Eine jüdische Gemeinde in Gemmingen, einem Ort im Landkreis Heilbronn im nördlichen Baden-Württemberg, hat nach dem Nachweis einzelner Juden bis zurück ins 17. Jahrhundert, insbesondere ab dem 18. Jahrhundert bestanden.

Geschichte Bearbeiten

Die Freiherren von Gemmingen teilten sich ab 1664 die Herrschaft über Gemmingen mit den Herren bzw. Grafen von Neipperg. Von den zwei Linien der Herren von Gemmingen, die an der Herrschaft über diesen gemmingschen Teil beteiligt waren, verkaufte eine 1664 ihren Anteil an Württemberg. Nun waren drei Ortsherrschaften beteiligt. Die Juden bezahlten seit der Mitte des 17. Jahrhunderts ein jährliches Schutzgeld, ein einmaliges Aufnahmegeld und ein jährliches Entgelt für Weide und Wasser sowie Befreiung vom Botengehen. Haupterwerbszweig war der Viehhandel, weshalb sie auch ihr Vieh bei der Gemeindeherde mitlaufen ließen. Von der Herrschaft von Gemmingen wurde ab 1771 ein Oberrabbiner eingesetzt, der das Gemeindeleben der jüdischen Gemeinde im religiösen und zivilen Leben regeln sollte.

Die Gemminger Juden wurden 1827 dem Rabbinatsbezirk Sinsheim und 1877 dem Rabbinatsbezirk Bretten zugeordnet. Um 1821 wurde eine Synagoge erbaut, daneben befand sich die jüdische Schule, in dem sich die Mikwe, die Wohnung des Lehrers und das Schullokal befanden.

1897 begannen Abraham Oppenheimer und auch Moses Richheimer mit jeweils mehreren Angestellten die Zigarrenproduktion. Der Anteil jüdischer Unternehmer in diesem Geschäftszweig ist in der Geschichtsschreibung über den Kraichgau bisher kaum erwähnt worden. Im Ersten Weltkrieg starben fünf Juden aus Gemmingen.

Nationalsozialistische Verfolgung Bearbeiten

In den ersten Jahren nach 1933 hatten die Juden zunächst noch ihr Einkommen, mussten dann aber ihre Geschäfte schließen und wanderten nach Nord- und Südamerika aus oder zogen nach Karlsruhe und in andere größere Städte. (…) Die letzten noch im Ort verbliebenen 7 älteren Juden wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert.[1]

Das Gedenkbuch des Bundesarchivs verzeichnet 48 in Gemmingen geborene jüdische Bürger, die dem Völkermord des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fielen.[2]

Gemeindeentwicklung Bearbeiten

Jahr Gemeindemitglieder Bemerkung
1710 8 Personen im Teil der Herren von Gemmingen
1718 5 Personen wie oben
1728 9 Familien wie oben
1740 10 Familien wie oben
1751 12 Familien wie oben
1758 16 Familien wie oben
1762 17 Familien mit 100 Personen wie oben
1795 16 Familien davon 3 im Teil der Grafen von Neipperg
1825 122 Personen nun in allen drei Ortsteilen
1839 181 Personen wie oben
1864 291 Personen wie oben
1875 190 Personen wie oben
1900 157 Personen wie oben
1933 47 Personen wie oben

Bürgerliche Namen Bearbeiten

Als alle Juden im Großherzogtum Baden 1809 erbliche Familiennamen annehmen mussten, nahmen die 16 Familienvorstände der Gemminger Juden folgende Namen an: Bischofsheimer (2), Gutmann (1), Hut bzw. Kanhut (2), Oppenheimer (3), Rastatter (1), Richheimer (2), Rothschild (1), Rost (1), Uhlmann (1), Weisenburger (1) und Wertheimer (1).

Persönlichkeiten Bearbeiten

  • Hugo Richheimer, Direktor der Schaumweinvertriebs AG in Frankfurt am Main, er stiftete 1922 für die Ortsarmen 5 000 Mark, damals eine stattliche Summe, und wurde Ehrenbürger von Gemmingen.

Bestattungen Bearbeiten

Bevor der jüdische Friedhof Eppingen 1818/19 fertiggestellt wurde, hatten die Gemminger Juden ihr Begräbnis in Heinsheim, Flehingen oder in Waibstadt. Auf dem jüdischen Friedhof in Eppingen sind ab 1822 insgesamt 242 Bestattungen aus Gemmingen erfolgt. Es tauchen vor allem die Namen aus der Liste von 1809 auf: Kahn/Kahnhut/Kahngut (45), Oppenheimer (35), Richheimer (29), Ottenheimer (23), Wertheimer (18), Rothschild (12), Gutmann (11), Weissenburger (8).

Literatur Bearbeiten

  • Wolfram Angerbauer, Hans Georg Frank: Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. Geschichte, Schicksale, Dokumente. Landkreis Heilbronn, Heilbronn 1986 (Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn. Band 1), S. 73–80.
  • Ralf Bischoff, Reinhard Hauke (Hrsg.): Der jüdische Friedhof in Eppingen. Eine Dokumentation. Eppingen 1989 (Rund um den Ottilienberg. Band 5).
  • Joachim Hahn und Jürgen Krüger: Synagogen in Baden-Württemberg. Band 2: Joachim Hahn: Orte und Einrichtungen. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1843-5 (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland. Band 4), S. 143–145.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Angerbauer/Frank (s. Literatur), S. 80
  2. Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 - 1945. Abgerufen am 29. Oktober 2009.