Jan Gossaert

niederländischer Maler (1478–1532)
(Weitergeleitet von Jan Mabuse)

Jan Gossaert (* um 1478 in Maubeuge; † 1. Oktober 1532 in Antwerpen), auch Jan Gossart, Jan Mabuse, Jenni Gosart oder Jennyn van Hennegouwe, war ein niederländischer Maler.

Selbstporträt des Jan Gossaert, um 1515

Über sein frühes Leben und speziell den Ort seiner Ausbildung ist kaum etwas bekannt, allerdings lassen seine frühen Arbeiten darauf schließen, dass er von den Malern beeinflusst wurde, die plastische Modelle verwendeten. Gossaert lebte von 1503 bis 1508 zunächst in Antwerpen. Hier heiratete er Margareta de Molder, vermutlich aus der Familie des Bildschnitzers Jan de Molder, und bildete als Lehrling neben anderen Jan van Dornicke (Meister von 1518) aus. Dieser wiederum war vermutlich ein Lehrer von Pieter Coecke van Aelst, in deren beider Werk eine starke Rezeption der Arbeiten von Gossaert stattfand. Später trat Gossaert in den Dienst von Philipp von Burgund. 1508 begleitete er seinen Dienstherren nach Italien. Hier wurde er für sein weiteres Leben und Werk geprägt und diese Reise legte die Grundlage für die obligatorischen Italienreisen der flämischen Maler bis hin zu Rubens und van Dyck. 1509 kehrte er mit Philipp in die Niederlande zurück und ging mit diesem auf dessen Landsitz Zeeland, wo er erste erfolgreiche Arbeiten anfertigte. Philipp bestellte für die Kirche von Middelburg ein Altarbild bei Gossaert, für dessen Inaugenscheinnahme 1521 Albrecht Dürer anreiste. Die Kirche wurde 1568 durch den Brand nach einem Blitzeinschlag zerstört; das Bild könnte sich – abweichend von der Schilderung van Manders – in der Eremitage in Sankt Petersburg (Inv. Nr. 413) erhalten haben.[1]

In Middelburg plante Gossaert in Zusammenarbeit mit Jacopo de Barbari den Ausbau des Schlosses und die Inneneinrichtung desselben. Er hatte auch Verbindung zum Hof der Margarete von Österreich in Mechelen, jedoch wurde Jacopo de Barbari dort Hofmaler. Gossaert schuf in dieser Zeit ein Porträt von Leonore von Portugal und kleinere Werke für Karl V. Als sein Dienstherr Philipp von Burgund Bischof von Utrecht wurde, folgte ihm Gossaert auch dorthin und wurde mit der Dekoration des Amtssitzes Schloss Duurstede beauftragt. Für Christian II. malte er 1523 dessen Hofnarren. 1528 beauftragte ihn derselbe, das Grabmal seiner Frau Isabelle, das Jean de Hare begann, zu beenden. Zweifellos beendete er auch die Porträts der drei Kinder des Königspaares. Als Philipp 1524 starb, entwarf Gossaert dessen Grabmal. Anschließend wechselte er in den Dienst von Philipps Großneffen, Adolf von Burgund, dem Marquis von Veeren.

In dieser Zeit passierte auch eine Episode, die ein Sprichwort im französischen Sprachgebrauch verursachte: Fin contre fin n’est pas bon pour faire doublure (Fein gegen fein wird niemals gutes Futter sein). Eines Tages wurde dem Marquis der Besuch Kaiser Karls V. angemeldet. Um diesen würdig zu empfangen, sollten seine Leute alle in weißen Damast gekleidet erscheinen. Gossaert jedoch verkaufte den wertvollen Stoff, vertrank das Geld und erschien in feines Papier gekleidet. Der Kaiser staunte, als er das sah. Er erklärte, er habe noch nie einen so feinen Stoff gesehen, und ließ Gossaert näher treten. Daraufhin brach der Kaiser in schallendes Gelächter aus. Auf die Frage, warum er das getan habe, antwortete Gossaert, er wollte alle Zuschauer durch diese Feinheit in Erstaunen versetzen. Der erzürnte Marquis wollte Gossaert daraufhin einsperren lassen und prägte den Spruch: »et sache que fin contre fin n’est pas bon pour doublure.« Doch erwirkte der Kaiser einen Erlass der Strafe für Gossaert.

Eine Maria mit Kind wurde 2014 in Zürich für über 2 Millionen Franken versteigert, eines der letzten auf dem Kunstmarkt erhältlichen Werke von Gossaert.[2]

Werke (Auswahl)

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  • Heilige Kinder, 16. Jhd. (31,5 × 43 cm, Öl auf Holz; Madrid, Museo del Prado, Inv. Nr. P007866)
  • Porträt des Jean de Carondelet, um 1508 (39,6 × 30,3 cm, Öl auf Holz; Toledo, Museum of Art, Inv. Nr. 1935.58)
  • Christus am Ölberg, um 1509/10 (85,9 × 63,9 cm, Öl auf Eichenholz; Berlin, Gemäldegalerie, Inv. Nr. 551A)[3]
  • Anbetung der Könige, um 1510/15 (179,8 × 163,2 cm, Öl auf Eichenholz; London, National Gallery, Inv. Nr. 2790)
  • Christus mit Maria und Johannes dem Täufer, um 1510/20 (122 × 133, Öl auf papierbespanntem Holz; Madrid, Museo del Prado, Inv. Nr. P001510)
  • Porträt von Heinrich III. von Nassau, um 1516 (57,2 × 45,8 cm, Öl auf Holz; Fort Worth, Kimbell Art Museum, Inv. Nr. 1979.30)
  • Neptun und Amphitrite, 1516 (191,0 × 128,4 cm, Öl auf Eichenholz; Berlin, Gemäldegalerie, Inv. Nr. 648)[4]
  • Carondelet-Diptychon, 1517 (53 × 37 cm, Öl auf Holz; Paris, Louvre, Inv. Nr. 1442+1443)
  • Porträt eines älteren Ehepaars, um 1520 (48,1 × 69,2 cm, Öl auf pergamentbespannter Leinwand; London, National Gallery, Inv. Nr. 1689)
  • Adam und Eva, um 1520 (168,9 × 111,4 cm, Öl auf Holz; London, National Gallery, Inv. Nr. L14)
  • zwei Flügel des sog. Salamanca-Triptychons, 1521 (120 × 47 cm, Öl auf Holz; Toledo, Museum of Art, Inv. Nr. 1952.85A+B)
  • Maria mit dem Kind, um 1525/30 (47,7 × 37,8 cm, Öl auf Eichenholz; Berlin, Gemäldegalerie, Inv. Nr. 650)[5]
  • Porträt eines Mannes mit Rosenkranz, um 1525/30 (69 × 49,1 cm, Öl auf Eichenholz; London, National Gallery, Inv. Nr. 656)
  • Danaë, 1527 (144,3 × 95,3 cm, Öl auf Eichenholz; München, Alte Pinakothek, Inv. Nr. 38)
  • Maria mit dem Kind, 1527 (30,6 × 24,5 cm, Öl auf Eichenholz; München, Alte Pinakothek, Inv. Nr. WAF 306)
  • Maria mit dem Kind, 1527 (30,7 × 24,3 cm, Öl auf Eichenholz; London, National Gallery, Inv. Nr. 1888)
  • Maria mit dem Kind, um 1527/30 (63 × 50 cm, Öl auf Holz; Madrid, Museo del Prado, Inv. Nr. P001930)
  • Porträt einer jungen Prinzessin (Dorothea von Dänemark?), um 1530/32 (38,2 × 29,1 cm, Öl auf Eichenholz; London, National Gallery, Inv. Nr. 2211)
  • Porträt des Francisco de los Cobos y Molina, um 1530/32 (43,8 × 33,7 cm, Öl auf Holz; Los Angeles, J. Paul Getty Museum, Inv. Nr. 88.PB.43)
  • Porträt eines Mannes mit Handschuh, um 1530/32 (24,3 × 16,8 cm, Öl auf Eichenholz; London, National Gallery, Inv. Nr. 946)

Literatur

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  • Alfred Woltmann: Gossart genannt Mabuse, Jan. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 404–406.
  • Ernst Weisz: Jan Gossart gen. Mabuse. Sein Leben und seine Werke. Ein monographischer Versuch und Beitrag zur Geschichte der vlämischen Malerei in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. Freise, Parchim 1913.
  • Friedrich Winkler: Die Anfänge Jan Gossarts. In: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 42 (1921), S. 5–19.
  • Achille Segard: Jean Gossart dit Mabuse. Van Oest, Brüssel/Paris 1923.
  • Max J. Friedländer: Jan Gossart, Bernart van Orley (= Die altniederländische Malerei. Band 8). Cassirer, Berlin 1930.
  • Gert von der Osten: Studien zu Jan Gossarts. In: Millard Meiss (Hrsg.): De Artibus Opuscula XL. Essays in honor of Erwin Panofsky. Meiss, New York 1961, Bd. 1, S. 454–475.
  • Henri Pauwels u. a. (Hrsg.): Jan Gossaert genaamd Mabuse. Ausstellungskatalog. Rotterdam 1965.
  • Cornelius Müller Hofstede: Bermerkungen zur Lukas-Madonna von Jan Gossaert in Prag. In: Miscellanea 16 (1969), S. 39–43.
  • Paul Wescher: Neue Beiträge zum Schaffen des Jan Gossaert. In: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 32 (1970), S. 99–112.
  • Sadja Jacob Herzog: Jan Gossart called Mabuse (ca. 1478–1532). A Study of his Chronology with a Catalogue of his Works. Ann Arbor 1989.
  • Ariane Mensger: Jan Gossaert. Die niederländische Kunst zu Beginn der Neuzeit. Reimer, Berlin 2002.
  • Olga Kotková, Adam Pokorný: Technological Research into the Painting „St. Luke Drawing the Virgin“ by Jan Gossaert, called Mabuse. In: Bulletin of the National Gallery in Prague 18/19 (2008/09), S. 31–41.
  • Duncan Bull: Jan Gossaert und Jacopo Ripanda on the Capitoline. In: Simiolus. Netherlandish Quaterly of the History of Art 34 (2009/10), S. 89–94.
  • Ariane Mensger: „Nostrae aetatis Apelles“. Der niederländische Hofkünstler Jan Gossaert (1478–1532). In: Matthias Müller (Hrsg.): Apelles am Fürstenhof. Facetten der Hofkunst um 1500 im Alten Reich. Ausstellungskatalog. Lukas-Verlag, Berlin 2010, S. 98–111.
  • Maryan W. Ainsworth (Hrsg.): Man, Myth, and Sensual Pleasures. Jan Gossart’s Renaissance. The Complete Works. Ausstellungskatalog. Yale University Press, New York 2010.
  • Lorne Campbell: The Patron of Jan Gossaert’s ‚Adoration of the Kings‘ in the National Gallery, London. In: The Burlington Magazine 152 (2010), S. 86–89.
  • Nadine M. Orenstein: Jan Gossaert’s Mocking of Christ. A Reversal of States. In: Print Quarterly 28 (2011), S. 249–255.
  • Marisa Anne Bass: Jan Gossaert’s „Neptune and Amphitrite“ reconsidered. In: Simiolus. Netherlandish Quaterly of the History of Art 35 (2011),S. 61–83.
  • Stijn Alsteens: An overlooked Attribution to Jan Gossaert. In: The Burlington Magazine 153 (2011), S. 76–80.
  • Sytske Weidema, Anna Koopstra: Jan Gossart. The Documentary Evidence. Harvey Miller, London 2012.
  • Maryan W. Ainsworth, Ana Sánchez-Lassa: La sagrada familia de Jan Gossart. In: Buletina de Museo de Bellas Artes de Bilbao 6 (2012), S. 73–112.
  • Marisa Anne Bass: Jan Gossaert and the Invention of Netherlandish Antiquity. Princeton 2016.
  • Haohao Lu: Enacting the Erotic Body. Pictorial and Spectatorial Evocations of Corporeality among Jan Gossaert and his Patrons. In: Walter S. Melion u. a. (Hrsg.): Ut pictora amor. The Reflexive Imagery of Love in Artistic Theory and Practice, 1500–1700 (= Intersections. Band 48). Brill, Leiden/Boston 2017, S. 139–157.
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Commons: Jan Gossaert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Nikolai N. Nikulin: Netherlandish Painting. Fifteenth and Sixteenth Centuries (= The Hermitage Catalogue of Western European Painting. Band 5). Giunti, Florenz 1989, S. 102.
  2. Flämische Maria zum Rekordpreis, FAZ, 5. April 2014, S. 16 (online)
  3. Christus am Ölberg. In: Sammlungen Online. Staatliche Museen zu Berlin, abgerufen am 18. Juli 2024.
  4. Neptun und Amphitrite. In: Sammlungen Online. Staatliche Museen zu Berlin, abgerufen am 18. Juli 2024.
  5. Maria mit dem Kind. In: Sammlungen Online. Staatliche Museen zu Berlin, abgerufen am 18. Juli 2024.