Illegaler Nationalsozialist

Nazis in Österreich von 1933 bis 1938

Die Bezeichnung illegaler Nationalsozialist bezieht sich auf Personen in Österreich, die zwischen 1933 und 1938, in der Zeit der Ersten Republik, Aktivitäten für die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ausführten oder ihr beitraten, obwohl die Partei durch ein Dekret des Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß am 19. Juni 1933 verboten worden war. Dieses Verbot blieb bis zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März 1938 in Kraft. Diejenigen, die sich in dieser Zeit dennoch für die NSDAP engagierten oder ihr über Untergrundzellen beitraten, galten als „Illegale“.[1][2]

Historischer Kontext Bearbeiten

Die NSDAP, die in Deutschland bereits an der Macht war, wurde in Österreich nach der Ausschaltung des Nationalrates durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß per Dekret verboten. Das Verbot markierte den Beginn einer Phase, in der Unterstützer der Partei in Österreich ihre Aktivitäten im Geheimen fortsetzten.[1]

Forschung und Phaseneinteilung Bearbeiten

Laut dem Historiker Gerhard Botz lassen sich drei Phasen von NSDAP-Beitritten in Österreich vor 1939 unterscheiden:[3]

  1. „Alte Kämpfer“: Personen, die der NSDAP, SA, SS oder anderen Nazi-Gruppen vor dem Verbot am 19. Juni 1933 beitraten
  2. Illegale Nationalsozialisten: Jene, die zwischen dem 19. Juni 1933 und dem 11. März 1938 der NSDAP beitraten und als „Illegale Nationalsozialisten“ im engeren Sinne
  3. Nach dem Anschluss: Personen, die nach dem 12. März 1938 offiziell der NSDAP oder anderen NS-Vereinigungen beitraten

Historiker stellten fest, dass in der Praxis jeder Aktive vor dem 12. März 1938 als „Illegaler“ bezeichnet wird, auch weil alle Parteimitglieder in Österreich vor dem Anschluss nachträglich mit dem symbolischen Datum „1. Mai 1938“ in die NSDAP neu aufgenommen wurden.

Zahlen und soziale Zusammensetzung Bearbeiten

Es wird derzeit angenommen, dass der Anteil der Mitglieder, die erst nachträglich als „illegal“ eingestuft wurden, bei etwa 30.000 bzw. 40 % der zum 1. Mai 1938 Aufgenommenen liegen könnte. Mit einer Gesamtzahl von 167.300 NSDAP-Beitritten in Österreich bis März 1938, gab es zwischen 30.000 und 43.000 Mitglieder, die nachträglich das Attribut „illegal“ erhielten.[4] Eine Untersuchung der sozialen Komposition dieser Gruppe zeigt eine diverse Zusammensetzung, mit einem signifikanten Anstieg des Frauenanteils von 12 Prozent im Jahr 1933 auf 28 Prozent bis Mai 1938.[1]

Nachkriegszeit Bearbeiten

In der Nachkriegszeit in Österreich waren für die Gruppe der Illegalen die schwersten Sühne-Strafen vorgesehen. Von den 536.000 in Österreich 1946 registrierten „Ehemaligen“ wurden etwa 100.000 als illegal eingestuft. Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung der Illegalen als zentralen Kern der nationalsozialistischen Bewegung in Österreich während der Verbotszeit.

Literatur Bearbeiten

  • Hans Schafranek, Herbert Blatnik (Hrsg.): Vom NS-Verbot zum Anschluss. Steirische Nationalsozialisten 1933 bis 1938. Czernin Verlag, Wien, 2016.
  • Hans Schafranek: Österreichische Nationalsozialisten in der Illegalität 1933–1938. Ein Forschungsbericht. In: Florian Wenninger, Lucile Dreidemy (Hrsg.): Das Dollfuß/Schuschnigg-Regime 1933–1938. Vermessung eines Forschungsfeldes. Böhlau, Wien, 2013, S. 105–137. ISBN 978-3-205-78770-9.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Hans Schafranek: Österreichische Nationalsozialisten in der Illegalität 1933–1938. Ein Forschungsbericht researchgate.net, abgerufen am 18. Februar 2024
  2. Verfassungsgesetz vom 8. Mai 1945 über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz), Abschnitt III, ns-quellen.at, abgerufen am 18. Februar 2024
  3. Gerhard Botz: Strukturwandlungen des österreichischen Nationalsozialismus (1904-1945) [1981]. In: Historische Sozialforschung. Supplement. Band 28, 2016, S. 225–226.
  4. Die „Illegalen“ von Niederösterreich Science ORF, 2. Januar 2016, abgerufen am 18. Februar 2024