Steinkohlenwerk Karl Marx
VEB Steinkohlenwerk Karl Marx | |||
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Allgemeine Informationen zum Bergwerk | |||
Schacht I, 1948 | |||
Andere Namen | Zwickauer Brückenberg-Steinkohlenbau-Verein | ||
Abbautechnik | Tiefbau | ||
Förderung/Gesamt | 30750000[1] t Steinkohle | ||
Informationen zum Bergwerksunternehmen | |||
Beschäftigte | 4.894 (1954) | ||
Betriebsbeginn | 1859 | ||
Betriebsende | 1973 | ||
Nachfolgenutzung | VEB Metalleichtbaukombinat Plauen | ||
Geförderte Rohstoffe | |||
Abbau von | Steinkohle | ||
Geographische Lage | |||
Koordinaten | 50° 43′ 0,5″ N, 12° 30′ 38,5″ O | ||
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Standort | Zwickau | ||
Gemeinde | Zwickau | ||
Landkreis (NUTS3) | Zwickau | ||
Land | Freistaat Sachsen | ||
Staat | Deutschland | ||
Revier | Zwickauer Steinkohlenrevier |
Der VEB Steinkohlenwerk Karl Marx war ein Bergbauunternehmen auf Steinkohle in Zwickau/Sachsen.
Inhaltsverzeichnis
GeschichteBearbeiten
Das Karl-Marx-Werk wurde in Zwickau am 25. Juni 1855 als Zwickauer Brückenberg-Steinkohlenbau-Verein gegründet. 1859 wurde das erste bauwürdige Flöz erbohrt. Am 10. Oktober 1859 war der Teufbeginn des Einigkeitsschachtes. Eine Woche später, am 17. Oktober 1859, war Teufbeginn des Beharrlichkeitsschachtes (Doppelschachtanlage). Teufbeginn des Ernst-Julius-Schachts war 1861.
Später wurde der Einigkeitsschacht nur noch als Brückenbergschacht I, der Ernst-Julius-Schacht als Brückenbergschacht II bezeichnet; der Beharrlichkeitsschacht wurde 1879 wieder abgeworfen. Im gleichen Jahr ereignete sich am 1. Dezember eine Schlagwetterexplosion im Ernst-Julius-Schacht. Dabei kamen 89 Bergleute ums Leben. Der Teufbeginn des Schachts III war 1871; drei Jahre später, im Jahr 1874, war der Teufbeginn des Schachts IV. Der Teufbeginn der Schächte V und VI war 1872. 1879 wurden die Teufarbeiten eingestellt, da die Feldesteile, welche durch diese beiden Schächte gelöst werden sollten, inzwischen günstiger von Schacht I aus vorgerichtet werden konnten. 1893 wurden Schacht V und VI wieder verfüllt.
Im August 1885 lieferte die Königin-Marien-Hütte in Cainsdorf für Schacht II einen neuen, eisernen Seilscheibenstuhl (Fördergerüst), der aber erst später, nach der Schaffung einer untertägigen Förderverbindung zu den Schächten I und IV, aufgestellt werden konnte.[2] 1888 wurde dann dieses Strebenfördergerüst aufgestellt und ersetzte den bisherigen hölzernen Seilscheibenstuhl.[3]
In den Jahren 1911/12 wurde auf Schacht I ein neues Fördermaschinengebäude für zwei Spiralkorb-Dampffördermaschinen, davon die schwächere, östliche Maschine mit 750 PS, die stärkere, westliche Maschine mit 1255 PS Leistung gebaut. Über dem Treibehaus wurde ein dominantes gusseisernes Strebengerüst in Fachwerkbauweise, ebenfalls von der Königin-Marien-Hütte Cainsdorf errichtet.[4][5]
Am 10. Februar 1920 erfolgte die Fusion mit der Gewerkschaft Morgenstern, das Werk firmiert nunmehr als Gewerkschaft Morgenstern, Betriebsabteilung Brückenberg. Durch den Volksentscheid in Sachsen 1946 enteignet wurden die Gewerkschaft Morgenstern und der Brückenberg-Steinkohlenbau-Verein wieder getrennt. Am 1. Januar 1949 wurde der Brückenberg-Steinkohlenbau-Verein in Volkseigener Betrieb (VEB) Steinkohlenwerk Karl Marx umbenannt. Entsprechend wurden die Schächte des Werkes in Karl-Marx-Schacht I bis IV umbenannt.
LageBearbeiten
Schacht | Teufbeginn | Verwahrt | Koordinate |
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Einigkeitsschacht / Schacht I | 1859 | 1969 | 50° 43′ 0,54″ N, 12° 30′ 39,73″ O |
Beharrlichkeitsschacht | 1859 | 1879 | 50° 42′ 59,39″ N, 12° 30′ 38,47″ O |
Ernst-Julius-Schacht / Schacht II | 1862 | 1980 | 50° 42′ 46,5″ N, 12° 31′ 9,1″ O |
Schacht III | 1871 | 1973 | 50° 42′ 42,5″ N, 12° 30′ 31,3″ O |
Schacht IV | 1874 | 1965 | 50° 42′ 29″ N, 12° 31′ 10,5″ O |
Schacht V | 1872 | 1893 | 50° 43′ 3,3″ N, 12° 31′ 9,1″ O |
Schacht VI | 1872 | 1893 | 50° 43′ 3,5″ N, 12° 31′ 15″ O |
Grubenunglück 1960Bearbeiten
Das Grubenunglück von Zwickau war das schwerste Grubenunglück in der Geschichte der DDR. Am 22. Februar 1960 kam es in der 1. Abteilung des Karl-Marx-Werkes kurz nach 8 Uhr aus unbekanntem Grund zu einer schweren Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosion. 174 Bergleute wurden mehr als 1000 Meter unter Tage durch den dadurch entstandenen Brand eingeschlossen. Rettungskräfte waren sofort zur Stelle, konnten aber nur etwa 40 Bergleute lebend retten. Die Rettungsarbeiten wurden mit der Hilfe von Grubenwehren aus allen Revieren der DDR und der Tschechoslowakei über mehrere Tage fortgesetzt. Etwa 500 Mann waren rund um die Uhr im Einsatz.
Nach sechs Tagen flammte der Brand von neuem auf. Die Einsatzleitung beschloss – da die Verschütteten nach menschlichem Ermessen nicht mehr am Leben sein konnten – den Abschnitt zuzumauern, damit sich das Feuer nicht ausbreiten konnte. Bei dem Grubenunglück starben insgesamt 123 Bergleute. Mehrere Monate später wurden die meisten Opfer geborgen und nach einem Staatstrauerakt im Zwickauer Lindenhof auf dem Zwickauer Hauptfriedhof beigesetzt. Seitdem gedenken jedes Jahr am 22. Februar die Kumpel an dieser Stelle ihrer Kameraden.
Die Unglücksursache konnte bis zum Ende der DDR nicht geklärt werden. Erst später stellte sich heraus, dass das Ministerium für Staatssicherheit, welches 1960 die Unfallermittlung geleitet hatte, mit hoher Wahrscheinlichkeit die Unfallursache festgestellt hatte. Der Bericht wurde jedoch nicht veröffentlicht. Über die Gründe dafür liegen keine gesicherten Informationen vor. Laut Mitteldeutschem Rundfunk soll menschliches Versagen zu dem Grubenunglück geführt haben.
StilllegungBearbeiten
Die abnehmende Rentabilität des Steinkohlenabbaus zwang die DDR, diesen einzustellen (Beschluss 11/67 des Ministerrates der DDR vom 21. Dezember 1967). Als eines der ersten Werke wurde das Karl-Marx-Werk geschlossen. Ab dem 1. Juli 1968 verlor das Karl-Marx-Werk seine Selbständigkeit und der Grubenbetrieb wurde als Betriebsteil „Karl Marx“ des Steinkohlenwerks „Martin Hoop“ von diesem aus weitergeführt.
In Vorbereitung der geplanten Schachtverwahrung (1969 bis 1973) wurde eine untertägige Förderverbindung (96-Querschlag) auf der −515–m-Sohle zwischen beiden Werken aufgefahren, um die Restfelder vom Martin-Hoop-Werk aus gewinnen zu können. Der Tagebetrieb, die Werkbahn und die Kokerei wurden durch den VEB Steinkohlenkokereien Zwickau „August Bebel“ übernommen und weitergeführt.
Bis zum Ende der DDR im Jahre 1990 existierten noch zahlreiche Gebäude und Anlagen, welche mittlerweile nahezu restlos beseitigt wurden.
BildergalerieBearbeiten
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ Ausgaben der Jahrbücher für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen von 1864–1938, Jahre 1921–1945 nicht separat ausgewiesen und mit 300 kt/a angenommen; Angaben für die anderen Jahre: siehe Literatur
- ↑ Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1887, S. 151 (Digitalisat).
- ↑ Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1889, S. 108 (Digitalisat).
- ↑ Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Jahrgang 1912, S. 147 (Digitalisat).
- ↑ Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Jahrgang 1913, S. 144 (Digitalisat).
LiteraturBearbeiten
- Waldemar May, Otto Stutzer, Eckardt: 75 Jahre Gemeinschaftsarbeit der Sächsischen Steinkohlenbergwerke. Überblick über den geologischen Aufbau des erzgebirgischen Steinkohlenbeckens. Hrsg.: Bezirksgruppe Sachsen der Fachgruppe Steinkohlenbergbau Zwickau. Zwickau Juni 1936, S. 321.
- Autorenkollektiv: Von den Brückenbergschächten zum VEB Steinkohlenwerk Karl Marx Zwickau 1859–1959. Druckerei Fortschritt, Erfurt 1960 (Betriebschronik).
- Autorenkollektiv: Der Steinkohlenbergbau im Zwickauer Revier. Hrsg.: Steinkohlenbergbauverein Zwickau e.V. Förster & Borries, Zwickau 2000, ISBN 3-00-006207-6.
- Löffler (Hrsg.): Bergbau um Zwickau. Silber, Kohle, Uran – 1316, 1348, 1945. Museum Priesterhäuser, Zwickau 2003, ISBN 3-933282-19-5.
- Norbert Peschke: Der Zwickauer Steinkohlenbergbau und seine Kohlenbahnen. Zschiesche GmbH, Wilkau-Haßlau 2007, ISBN 978-3-9808512-9-9.
- Thomas Klemm: Die Katastrophe vom 22. Februar 1960. Der Roman über die Grubenkatastrophe im VEB Steinkohlenwerk „Karl Marx“ Zwickau. Grimma 2008.
- Karl-Heinz Baraniak, Klaus Hertel, Thomas Klemm, Wolfgang Ulbricht, Silvia Teichert, Wilfried Stoye: Die Grubenkatastrophe im VEB Steinkohlenwerk „Karl Marx“ Zwickau vom 22. Februar 1960. Hrsg.: Steinkohlenbergbauverein Zwickau e.V. / Stadt Zwickau. Zschiesche GmbH, Wilkau-Haßlau 2010, ISBN 978-3-9813511-0-1, S. 152.
- Hans Häber: Die Explosion. 8.20 Uhr in 1.000 Metern Tiefe: Das Grubenunglück vom 22.02.1960 in Zwickau: Zeitzeugen-Dokumente-Schicksale-Experten. Ein Sachbuch über ein tragisches Schicksal und das Gemunkel vom „Selbstmord“ des Schießers Y. Band 1+2. DENKart, Gorzów 2011, ISBN 978-3-00-030673-0.
WeblinksBearbeiten
(Spendenaufruf für die Hinterbliebenen des 1879er Grubenunglücks in der „Gartenlaube“)
- Tod im Schacht – Zwickau 1960 (Memento vom 2. November 2003 im Internet Archive), Reportage aus der MDR-Reihe Vergessene Katastrophen
- Sonderseiten der Freien Presse zum Grubenunglück von 1960 (PDF; 4,9 MB)
- Anschlußbahn auf sachsenschiene.de
- Die ehemaligen Steinkohlenbergbaureviere von Zwickau und Lugau-Oelsnitz
- Die Industrialisierung europäischer Montanregionen im 19. Jahrhundert (ab S. 103)