Läuferspannung

in der Elektrotechnik die Wechselspannung die im Läufer eines Elektromotors induziert oder von außen zugeführt wird

Als Läuferspannung bezeichnet man in der Elektrotechnik die Spannung, die im Läufer eines Elektromotors induziert[1] oder von außen zugeführt wird.[2] Bei stillstehendem Motor wird diese Spannung auch als Läuferstillstandsspannung bezeichnet.[3] Sie wird auf dem Leistungsschild des Motors in Volt angegeben.[4]

Beispiel: Leistungsschild
eines Schleifringläufermotors (3. Zeile von unten, links die Läuferspannung)

Entstehung und Verhalten Bearbeiten

Werden die Statorspulen eines Asynchronmotors mit einem symmetrischen Drehstrom gespeist, dann nehmen die drei Spulen einen Strom auf, der in ihnen jeweils eine räumlich und zeitlich phasenverschobene Durchflutung aufbaut.[5] Dadurch bedingt laufen im Luftspalt zwischen Stator und Rotor Drehwellen um.[6] Dies hat zur Folge, dass im Läufer eine Spannung, die als Läuferspannung bezeichnet wird, induziert wird.[7] Die Höhe der Läuferspannung ist von der Anzahl der Windungen im Läufer, von den Wicklungsfaktoren sowohl der Stator- als auch der Rotorwicklung[8] und von der Schlupfdrehzahl abhängig.[9] Die Läuferspannung ist bei stillstehendem Läufer am höchsten[ANM 1] und beträgt in der Regel etwa 1/4 bis 1/2 der Statorspannung.[4] Die bei stillstehendem Motor als Läuferstillstandsspannung bezeichnete Spannung lässt sich bei Schleifringläufermotoren an den Schleifringen[ANM 2] messen.[10] Die Höhe der Läuferstillstandsspannung hängt nur von dem Verhältnis der Läufer- und Statorwindungszahlen ab.[1] Bei Motoren mit Käfigläufer ist die Läuferspannung konstruktionsbedingt Null Volt.[11] Dennoch fließt aufgrund der induzierten Spannung durch die Läuferstäbe der Läuferstrom.[12] Bei stillstehendem Motor hat die Läuferspannung die gleiche Frequenz wie die Netzfrequenz.[5] Die Spannung in der Läuferwicklung ist für Schleifringläufermotoren bis 250 Kilowatt genormt.[13] Konstruktionsbedingt liegt sie selbst bei Hochspannungsmotoren nur selten über 1000 Volt.[4] Bei geschlossener Wicklung fließen aufgrund der Läuferspannung durch die Wicklung oder Läuferstäbe Ströme,[ANM 3] der Rotor dreht sich.[9] Bei nun laufendem Motor nimmt die Läuferspannung entsprechend dem geringer werdenden Schlupf ab.[5] Bei synchroner Drehzahl ist die Läuferspannung gleich Null Volt.[1] Unter Zuhilfenahme eines Frequenzumrichters lässt sich auch eine Läuferspannung in die Läuferwicklung einprägen.[2] Dadurch lassen sich beispielsweise bei doppelt gespeisten Asynchronmaschinen die Drehzahlen regeln.[14] Des Weiteren lässt sich durch die von außen zugeführte Läuferspannung der Wirkleistungsfluss der Maschine beeinflussen, so dass auch die Blindleistungsabgabe beim Einsatz als Generator bei diesen Maschinen kontinuierlich geregelt werden kann.[2]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Ernst Hörnemann, Heinrich Hübscher: Elektrotechnik Fachbildung Industrieelektronik. 1 Auflage. Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig, 1998, ISBN 3-14-221730-4, S. 112, 113, 472.
  2. a b c Johannes Weidner: Beitrag zur statischen und transienten Stabilitätsanalyse in Verteilungsnetzen. Genehmigte Dissertation an der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik der Gottfried Leibnitz Universität. Hannover 2021, S. 21, 22.
  3. Andreas Kremser: Elektrische Maschinen und Antriebe, Grundlagen, Motoren und Anwendungen. 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Mit 122 Abbildungen, 10 Tabellen und 14 Beispielaufgaben mit Lösungen, B.G. Teubner Verlag, Leipzig/ Wiesbaden 2004, ISBN 3-519-16188-5, S. 92.
  4. a b c Hans-Günter Boy, Horst Flachmann: Die Meisterprüfung - Elektrische Maschinen und Steuerungstechnik. 4. völlig neu bearbeitete Auflage. Vogel Buchverlag, Würzburg 1983, ISBN 3-8023-0725-9, S. 118.
  5. a b c Attila Miluczky: Die Gesetzmäßigkeiten des Fahrwerklaufs erprobter Multigelenk-Niederflurstadtbahnwagen. Genehmigte Dissertation an der Fakultät für Maschinenwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Aachen 2008, S. 129–132, 136.
  6. Andreas Binder: Elektrische Maschinen und Antriebe. Grundlagen, Betriebsverhalten. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg 2012, ISBN 978-3-540-71849-9, S. 180, 238, 279, 412.
  7. Wissenschaftlicher Verein für mobile Arbeitsmaschinen, WVMA e. V. (Hrsg.): Hybride und energieeffiziente Antriebe für mobile Arbeitsmaschinen. Scientific Publishing, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Print of Demand, ISBN 978-3-7315-0601-0, S. 96.
  8. W. Schuisky: Elektromotoren. Ihre Eigenschaften und ihre Verwendung für Antriebe. Mit 384 Textabbildungen, Springer Verlag Wien, Wien 1951, S. 109–118.
  9. a b Rolf Fischer: Elektrische Maschinen. 12. neu bearbeitete Auflage. Mit 448 Bildern, Carl Hanser Verlag, München und Wien 2004, ISBN 3-446-22693-1, S. 172, 173.
  10. Hanskarl Eckardt: Grundzüge der elektrischen Maschinen. Mit 216 Bildern und 30 Beispielen. B. G. Teubner, Stuttgart 1982, ISBN 3-519-06113-9, S. 130, 131.
  11. Friedrich W. Koch: Simulation und Analyse der dynamischen Wechselwirkung von Windenergieanlagen mit dem Elektroenergiesystem. Genehmigte Dissertation am Fachbereich der Universität Duisburg - Essen. Duisburg - Essen 2005, S. 18, 20, 22.
  12. Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal, 1989, ISBN 3-8085-3018-9, S. 282, 283, 288.
  13. Rudolf Richter: Kurzes Lehrbuch der elektrischen Maschinen. Wirkungsweise - Berechnung - Messung. Mit 406 Abbildungen im Text, Springer - Verlag, Berlin / Heidelberg 1949, S. 184, 185, 313.
  14. Paul Burgwinkel, G. Eltaliawi, N. Vijayakumar, D. Vreydal: Dynamische Modellierung und Simulation komplexer Antriebssysteme von Großbandanlagen. Online In: Glückauf. (ISSN 0340-7896) Bd. 146, H. 9 (2010), S. 444–450 (als Print und PDF verfügbar).

Anmerkungen Bearbeiten

  1. In der Regel ist die Höhe der Läuferspannung geringer als die der Statorspannung. (Quelle: Hans-Günter Boy, Horst Flachmann: Die Meisterprüfung - Elektrische Maschinen und Steuerungstechnik.)
  2. Die Messung erfolgt dabei bei geöffnetem Läuferkreis zwischen zwei Schleifringen. (Quelle: Hans-Günter Boy, Horst Flachmann: Die Meisterprüfung - Elektrische Maschinen und Steuerungstechnik.)
  3. Diese Ströme werden als Läuferströme bezeichnet. (Quelle: W. Schuisky: Elektromotoren.)