Festwalzen

umformendes Verfahren zur positiven Beeinflussung der Randzoneneigenschaften eines Bauteils

Das Festwalzen ist ein umformendes Verfahren zur positiven Beeinflussung der Randzoneneigenschaften eines Bauteils. Das Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass es als einziges mechanisches Verfahren zur Steigerung der Bauteillebensdauer sowohl eine Glättung der Oberfläche, eine Induzierung von Druckeigenspannungen als auch eine Kaltverfestigung der Randschichten bewirkt. Dieses Verfahren bietet sich insbesondere bei Bauteilen an, die unter Betriebsbedingungen dynamischer Beanspruchung unterliegen und deshalb durch Materialermüdung zerstört werden können. Durch das Zusammenspiel einer Verringerung der Rautiefe und der Kaltverfestigung ergeben sich bei Anwendung des Festwalzens eine bis zu fünffache Erhöhung der Schwingfestigkeit und somit eine spürbare Steigerung der Lebensdauer eines Bauteils.

Vorteile Bearbeiten

Das Festwalzen ist ein im Vergleich zu anderen Methoden (z. B. Kugelstrahlen) außerordentlich wirtschaftliches Verfahren, dessen Anwendungsbereich sich nahezu über das gesamte Spektrum der metallischen Werkstoffe erstreckt. Festwalz-Werkzeuge zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf konventionellen Werkzeugmaschinen eingesetzt werden können. Auf diese Weise kann ein Werkstück unmittelbar nach der Zerspanung in der gleichen Aufspannung festgewalzt werden. Rüstzeiten und Transportkosten entfallen somit.

Einsatzgebiete Bearbeiten

Die Einsatzgebiete des Festwalzens reichen vom allgemeinen Maschinenbau, dem Automobil- und Flugzeugbau, dem Motorenbau bis hin zur Kraftwerks- und Medizintechnik. Wann immer es gilt, die Betriebsfestigkeit eines metallischen Werkstoffs zu erhöhen oder Leichtbau-Lösungen zu realisieren, ist dieses Verfahren anwendbar.

Verwandte Verfahren Bearbeiten

Das Festwalzen ist ein dem Glattwalzen verwandtes Verfahren. Wie beim Glattwalzen wird die Randschicht in gleicher Weise mit Hilfe einer oder mehrerer Rollen bzw. Kugeln plastifiziert und umgeformt. Es unterscheidet sich vom Glattwalzen im Wesentlichen in der Zielsetzung. Während beim Glattwalzen eine bestimmte Oberflächengüte in Form eines spezifischen Rauhigkeitswertes erzielt werden soll, so ist beim Festwalzen die Betriebsfestigkeit zu erhöhen. Diese Steigerung der Bauteillebensdauer basiert zwar auch auf einer Glättung der Oberfläche, jedoch haben die erzielte Kaltverfestigung und die Induzierung von Druckeigenspannung in die Randzone einen deutlich signifikanteren Einfluss.

Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Verfahren liegt in der Qualitätsprüfung. Diese ist beim Glattwalzen trivial durch z. B. eine taktile Messung der Oberflächengüte durchzuführen. Beim Festwalzen jedoch lassen sich Parametereinflüsse durch Lebensdaueruntersuchungen, Messungen von Eigenspannungstiefenverläufen usw. nur durch Zerstörung des Bauteils verifizieren.

Auch die Qualitätskorrektur ist in dieser Hinsicht zwischen beiden Verfahren unterschiedlich. Beim Glattwalzen lässt sich ein nicht erreichter Oberflächenkennwert in den meisten Fällen durch einen wiederholten Bearbeitungsprozess erzielen. Beim Festwalzen müsste das Wiederholen eines Bearbeitungsprozesses im Grunde durch Tests und Untersuchungen verifiziert werden, was nur durch zerstörende Prüfverfahren realisierbar ist und das Festwalzen somit nicht wiederholbar ist. Für einen Serienprozess ist hier deshalb darauf zu achten, vorher definierte Bearbeitungsparameter (Festwalzkraft, Vorschub etc.) strikt einzuhalten. Besonders beim Festwalzen von sicherheitsrelevanten Bauteilen ist eine Prozessüberwachung zu empfehlen, wenn nicht sogar unabdingbar.

Varianten Bearbeiten

Für das Festwalzen sind unterschiedliche Prozesskinematiken realisierbar. Die einfachste Variante ist das Festwalzen im Einstichverfahren. Hierbei wird die Oberfläche an einer axialen Position mit der Rolle oder der Kugel kontaktiert, die Walzkraft über einige Umdrehungen aufgebaut und dann über mehrere Umdrehungen auf konstantem Level übertragen. Am Ende der Bearbeitung wird über einige abschließende Umdrehungen die Walzkraft wieder abgebaut. Der Auf- und Abbau der Walzkraft hat eine starke Relevanz, da es sonst zu Spannungsgradienten in der Randzone des Bauteils kommen kann, und somit ein frühzeitiger Ausfall des Bauteils begünstigt würde. Diese Kinematik wird primär angewendet, um z. B. Kerbwirkungen an Absätzen von wellenförmigen Bauteilen zu eliminieren.

Durch ein Hinzuschalten eines Vorschubs wird das Festwalzen im Vorschubverfahren durchgeführt, um z. B. zylindrische Flächen einfach und schnell bearbeiten zu können.

Werkzeuge mit hydrostatisch gelagerten Kugeln ermöglichen auch das Bearbeiten von ebenen und Freiformflächen. Hierbei wird der Wälzkörper in Form einer Kugel über ein Nachführsystem geführt. Der Anwender ist dadurch in der Lage, unterschiedlichste Bauteiltoleranzen und Maschinenelastizitäten in einem definierten Bereich zu kompensieren, ohne auf eine kontinuierlich konstante Walzkraft auf die Oberfläche verzichten zu müssen. Dies ermöglicht die Bearbeitung komplexer Geometrien mit immer gleich bleibender Prozessqualität. Besonders bei Bauteilen, die höchsten Sicherheitsanforderungen unterliegen, kommen nur kraftgesteuerte Werkzeuge zum Glatt- oder Festwalzen in Frage.

Das Prinzip dieser hydrostatischen Werkzeuge zum Glatt- und Festwalzen ermöglicht außerdem das Bearbeiten von Komponenten mit einer hohen Ausgangshärte. Werkzeuge mit mechanisch gelagerten Wälzkörpern werden in der Regel nur bis Ausgangshärten von 45 HRC (Rockwellhärte) eingesetzt. Über diese Härte hinaus wäre unter anderem der Verschleiß ein nicht zu vernachlässigender Nachteil. Mit den Werkzeugen, die eine hydrostatisch gelagerte Kugel besitzen, sind allerdings Ausgangshärten von bis zu 65 HRC noch bearbeitbar. Selbst bei derartigen Bedingungen sind immer noch eine Oberflächenglättung, eine Kaltverfestigung und die Induzierung von Druckeigenspannungen in die Bauteilrandzone möglich.

Quellen Bearbeiten

  1. A. Niku-Lari: Oberflächenbehandlungen, Technologie, Anwendung, Einfluss, Institut für Industrielle Technologie Transfer. 1988
  2. E. Haibach: Betriebsfestigkeit, Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung. Springer Verlag, 2. Auflage, 2002
  3. B. Scholtes: Eigenspannungen in mechanisch randschichtverformten Werkstoffzuständen, Ursachen, Ermittlung und Bewertung. DGM Informationsgesellschaft mbH, 1990
  4. D. Radaj: Ermüdungsfestigkeit, Grundlagen für Leichtbau, Maschinen- und Stahlbau. Springer Verlag, 2. Auflage, 2003
  5. H. Wohlfahrt, P. Krull: Mechanische Oberflächenbehandlungen, Grundlagen – Bauteileigenschaften – Anwendungen. Wiley-Vch Verlag GmbH, 2000
  6. L. Wagner: Shot Peening. Wiley-Vch Verlag GmbH, 2003
  7. Fa. Ecoroll: Grundlagen des Festwalzens