John Thurnam (* 28. Dezember 1810 in Lingcroft; † 24. September 1873 in Devizes) war ein britischer Altertumsforscher („Antiquar“).

Leben Bearbeiten

Er war Mitglied des Royal College of Surgeons und medical superintenden der grafschaftlichen Irrenanstalt in Devizes in Wiltshire.

Archäologische Tätigkeit Bearbeiten

Thurnam war vor allem somatischer Anthropologe. Ihn interessierten die Langbetten wegen der enthaltenen Skelette und ließ zwischen 1855 und 1867 22 von ihnen von den Insassen der von ihm betreuten Anstalt ausgraben, davon sechs, die bereits der Antiquar William Cunnington (1754–1810) zwei Generationen vor ihm untersucht hatte. Thurnams Aufzeichnungen sind sehr spärlich und lassen es nur selten zu, seine Grabungsmethoden zu rekonstruieren.

Der berühmteste Antiquar von Yorkshire, der Geistliche William Greenwell (1820–1918) aus Durham, grub 1863 zusammen mit Thurnam aus, bevor er auf Grabungen von Augustus Pitt Rivers (1827–1900) arbeitete.

Thurnam stellte auch eine Klassifikation britischer Glockenbecher auf, die später durch John Abercromby (1841–1924) ausgebaut werden sollte.

Er war Mitbegründer der Wiltshire Archaeological and Natural History Society.

Interpretation

Thurnam zog vor allem antike Autoren zur Interpretation der Grabungsergebnisse heran. Außerdem wertete er Richard Hoares Ancient Wiltshire aus. Er glaubte, dass die Gruben in den Langbetten das Blut von Opfertieren aufnehmen sollten. Da eine Anzahl von Schädeln in den Langbetten Spuren von stumpfer Gewalteinwirkung zeigten (Boles Barrow, Fussel's Lodge), interpretierte er die Skelette als die von Menschenopfer. Wie Greenwell hielt er auch Kannibalismus für möglich, obwohl er korrekt festgestellt hatte, dass ein Teil der Verletzungen eindeutig prämortal war.

Terminologie

Auf Thurnam geht die Unterscheidung von chambered und unchambered Long barrows, also zwischen kammerlosen Langbetten und solchen mit (Stein)-Kammern zurück, die in der englischen Archäologie noch immer in Gebrauch ist, auch wenn Stuart Piggott alternativ den Begriff „earthen Long Barrow“ für die kammerlosen Hügel vorschlug und Ian Kinnes es vorzieht, von megalithischen und nicht-megalithischen Langhügeln zu sprechen.

Grabungen

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • On the Barrow at Lanhill near Chippenham. In: Wiltshire Archaeological and Natural History Magazine. Band 3, Nr. 7, 1956, S. 67–86.
  • On Ancient British Long Barrows, especially those of Wiltshire and the adjoining Counties. (Part I. Long Barrows). In: Archaeologia. Band 42, 1869, S. 161–244.
  • On Ancient British Long Barrows, especially those of Wiltshire and the adjoining Counties. (Part II. Round Barrows). In: Archaeologia. Band 43, 1871, S. 285–544.

Literatur Bearbeiten

  • David Field: Earthen Long Barrows. The Earliest Monuments in the British Isles. Tempus, Stroud 2006, ISBN 0-7524-4013-6, S. 36–37.
  • Ian Kinnes: Non-Megalithic Long Barrows and allied structures in the British Neolithic (= British Museum. Occasional Paper. 52). The Trustees of the British Museum, London 1992, ISBN 0-86159-052-X.
  • Stuart Piggott: The Background and Beginnings of the Wiltshire Archaeological and Natural History. In: Wiltshire Archaeological and Natural History Magazine. Band 84, 1991, S. 108–116.
  • Stuart Piggott: John Thurnam (1810–1873) and British Prehistory. In: Wiltshire Archaeological and Natural History Magazine. Band 86, 1993, S. 1–7.
  • Rick J. Schulting, Michael Wysocki: „In this Chambered Tumulus were Found Cleft Skulls …“: An Assessment of the Evidence for Cranial Trauma in the British Neolithic. In: Proceedings of the Prehistoric Society. Band 71, 2005, S. 107–138, doi:10.1017/S0079497X00000979.