Gelbtafel

Tafeln, die zur Schädlingskontrolle eingesetzt werden

Gelbtafeln oder Gelbsticker, auch allgemein Leimtafeln,[1] Farbtafeln, Insektentafeln oder Gelbfallen,[2] sind gelbe, mit Klebstoffen versehene Papp- oder Kunststofftafeln, die hauptsächlich zur Schädlingskontrolle und bei einzelnen Schädlingen auch zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es Klebetafeln in anderen Farben wie weiß (Weißtafel), grün, rot oder blau. Letztere ist auch als Blautafel bekannt.[3]

Gelbtafel zwischen Balkonpflanzen

Im Gegensatz zu Lockstofffallen enthalten sie in der Regel keine Pheromone.

Zweck Bearbeiten

Verwendet werden Gelbtafeln vor allem zur Früherkennung von fliegenden Schadinsekten wie Kirschfruchtfliege, Kirschessigfliege, Grüne Rebzikade,[4] Weiße Fliegen,[1][5] Geflügelten Blattläusen, Möhrenfliege,[6] Minierfliegen, Trauermücken, Spargelfliege,[7] Holzbohrer,[8] Kohlstängelrüssler, Rapsglanzkäfer[2] und vielen anderen. Gerade in Wohnräumen ist bei geringem Befall auch eine Bekämpfung von Schadinsekten möglich. So kann bestenfalls auf den Einsatz von Spritzmitteln verzichtet werden.

Beschaffenheit Bearbeiten

Als Grundlage für Gelbtafeln werden gelb gefärbte Tafeln aus Karton oder gelbem Kunststoff verwendet. Diese sind mit einem farblosen Klebstoff, der nicht austrocknet, wie Kolophonium, Polyisobutylen oder anderen Verbindungen beschichtet.

Bei den Gelbtafeln des Typs Rebell bestehen die Tafeln aus Polystyrol, sind mit cadmiumfreien Farben eingefärbt und mit Insektenleim bestrichen. Der Kleber ist mit Reinbenzin abwaschbar. Die Tafeln können wiederverwendet werden.[8]

Die Giftigkeit ist bei allen verwendeten Klebern vernachlässigbar. Sie haben eine geringe hautreizende Wirkung und dürfen normalerweise sogar mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Diese Kleber werden beispielsweise auch für Markenetiketten auf Obst verwendet.

Andersfarbige Varianten Bearbeiten

Verschiedene Farbtöne locken verschiedene Schädlinge an. So werden grüne geleimte Plastikstäbe (Stableimfallen) eingesetzt, die zum Monitoring der Spargelfliege dienen, indem sie ähnlich wie aufwachsende Spargelstangen aussehen.[7] Weiße Fangtafeln eignen sich zur Kontrolle der Apfelsägewespe.[9] Die für den Holzbohrer verwendeten Fallen sind dunkelrosa.[8] Bei einigen Thrips-Arten kann mit blau gefärbten Tafeln die Schädlingspopulation so gemindert werden, dass keine Behandlung mit Insektiziden nötig wird. Die Thripse werden jedoch nicht zu 100 % erfasst.[10][11][12][3]

Geometrievarianten Bearbeiten

Um die Tafeln für die Insekten besser sichtbar zu machen, können sie rechtwinklig ineinander gesteckt werden.[13] Möhrenfliegenfallen werden zur Verbesserung der Fangergebnisse in einem Winkel von 45° in einen Holzpfahl mit vorbereitetem Schlitz gesteckt.[14] Einige Gelbtafeln sind auch mit einem aufgedruckten Raster versehen, um das Auszählen bei der Schädlingskontrolle zu vereinfachen.[15] Eine weitere Abwandlung sind Leimringe, die um den Trieb der Pflanze gelegt werden.

Verwendung von Lockstoffen Bearbeiten

In einem Versuch wurde in die Gelbtafel aus Plastik eine kirschfarbene Kugel mit Lockstoff eingebaut.[16] Bei Thrips wird der Lockstoff Anisaldehyd verwendet, womit bei der Bekämpfung verbesserte Fangzahlen erreicht werden.[17][18][19][20]

Einsatzort, Funktionsweise und Wirkung Bearbeiten

 
Gelbsticker nach der „Ernte“, an einem Pfirsichbaum

Aufgehängte oder in das Pflanzsubstrat gesteckte Gelbsticker sind für den professionellen und den privaten Einsatz vorgesehen. In unterschiedlichen Ausführungen können sie sowohl in beliebigen geschlossenen Räumen wie Wohnräumen, Treibhäusern oder Wintergärten als auch im Freigelände oder auf Balkonen Verwendung finden. Der Einsatz im Freien ist möglich, wenn Tafeln, Kunststoff und Kleber wasserunlöslich und weitgehend hitzebeständig sind.

Die Funktionsweise beruht auf der Affinität der Insekten zu den Farben Gelb, Blau, Grün oder Weiß; bei Berührung der Leimschicht der Tafel bleiben sie kleben. Die Anzahl der gefangenen Tiere gibt nicht die genaue Befallsstärke an, sie ist nur ein Indikator für erstes Auftreten und zum Erfassen der jeweiligen Flugstärke geeignet. Hierzu werden die Fangtafeln mit immer gleicher Größe und Farbnuance wöchentlich kontrolliert, ausgezählt und durch neue Tafeln ersetzt.[1] Die Gelbtafeln sind dazu mit 10 cm dicht über dem Bestand bis maximal 30 cm über der Pflanzenoberfläche befestigt.[21][22][23][24]

Die Wirkung gegen Weiße Fliegen in Tomatenkultur zeigte sich in Sizilien, wo mit 5 m² großen Tafeln gute Bekämpfungseffekte beobachtet wurden.[25] Jedoch bringt der Einsatz von Gelbtafeln als Bekämpfungsmaßnahme gegen die Kirschfruchtfliege keinen Erfolg.[26][27][28][29][30] Gegen Rhododendronzikaden werden gute Erfolge erzielt, aber ohne eine vollständige Beseitigung des Befalls zu erreichen. Auch hier werden viele andere Insekten, besonders Fliegen, mitgefangen.

 
Rhododendronzikaden und Fliegen auf einer Gelbtafel

Risiken der Anwendung Bearbeiten

Wildvögel können an den Gelbtafelfallen kleben bleiben.[31] Der Klebstoff lässt sich nicht aus dem Gefieder entfernen. Kleinere Vogelarten und Fledermäuse bleiben mit dem ganzen Körper an der Gelbtafel kleben und erleiden einen langsamen Tod. Größere Arten riskieren, einen lebensbedrohlichen Gefiederschaden zu erleiden. Sie werden flugunfähig, wenn die Schwungfedern betroffen sind, oder können ihren Wärmehaushalt nicht mehr kontrollieren, wenn sie Körperfedern in größerem Ausmaß verlieren. Die Wirkung der Fallen ist den beim Vogelfang verwendeten und verbotenen Leimruten gleichzusetzen.

 
Amsel, die an einer Gelbtafel kleben geblieben ist

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c W. Wohanka: Pflanzenschutz im Zierpflanzenbau – 8.1.3 Kontrolle der Pflanzen. Eugen Ulmer KG, Stuttgart, 2006, ISBN 3-8001-4409-3, S. 205–207.
  2. a b C. Daniel und N. Messerli: Rapsglanzkäfer. Merkblatt 1483, FiBL, Frick, 2009.
  3. a b H. Börner: Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz – 10.4.5 Thysanoptera (Thripse/Fransenflügler). 8. Auflage, Springer, 2009, ISBN 978-3-540-49067-8, S. 206–208.
  4. J.V. Herrmann, P. Eichler und K. Guedova: Erfahrungen mit der Grünen Rebzikade (Empoasca vitis) im fränkischen Weinbaugebiet. In: Rebe und Wein Nr. 7, 1999.
  5. G. van Belle: Gewasbescherming tomaat draait om Macrolophus en scouten. In: Groenten en Fruit week 8, 2008, S. 14.
  6. C. Sauer und S. Fischer: Die Möhrenfliege (Psila rosae). Merkblatt, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 2007.
  7. a b M.W. Otto: Populationsökologische Untersuchungen zur Spargelfliege (Platyparea poeciloptera) und Zwiebelfliege (Delia antiqua) unter besonderer Berücksichtigung des Einsatzes von Simulationsmodellen im Integrierten Pflanzenschutz. Dissertation, Universität Bayreuth, 2002.
  8. a b c U. Redmund und E. Boller: Holzbohrerfalle – Typ REBELL® rosso – Holzbohrerfalle Zur Flugüberwachung oder Befallsreduktion des Ungleichen Holzbohrers, Xyleborus dispar, im Obst und Weinbau. Merkblatt Nr. 008, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1988.
  9. H. Börner: Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz – 17.2 Fang- und Selektionsmaßnahmen. 8. Auflage. Springer, 2009, ISBN 978-3-540-49067-8, S. 413.
  10. P. Lieten: Nützlingseinsatz im europäischen Erdbeeranbau. In: Spargel & Erdbeer Profi Nr. 1, 2007, S. 58–60.
  11. G.F. Brødsgård: Frankliniella occidentalis (Thysanoptera, Thripidae) – a new pest in Danish Glasshouses. – A review. In: Danish Journal of Plant and Soil Science Nr. 93, S. 83–91.
  12. A. Bühler und E. Zohren: Blautafeln zur Früherkennung und Befallskontrolle von Thripsbefall – insbesondere durch Frankliniella occidentalis – in Zierpflanzengärtnereien und Jungpflanzenbetrieben. In: Gesunde Pflanzen Nr. 44, Vol. 8, 1992, S. 268–270.
  13. U. Redmund und E. Boller: Fruchtfliegenfallentyp Amarillo® – Für die Kirschenfliege (Rhagoletis cerasi), andere Fruchtfliegen sowie den Grossen und Kleinen Rapsstengelrüssler (Ceutorrhynchus napi / C. quadriens). Merkblatt Nr. 010, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1998.
  14. U. Redmund und E. Boller: Möhrenfliegenfalle – Typ REBELL® orange. Merkblatt Nr. 008, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1988.
  15. C. März: Basiswissen Gemüsebau – Alles Bio-Pflanzenschutz oder was? in: Gemüse Nr. 6, 2009.
  16. K. Geipel und W. Kreckel: Bekämpfung der Kirschfruchtfliege. Versuchsbericht orgprints.org, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenschutz, 2004.
  17. W.D.J. Kirk: Effect of some floral scent on host finding by thrips (insecta: Thysanoptera). In: Journal of Chemical Ecology Nr. 11, 1985, S. 35–43.
  18. N.N.: Lokstoffen voor eerdere tripswaarneming. In: Groenten en Fruit week 43, 2005, S. 20.
  19. R. van Tol und W.J. de Kogel: Nieuwe lokstof tegen trips sterkt telers. In: Groenten en Fruit week 20, 2007, S. 8–9.
  20. R. van Tol, W.J. de Kogel und D. Teulon: Nieuwe tripslokstoffen ondersteunen telers bij plaagbeheersing. In: Proeftuinnieuws Nr. 12, 2007, S. 27–28.
  21. C. Kesper: Überwachung des Schädlingsbefalls im Gewächshaus. In: Der Gemüsebau Nr. 8, 1997, S. 4–5.
  22. H. Schneller: Spinnmilben und Thripse bei Rosen. In: Deutscher Gartenbau Nr. 7, 2008.
  23. H. Schneller: Mit Leimtafeln den Bestand überwachen. In: Deutscher Gartenbau Nr. 17, 2008.
  24. H. Schneller: Mit Leimtafeln den Bestand überwachen II. In: Deutscher Gartenbau Nr. 19, 2008.
  25. R. Albert u. a.: Biologischer Pflanzenschutz im Gewächshaus – 3.4 Biologische Bekämpfung der Mottenschildläuse (Aleyrodidae). Eugen Ulmer KG, Stuttgart, 2007, ISBN 978-3-8001-4772-4, S. 96–105.
  26. P. Epp: Untersuchungen zum Einsatz von Gelbtafeln zur Prognose und Befallsminderung der Kirschfruchtfliege Rhagoletis cerasi. Obstbauliche Versuchsberichte Baden-Württemberg, 12. Jahrg. (Hrsg.): Ministerium Ländlicher Raum Baden-Württemberg, 1998.
  27. J. Fauriel und L. Reynaud: La lutte contre la mouche de la cerise Rhagoletis cerasi en agriculture biologique. Journées Techniques Nationales Arboriculture, 1998, S. 39–52.
  28. U. Remund: Anwendungsmöglichkeiten einer wirksamen visuellen Wegwerffalle für die Kirschfruchtfliege (Rhagoletis cerasi L.). Schweizerische Zeitschrift für Obst- und Weinbau Nr. 107, 1971, S. 196–205.
  29. U. Remund und E. F. Boller: Entwicklung und Anwendungsmöglichkeiten einer neuen visuellen Falle für die Kirschenfliege, Rhagoletis cerasi L. Zeitschrift für Angewandte Etymologie Nr. 77, 1975, S. 348–353.
  30. K. Russ et al.: Development and application of visual traps for monitoring and control of populations of Rhagoletis cerasi L. Entomophaga Nr. 18, Vol. 1, 1973, S. 103–116.
  31. Gefiedererkrankungen und -veränderungen. In: Wildvogelhilfe.org. Abgerufen am 3. April 2021 (deutsch).