Das Filmatelier Göttingen war ein Filmstudio in Göttingen, in dem rund 100 Filme entstanden sind.[1]

Dreharbeiten im Filmatelier Göttingen zu dem Film Alles für Papa (1953)

Geschichte

Bearbeiten

Die am 21. August 1948 eröffneten Filmstudios entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg in einer 1935 erbauten Halle der Aerodynamischen Versuchsanstalt (AVA), die zuvor für Flugversuche genutzt worden waren. Die Filmateliers waren zuerst im Besitz der Filmaufbau Göttingen GmbH, die von Hans Abich und Rolf Thiele gegründet worden war. Diese mussten den Atelierbetrieb bereits nach ihrem ersten Film Liebe 47 an die neugegründete Filmatelier Göttingen GmbH (im Eigentum der Hamburger Vereinsbank) verkaufen.[2]

In den folgenden Jahren entwickelte sich das Filmstudio zu einem der wichtigsten Filmzentren in Westdeutschland. Der Betrieb verfügte über eigene Werkstätten, sogar für Stuckateurarbeiten, ein Kopierwerk, ein Synchronisations- und ein Trickfilmstudio sowie über ein eigenes Gästehaus. Bis 1956 drehte die Filmaufbau sämtliche Produktionen vor Ort und viele kleinere Filmfirmen siedelten sich ebenfalls in Ateliernähe an, darunter die 1949 gegründete Hans-Domnick-Filmproduktion. Darüber hinaus mieteten sich andere Produktionsfirmen im Atelier ein. Ende der fünfziger Jahre wird die Deutsche Film Hansa zur Hauptmieterin der Ateliers. Die größte Auslastung hatten die Ateliers in der Saison 1958/59.[3]

Wesentlichen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg des Ateliers hatte der Filmarchitekt Walter Haag. Für die Bauten des Films Hunde, wollt ihr ewig leben? erhielt er 1959 den Bundesfilmpreis. Für den Film Nacht fiel über Gotenhafen baute Walter Haag auf dem Freigelände des Ateliers eine rotierende „Schaukel“, auf welcher das nachgebaute Deck des Unglücksschiffes Wilhelm Gustloff montiert wurde. Zusätzlich konnten über die Kulisse mit einem Schlag 16 Kubikmeter Wasser gestürzt werden.[4] Die sogenannte „Haag-Schaukel“ kam auch bei dem Heinz-Erhardt-Film Drillinge an Bord zum Einsatz.[5]

Die bundesdeutsche Kinokrise, die um 1960 begann, verschonte auch die Göttinger Ateliers nicht. Die Deutsche Film Hansa zog sich nach der Fusion mit der UFA (Berlin) aus Göttingen zurück. Neue Produzenten konnten, bis auf wenige Ausnahmen, kaum noch gewonnen werden. Auch Versuche, Fernsehanstalten für eine Nutzung zu gewinnen, scheiterten. Am 31. Dezember 1961 wurden die Göttinger Filmstudios geschlossen.[6]

Ab 1970 wurde das Gebäude von der Deutschen Bundespost als Fernmeldezentrale genutzt. Mittlerweile gehört das Gelände der Sartorius AG.

Produktionen (Auswahl)

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Gustav Meier: Filmstadt Göttingen. Bilder für eine neue Welt? Zur Geschichte der Göttinger Spielfilmproduktion 1945 bis 1961 (Schriftenreihe des Landschaftsverbandes Südniedersachsen, Band 6). 2., überarbeitete Auflage, Northeim 1998
  • Michael Petzel: Filmstadt Göttingen. Ein Kapitel deutscher Filmgeschichte. Göttingen 2023

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Heute vor 70 Jahren: Eröffnung der Göttinger Filmateliers. Wo Heinz Erhardt und Dieter Borsche drehten. In: hna.de. 21. August 2018, abgerufen am 27. Mai 2022.
  2. Ehemaliges Filmatelier Göttingen: Zur Geschichte des Gebäudes. In: filmatelier-goettingen.de. Abgerufen am 20. Mai 2025.
  3. Lernwerkstatt Film und Geschichte: Filmatelier Göttingen GmbH. In: filmundgeschichte.com. Abgerufen am 20. Mai 2025.
  4. Lernwerkstatt Film und Geschichte: Kriegsfilme à la Wisbar. In: filmundgeschichte.com. Abgerufen am 20. Mai 2025.
  5. Göttinger Filmproduktionen 1948-61. In: filmatelier-goettingen.de. Abgerufen am 20. Mai 2025.
  6. Lernwerkstatt Film und Geschichte: Das letzte Kapitel. In: filmundgeschichte.com. Abgerufen am 20. Mai 2025.

Koordinaten: 51° 32′ 59,8″ N, 9° 53′ 24,8″ O