Kleenes Kindla, gruußer Goot (Kleines Kindlein, großer Gott) ist ein Weihnachtslied, das vor allem aus Schlesien, aber auch aus anderen deutschsprachigen Regionen überliefert ist.

Der Text des Liedes entstammt einem Krippenspiel.[1] Eine Strophe mit dem Textanfang O kleines kint, o großer got findet sich schon im 15. Jahrhundert als Teil des Weihnachtslieds Joseph, lieber Joseph mein.[2] Nach einer Quelle aus dem Jahr 1812 wurde das Lied auf die Melodie des Liedes Ein schön kleines Kindelein ist uns heut geboren gesungen.[3] Dieses Lied wird Bedřich Bridel zugeschrieben, ist aber wahrscheinlich die Übersetzung des lateinischen Hodie infantulus prodit orbi natus.[4][5] Die überlieferte Fassung in Glätzischen Dialekt stammt aus der Grafschaft Glatz. Andere Quellen geben als Herkunft Ostböhmen,[6][7] das Sudetenland,[8] Franken[9] oder auch die Steiermark[10] an. In Wilhelm Paillers Sammlung von 1881 findet sich eine Fassung mit der Quellenangabe „An der Traun“;[11] diese Fassung ist mit einer abweichenden Melodie überliefert.[12] Hochdeutsche Titelvarianten lauten Kleines Kindlein, [o] großer Gott oder Kleiner Knabe, großer Gott.

Text Bearbeiten

Schlesischer Text Übertragung

Kleenes Kindla, gruusser Goot,
dar de Welt eia Hända hoot.
Leiste doo, du kleener Schotz,
’s hoot doch kaum a Mäusla Plotz.

Deine Potschla sein der rout,
wie a Krabes nooch’m Suud,
liebes Kindla, schtecks ock ein,
ich will derr meine Handschka leihn.

Sein derr denn die Fißla kaald,
mechst der se derfrieren baald!
Dei weiß Leibla zittert schier,
mechst der ziehn a Pelzla fier.

Och du liebes Gooteskind,
leist beim Esel and beim Rind,
’s tutt mer wull eim Herze wieh,
wenn ich bei dam Krippla stieh.

Liebes Kindla, koans gesein,
kumm bei mir eis Stiebla rein,
will der mach’ an Hierschebrei,
will der riehm vill Putter nei.

Wenn dersch aber is zu schlecht,
mach der’s ock mei Herzla recht,
rah and schloof do drinne ei,
bis mich nimmst eia Himmel nei.

Kleines Kindlein, großer Gott,
der die Welt in den Händen hat,
liegst du da, du kleiner Schatz,
’s hat doch kaum ein Mäuslein Platz.

Deine Händlein sind so rot,
wie ein Krebs nach dem Sieden,
liebes Kindlein, steck sie ein,
ich will dir meine Handschuh leihn.

Sind dir denn die Füße kalt,
wirst sie dir erfrieren bald.
Dein weiß Leiblein zittert schier,
möchtst dir ziehn ein Pelzlein über.

O du liebes Gotteskind,
liegst beim Esel und beim Rind.
’s tut mir sehr im Herzen weh,
wenn ich bei dem Kripplein steh.

Liebes Kindlein, kann das sein,
komm zu mir ins Stüblein rein,
will dir machen Hirsebrei,
will dir rührn viel Butter darein.

Wenn dir’s aber ist zu schlecht,
mach ich dir auch mein Herzlein zurecht,
ruh und schlaf da drinnen ein,
bis du mich nimmst in den Himmel hinein.

Literatur Bearbeiten

  • Wilhelm Menzel: Singt ock awing. Lieder aus Schlesien (für ein- bis vierstimmigen Chor). 14 Folgen 1948–53, Bärenreiter-Ausgabe 801–814, als Sammelband 1956, Bärenreiter 800
  • Gerhard Pankalla, Gotthard Speer: Der Schlesische Wanderer. Rodenkirchen 1959, S. 93; abgerufen über deutscheslied.com

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Friedrich Vogt: Die Schlesischen Weihnachtsspiele. Teubner, Leipzig 1901, S. 156 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche ).
  2. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Geschichte des deutschen Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. 3. Auflage. Rümpler, Hannover 1861, S. 417 f. (Digitalisat in der Google-Buchsuche ).
  3. Ein andächtiges einfältiges Bauernlied, zum Christkindlein. In: Friedrich David Gräter (Hrsg.): Idunna und Hermode. Eine Alterthums-Zeitung, 1 (1812), Nr. 51 (19. Dezember 1812), S. 201 (Volltext/Vorschau in der Google-Buchsuche ).
  4. Marie Škarpová: „Neue“ Lieder im Gesangbuch Jesličky (1658) von Fridrich Bridelius und ihre Textvorlagen. In: ???, S. 377–398, hier S. 382 (online).
  5. Tomáš Slavický: Die Weihnachtslieder von Fridrich Bridelius und ihre Rezeption in 17.–19. Jahrhundert. In: Musicologica Brunensia 47 (2012) Nr. 1, S. 65–78 (online).
  6. Walther Hensel: Unser Land im Lied. Verlag 'Christ Unterwegs', München 1951, S. 144, abgerufen über http://www.deutscheslied.com/
  7. Nordböhmen-Liederbüchel, Folge 1 - Volkslieder aus Nordböhmen und Glatz. 1997 G HR400-1, S. 60, abgerufen über http://www.deutscheslied.com/
  8. Die Lieder der Sudetendeutschen. 1972 (1938–1942) HR253, S. 59, abgerufen über http://www.deutscheslied.com/
  9. Franz Wilhelm von Ditfurth: Fränkische Volkslieder. Mit ihren zweistimmigen Weisen, wie sie vom Volke gesungen werden, aus dem Munde des Volkes selbst gesammelt und herausgegeben. Band 1: Geistliche Lieder. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1855; Nachdruck Georg Olms Verlag, Hildesheim 1966 (2 Bände in einem Band); erneuter Nachdruck: Echter Verlag, Würzburg 1986, ISBN 3-429-00989-8, S. 11 (Digitalisat).
  10. Steirisches Liederblatt – Lieder zur Weihnacht, Blatt 4, 1995, HR335-95-14-4, S. 13, deutscheslied.com
  11. Wilhelm Pailler: Weihnachtlieder und Krippenspiele aus Oberösterreich und Tirol. Band 1. Wagner, Innsbruck 1881, S. 124 f.; Textarchiv – Internet Archive.
  12. Arnold Blöchl: Melodiarium zu Wilhelm Paillers Weihnachts- und Krippenliedersammlung (= Corpus musicae popularis Austriacae. Band 13). Teil 1. Böhlau, Wien 2000, ISBN 3-205-99123-0, S. 558 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche ).