renato Lucas: Renato Lucas The Spirit of Harana revised copy. (academia.edu [abgerufen am 12. Oktober 2017]).
  12. Nicanor Abelardo Nicanor Abelardo, Diez Nieto Alfedo, Nicanor Abelardo, Luciano Sacramento: Abelardo, Luciano, Alfredo Compositions. In: archive.org. Internet Archive, abgerufen am 17. Oktober 2020 (englisch).
  13. a b Manila Symphony's Brilliant Pianist will perform tonight. In: Honolulu Star-Bulletin. Honolulu, Hawaii 23. August 1948, S. 16 (englisch, newspapers.com).
  14. Carmencita Lozada, violin: heritage recordings. Series 1. Series 1. 2004, abgerufen am 11. Oktober 2017.
  15. Lorna Fe P. Lopez, Romulo J. Pangan, McDonald d Beldia: The Dynamic Teeners of the 21st Century. Band 2. Rex Bookstore, Inc, Manila 2005, ISBN 971-23-4046-5, S. 70 (englisch).
  16. TANGHALANG NICANOR ABELARDO (Main Theater) | Cultural Center of the Philippines. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. März 2017; abgerufen am 7. April 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/culturalcenter.gov.ph
  17. Mutya ng Pasig. In: IMDb. Abgerufen am 2. März 2024 (englisch).