Kahles Bruchkraut

Art der Gattung Bruchkräuter (Herniaria)

Das Kahle Bruchkraut (Herniaria glabra) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae). Diese Art wird auch als Christenschweiß, Dürrkraut, Glattes Tausendkraut, Harnkraut, Jungfernkraut, Kuckucksseife, Nierenkraut, Tausendkorn oder Passionsblümchen bezeichnet.

Kahles Bruchkraut

Kahles Bruchkraut (Herniaria glabra)

Systematik
Kerneudikotyledonen
Ordnung: Nelkenartige (Caryophyllales)
Familie: Nelkengewächse (Caryophyllaceae)
Unterfamilie: Paronychioideae
Gattung: Bruchkräuter (Herniaria)
Art: Kahles Bruchkraut
Wissenschaftlicher Name
Herniaria glabra
L.
Die Laubblätter sind kahl oder höchstens etwas bewimpert.[1]
Fruchtstand, die Früchte sind so lang oder länger als der Kelch.[1]

Beschreibung Bearbeiten

Das Kahle Bruchkraut ist eine ein-, zwei- bis mehrjährige krautige Pflanze. Manchmal verholzt es an der Basis schwach. Die ganze Pflanze ist frisch grün bis gelblich grün. Das Kahle Bruchkraut zeigt alle typischen Merkmale der Gattung Bruchkräuter. Der Stängel ist typischerweise 5 bis 15 cm lang, kann aber bis zu 30 cm lang werden. Die Blätter und der Stängel sind vollkommen kahl oder höchstens sehr kurz bewimpert. Die dreieckigen Nebenblätter sind etwa 0,5 bis 1,5 mm lang.

Die ungestielten, zwittrigen Blüten sind fünfzählig. Die Kelchblätter sind grün, elliptisch und stumpf bespitzt. Die weißen Kronblätter sind viel kleiner als die Kelchblätter und oft fehlen sie auch ganz. Es sind fünf fertile Staubblätter und fünf kronblattartige Staminodien vorhanden.[2][3]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 18.[4]

Ökologie Bearbeiten

Das Kahle Bruchkraut ist ein ausdauernder Hemikryptophyt oder ein kriechender Therophyt. Da die trittfeste Pflanze dicht dem Boden anliegt, wird sie oft übersehen. Getrocknet riecht sie nach Waldmeister.[5]

Die vorweiblichen Blüten sind nur etwa 1 mm groß. Die Bestäubung erfolgt durch winzige Zweiflügler; außerdem ist Selbstbestäubung möglich. Blütezeit ist von Juni bis Oktober.[5]

Ausbreitungseinheiten sind die von der bleibenden Blütenhülle umschlossenen und daher spezifisch leichten, rauen, einsamigen Nüsse. Ihre Ausbreitung erfolgt als Ballonflieger, als Regenschwemmlinge und als Wasserhafter (z. B. am Schuhwerk). Die Samen sind glänzend schwarz, linsenförmig und 0,5 mm lang. Fruchtreife ist von Juli bis Oktober.[5]

Vorkommen Bearbeiten

 
Natürlicher Standort: Sandtrockenrasen bei Hockenheim

Das Kahle Bruchkraut kommt in den gemäßigten Breiten Europas und Westasiens vor. In Nordamerika ist es stellenweise eingeschleppt.

Es wächst ursprünglich auf Sandtrockenrasen und in Heiden. Heute trifft man es meistens an sandigen Ruderalstellen wie z. B. in Pflasterritzen von selten begangenen Verkehrsinseln oder zwischen den Steinen von Dämmen. Es ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Rumici-Spergularietum aus dem Verband Polygonion avicularis, kommt aber auch in Gesellschaften der Klasse Sedo-Scleranthetea vor.[4]

Pharmakologie Bearbeiten

 
Struktur eines Saponins vom Bruchkraut

Als wirksame Bestandteile enthält das Kraut bis zu 10 % Saponine, ferner Flavonoide und Cumarine. Verwendet werden die getrockneten oberirdischen Teile. Bei Laborratten wurde eine Senkung des überhöhten Blutdrucks und Förderung der Filtrationsrate ihrer Nieren beobachtet;[6] Bruchkraut-Tee wird volksmedizinisch als Diuretikum zur Durchspülungstherapie bei Harnsteinen, Nierengrieß und Krämpfen verwendet.[7] Eine schwach spasmolytische Wirkung der Droge gilt als akzeptiert, die Wirksamkeit in den volksmedizinischen Anwendungsbereichen jedoch noch nicht hinreichend nachgewiesen.[8] Gemeinsam mit der Preiselbeere wies das Bruchkraut innerhalb einer Reihe von getesteten Substanzen die stärkste antimikrobielle Wirkung gegenüber uropathogenen Escherichia-coli-Bakterien auf[9] und ist daher wirksam bei Blasen- und Harnleitererkrankungen.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9.
  2. John W. Thieret, Ronald L. Hartman, Richard K. Rabeler: Herniaria. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 5: Magnoliophyta: Caryophyllidae, part 2. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 2005, ISBN 0-19-522211-3 (englisch, online). (engl.).
  3. Lu Dequan, Michael G. Gilbert: Herniaria. In: Wu Zhengyi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 6: Caryophyllaceae through Lardizabalaceae. Science Press / Missouri Botanical Garden Press, Beijing / St. Louis 2001, ISBN 1-930723-05-9, S. 3 (englisch, online). (engl.).
  4. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 390.
  5. a b c Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 387.
  6. H. Rhiouani, A. Settaf, B. Lyoussi, Y. Cherrah, M. A. Lacaille-Dubois, M. Hassar: Effects of saponins from Herniaria glabra on blood pressure and renal function in spontaneously hypertensive rats. In: Therapie. Band 54, Nr. 6, 1999, S. 735–739. PMID 10709449.
  7. Beatrice Gehrmann, Wolf-Gerald Koch, Claus O. Tschirch, Helmut Brinkmann: Medicinal Herbs: A Compendium. Haworth Herbal Press, New York 2005, ISBN 0-7890-2530-2, S. 103.
  8. Irene Barnickel, Friedrich Häfele, Wolfgang Kreis: Botanischer Garten Erlangen. Arzneipflanzen. Informationsblatt. 2. Auflage. Botanischer Garten Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, S. 50.
  9. Dorota Wojnicz, Alicja Z. Kucharska, Anna Sokół-Łętowska, Marta Kicia, Dorota Tichaczek-Goska: Medicinal plants extracts affect virulence factors expression and biofilm formation by the uropathogenic Escherichia coli. In: Urological Research. Band 40, Nr. 6, 2012, S. 683–697, DOI:10.1007/s00240-012-0499-6, PMID 22915095. PMC 3495101 (freier Volltext).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Herniaria glabra – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien