Mecklenburghaus

Genesungsheim im Pachtgebiet Kiautschou in der chinesischen Provinz Shandong

Das Mecklenburghaus war ein Genesungsheim im Pachtgebiet Kiautschou in der chinesischen Provinz Shandong. Es war eine Stiftung der Deutschen Kolonialgesellschaft und unterstand der Aufsicht des Gouvernementarztes von Kiautschou. Das Heim zählte zu den europäischen Erholungsstationen in den deutschen Kolonien.[1] Es gilt als das erste deutsche Genesungsheim in Asien.[2]

Hier ist ein großes Haus mit Säulen abgebildet.
Hauptgebäude des Heims Mecklenburghaus

Lage Bearbeiten

 
Umgebung des Heims Mecklenburghaus im Lao-Shan-Gebirge auf einer frühen Farbfotografie

Das Heim lag im Lao-Shan-Gebirge etwa 450–500 Meter über dem Meer auf dem Tempelpass am Ende des Prinzental circa 33 Kilometer nordöstlich der Hafenstadt Tsingtau (heute Qingdao). Tsingtau war sechs Jahre vor der Eröffnung des Heims zum Hauptort und Verwaltungssitz des deutschen Pachtgebietes geworden. Beide Orte waren durch eine Fahrstraße miteinander verbunden, die von Tsingtau über die Ortschaft Litsun und durch das Herzogin-Elisabeth-Tal führte.[3] Das Gebirge war um 1900 weitgehend entwaldet und litt unter Erosion, der die Kolonialverwaltung mit Aufforstung entgegenwirkte. Die Mittelgebirgslage sollte erkrankten Europäern Linderung verschaffen oder möglichen Leiden durch das subtropische Küstenklima im Süden vorbeugen.

Geschichte Bearbeiten

 
Das Heim Mecklenburghaus mit Nebengebäuden auf einer zeitgenössischen Postkarte

Das Heim wurde in den Jahren 1903 und 1904 durch den deutschen Regierungsbaumeister Pohl errichtet. Es war nicht nach der norddeutschen Region, sondern nach Johann Albrecht, Herzog zu Mecklenburg benannt. Damit sollte seine Förderung der deutschen Kolonialpolitik als Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft geehrt werden. Im Jahr 1910 besuchte der Namensgeber das Mecklenburghaus auch persönlich.[4] Nach anderer Quelle wurde das Heim im Andenken an Luise von Mecklenburg-Strelitz und ihre Familie gebaut.[2]

 
Soldatenheim (links) unterhalb vom Hauptgebäude des Mecklenburghauses (rechts)

Das Richtfest fiel auf den 9. März 1904. Am 1. September 1904 nahm das Mecklenburghaus offiziell den Betrieb auf. Es war eine architektonische Besonderheit, da sich der Baustil der Neubauten im Kiautschou-Gebiet meist nach seinen Nutzern richtete – europäischer Stil für Kolonialisten, asiatischer Stil für Einheimische. Das Mecklenburghaus war hingegen für Gäste aus Europa bestimmt, wies aber im Außenbereich auch chinesische Stilelemente auf.[5] Die Kosten wurden größtenteils durch eine Lotterie aufgebracht. Das Heim bestand aus mehreren Gebäuden, die unterschiedlichen Zwecken dienten. Das Haupthaus war das Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude. Es enthielt einen Speisesaal sowie ein Damen-, Lese- und Rauchzimmer. Im Anbau waren Küche und Speisekammer untergebracht sowie Räume des Verwaltungspersonals. Außerdem gab es ein Familienhaus oder großes Logierhaus für Dauergäste, die sogenannten „Pensionäre“. Für den Aufenthalt von Kurzzeitgästen, den sogenannten „Passanten“, gab es das Wandererheim oder kleines Logierhaus. In den Nebengebäuden befanden sich eine Bäckerei, Schlachterei und Wäscherei sowie Stallungen und ein Haus für „Kulis“. Auch eine Kegelbahn stand den Gästen zur Verfügung. Der Komplex hatte ein eigenes Reservoir zur Wasserversorgung. In der Nähe befand sich zudem ein Soldatenheim für deutsche Besatzungs- und Marinesoldaten aus Tsingtau und dem Ostasiengeschwader.[3] Mitglieder der Sektion Bergverein Tsingtau des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins erhielten im Mecklenburghaus ermäßigte Unterkunft.[6]

Von 1904 bis 1909 besuchten etwa 1.000 Personen jährlich das Mecklenburghaus.[7] Es nahm keine Akutkranken auf, sondern Genesende und Präventivkurgäste.[8] Ab dem 13. September 1905 betrieb die Deutsche Post in China im Mecklenburghaus eine Postdienststelle, die am 23. Juli 1909 eine Postagentur mit eigenem Poststempel wurde.[9]

Bei der Belagerung von Tsingtau wurden die Gebäude des Heims schwer beschädigt.[10] Nachdem die Japaner das Pachtgebiet besetzt hatten, wurden einige Einrichtungen des Mecklenburghauses teilweise wiederhergestellt und als Krankenhaus weiterbetrieben. In den 1930er Jahren lag der frühere Heimkomplex jedoch in Trümmern.[11] Die letzten Gebäudereste wurden 1987 abgetragen.[12]

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Mecklenburghaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Emil Steudel: Erholungsstationen (Memento des Originals vom 17. April 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de, in: Heinrich Schnee (Hrsg.): Deutsches Kolonial-Lexikon. Band 1, Quelle & Meyer, Leipzig 1920 S. 574–575.
  2. a b L. Faupel, A. Jüttemann: Lange vor Corona. In: Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern. Ausgabe 6/2020, S. 216.
  3. a b Joachim Schultz-Naumann: Unter Kaisers Flagge. Deutschlands Schutzgebiete im Pazifik und in China einst und heute. Universitas, München 1985, ISBN 3-8004-1094-X, S. 184.
  4. Ohne Verfasser: Das Mecklenburghaus bei Tsingtau. In: Deutsche Kolonialzeitung. 29. Jahrgang, Ausgabe Nr. 38 vom 28. September 1912, S. 666 (Digitalisat an der Universitätsbibliothek der Goethe-Universität Frankfurt am Main).
  5. Christoph Lind: Heimatliches Idyll und kolonialer Herrschaftsanspruch: Architektur in Tsingtau. In: Hans-Martin Hinz, Christoph Lind (Hrsg.): Tsingtau. Ein Kapitel deutscher Kolonialgeschichte in China 1897–1914. Deutsches Historisches Museum, Berlin 1998, ISBN 3-86102-100-5, S. 96–105, hier: S. 104 (Online auf den Seiten des Deutschen Historischen Museum).
  6. Sektion Bergverein Tsingtau, China. In: www.alpenverein.de. Deutscher Alpenverein e.V., abgerufen am 4. Dezember 2021.
  7. Weiman Yuan: Medizin und Kolonialismus: Deutsche Darstellung von chinesischer Medizin vom Opiumkrieg bis zum Ersten Weltkrieg. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2020, ISBN 978-3-11-066009-8, S. 76.
  8. Wolfgang Uwe Eckart: Medizin und Kolonialimperialismus: Deutschland 1884–1945. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 1997, ISBN 978-3-506-72181-5, S. 485.
  9. Albert Friedemann (Hrsg.): Die Postwertzeichen und Entwertungen der deutschen Postanstalten in den Schutzgebieten und im Auslande. Als Handbuch unter Mitwirkung bedeutender Sammler bearbeitet und herausgegeben von Albert Friedemann. 2. erw. Auflage. Leipzig 1921, S. 292 (online bei archive.org).
  10. Jeremy Rowett Johns: Mecklenburghaus, near Tsingtao, in ruins (Englisch). In: University of Bristol. 2011, abgerufen am 1. Dezember 2021.
  11. Zhang Zhaoxin: Entmystifizierung des Mecklenburg-Sanatoriums. In: www.dailyqd.com (Chinesisch). 19. Oktober 2015, abgerufen am 29. November 2021.
  12. L. Faupel, A. Jüttemann: Lange vor Corona. In: Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern. Ausgabe 6/2020, S. 218.