Der Jüdische Friedhof in der kreisfreien Stadt Kempten im Allgäu ist eine kleine Bestattungsstelle für die Angehörigen der jüdischen Religion. Die letzte Bestattung fand im Jahr 2008 mit Sondergenehmigung statt, die Stätte ist eigentlich seit 1981 für weitere Beerdigungen geschlossen gewesen. Es war der Friedhof der Jüdischen Gemeinde Kempten.

Der jüdische Friedhof in Kempten

Geschichte

Bearbeiten

Der 1550 Quadratmeter große jüdische Friedhof wurde in den 1870er Jahren (vor 1876) von der jüdischen Filialgemeinde Kempten angelegt und liegt westlich des katholischen Friedhofs. Damit der jüdische Friedhof von den Nazis unbeschadet blieb, wurde auf Bürgermeister Otto Merkts Initiative eine Hecke um die kleine Fläche angelegt und der Friedhof am 20. Mai 1939 von der Stadt übernommen.[1] In einer Ecke hinter dem Jüdischen Friedhof befindet sich ein Grabstein für nichtjüdische Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, die während des Zweiten Weltkriegs dort beerdigt wurden.

 
1960 errichteter Gedenkstein für 16 jüdische KZ-Opfer (2023)

Im Jahre 1960 wurde innerhalb des von einer Thuja-Hecke und Drahtzaun eingefriedeten Friedhofs ein Gedenkstein mit den Namen von 16 in der NS-Zeit ermordeten Kemptener Bürgern jüdischer Konfession aufgestellt:[1] Die kaum lesbare Inschrift auf dem Gedenkstein für diese 16 jüdischen KZ-Opfer aus Kempten unterhalb des Davidsterns lautet:[2]

Oskar und Hedwig Hauser
Mathilde Kohn ∙ Hedwig
Kohn ∙ Julius Kohn ∙ Edith
Landauer ∙ Else Liebenthal
Gertrud Liebenthal ∙ Bella
Kleeblatt ∙ Martha Kleeblatt
Rosa Loew ∙ Elvira Stein
Sigmund Ullmann
Louis Viktor ∙ Samuel
und Julie Walter
Sie alle lebten in Kempten
1942 1945[2]

umrahmt im Uhrzeigersinn von links nach rechts von folgendem Psalm:[2]

Der Du mich hast schauen lassen viel Not und Leiden
Du wirst wiederum mich beleben und aus
den Tiefen der Erde mich wiederum erheben Psalm 71/20[2]

 
Vorerst das letzte Grab auf dem Friedhof: 2008 wurde mit einer Ausnahmegenehmigung Esther Dobias bestattet.

1954 wurde die erste jüdische Beerdigung nach dem Zweiten Weltkrieg von zahlreichen Interessierten verfolgt. Ein Jahr darauf übernahm der Landesverband der Israeliten den Friedhof von der Stadt. In den Jahren 1970 und 1981 erfolgten die vorerst letzten Beerdigungen auf dem Friedhof. Der Friedhof wurde daraufhin 1981 geschlossen. Im Jahre 2008 fand eine Bestattung mit einer Ausnahmegenehmigung statt. Bei dieser Bestattung wurde die mit 97 Jahren in Kempten verstorbene Else „Esther“ Dobias in der Nähe ihrer Schwester Adele beerdigt, wie sie es gewünscht hatte. Zwei Mitarbeiter eines jüdischen Bestattungsunternehmens schaufelten von Hand das Grab, weil der Friedhof so eng war, dass der Einsatz eines Baggers unmöglich war. Die Beisetzung nahm der Rabbiner Henry G. Brandt vor.[1]

Literatur

Bearbeiten
  • Ralf Lienert: Die Geschichte der Juden in Kempten. Selbstverlag, Kempten 1998, OCLC 163840888 (178 S.).
  • Constanze Werner: KZ-Friedhöfe und -Gedenkstätten in Bayern – Wenn das neue Geschlecht erkennt, was das alte verschuldet… Hrsg.: Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. 1. Auflage. Schnell & Steiner, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7954-2483-1, KZ-Grabstätten auf dem Jüdischen Friedhof, Stadt Kempten (Allgäu), S. 247–249 (439 S.).
Bearbeiten
Commons: Jüdischer Friedhof – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b c alemannia-judaica.de: Jüdischer Friedhof Kempten (abgerufen am 7. April 2012)
  2. a b c d Constanze Werner: KZ-Friedhöfe und -Gedenkstätten in Bayern – Wenn das neue Geschlecht erkennt, was das alte verschuldet… Hrsg.: Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. 1. Auflage. Schnell & Steiner, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7954-2483-1, KZ-Grabstätten auf dem Jüdischen Friedhof, Stadt Kempten (Allgäu), S. 247–249; hier: S. 248 f. (439 S.).

Koordinaten: 47° 44′ 6,3″ N, 10° 18′ 37,9″ O