Ex Scuola Ebraica

Bauwerk in Ferrara, Italien

Die ehemalige Scuola Ebraica (dt.: jüdische Schule) ist ein mittelalterliches Gebäude im Zentrum von Ferrara in der italienischen Region Emilia-Romagna. Es liegt in der Via Vignatagliata 79 im Bereich des ehemaligen Ghettos der Stadt.

Ehemalige Scuola Ebraica in Ferrara

Geschichte Bearbeiten

Das Gebäude stammt aus dem 15. Jahrhundert und ab der Mitte des 19. Jahrhunderts war dort das Asyl und die Grundschule der Juden untergebracht.[1] Mit der Einführung der Rassengesetze 1938 kamen alle jüdischen Schüler, die vorher an den öffentlichen Schulen Ferraras unterrichtet wurden, dorthin. Zu den ehemaligen Schülern zählen auch die Söhne des ehemaligen Bürgermeisters Renzo Ravenna, der sein Amt niedergelegt hatte,[2][3] während unter den Lehrern dort Giorgio Bassani der jüngste Absolvent war.[4] Zu den weiteren Lehrern gehörten auch Matilde Bassani, der Oberrabbiner Leone Leoni, die Künstlerin Isa Magrini und der Boxer Primo Lampronti.[5][6]

Die Schule wurde 1943 definitiv geschlossen, als die Deportationen die jüdische Gemeinde von Ferrara hart trafen und einige Lehrer, darunter Giorgio Bassani, festgenommen wurden.[7][8]

Beschreibung Bearbeiten

 
Steintafel an der Hauswand der Via Vignatagliata 79, auf dem die jüdische Schule erwähnt ist

Das Gebäude ist elegant und einfach, hat drei Stockwerke und eine Fassade im für Ferrara typischen Terrakotta, sowie eine große Eingangstüre in Marmor. Das äußere Erscheinungsbild ist über die Jahrhunderte fast unverändert erhalten geblieben, aber die Innenräume sind in Privatwohnungen umgewandelt worden. Eine Steintafel neben der Eingangstür erinnert daran, dass dieser Ort lange Zeit dem Unterricht diente und ein Zeugnis der Verfolgung des jüdischen Volkes ist.

Einzelnachweise und Bemerkungen Bearbeiten

  1. Gerolamo Melchiorri, Carlo Bassi (Herausgeber): Nomenclatura ed etimologia delle piazze e strade di Ferrara e Ampliamenti. 2G, Ferrara 2009. ISBN 978-88-89248-21-8. S. 162.
  2. Paolo Ravenna wurde am 6. März 1926 in Ferrara in eine der ältesten Familien der jüdischen Gemeinde hineingeboren; er war der zweite Sohn von Renzo Ravenna, der Ende desselben Jahres zum Bürgermeister ernannt wurde. Sein Leben verlief bis 1938 ruhig, als sein Vater zur Aufgabe seines Amtes gezwungen wurde und er und seine Brüder wegen den Rassengesetzen aus den öffentlichen Schulen ausgestoßen wurden.
  3. Paolo Ravenna (Ferrara, 1926-2012). In: Museo Ferrara. Abgerufen am 19. Februar 2021.
  4. Giorgio Bassani, Biografia, Opere, Bibliografia, Immagini. Fondazione Giorgio Bassani, archiviert vom Original am 24. November 2015; abgerufen am 19. Februar 2021.
  5. Giorgio Bassani und Matilde Bassani oder die Lehrer, die aus den öffentlichen Schulen entlassen worden waren, wie der Professor Veneziani, Bruder des Direktors des Scala-Chors, der 1938 entlassen wurde. Der Oberrabbiner Leone Leoni unterrichtete Religion, wogegen für den Sport der Boxer Primo Lampronti da war, ein italienischer Champion, dessen Titel aberkannt wurde.
  6. La scuola ebraica di via Vignatagliata. In: Museo Ferrara. Abgerufen am 19. Februar 2021.
  7. Im Laufe der Jahre und wegen der durch die Verfolgungsgesetze erzwungenen Emigration nahm die Zahl der Jungen der Schule an der Via Vignatagliata ab und das Institut wurde 1943 vom Staat aufgelöst. (...) ‚‘Giorgio‘‘ und ‚‘Matilde Bassani‘‘ waren bereits festgenommen worden.
  8. Ilaria Pavan: Il podesta ebreo. La storia die Renzo Ravenna tra fascismo e leggi razziali. Laterza, Rom und Bari 2006. ISBN 88-420-7899-9. S. 147.

Quellen Bearbeiten

  • Ilaria Pavan: Il podesta ebreo. La storia die Renzo Ravenna tra fascismo e leggi razziali. Laterza, Rom und Bari 2006. ISBN 88-420-7899-9.
  • Adriano Franceschini, Paolo Ravenna: Presenza ebraica a Ferrara. Testimonianze archivistiche fino al 1492. Carife, Ferrara 2007. ISBN 978-88-222-5741-3.
  • Piero Pieri (Herausgeber): Bassani. Racconti, diari, cronache (1935–1956). Feltrinelli, Mailand 2014. ISBN 978-88-07-53033-3.
  • Matteo Provasi: Ferrara ebraica (una città nella città). 2G, Ferrara 2010. ISBN 978-88-89248-20-1.
  • Gerolamo Melchiorri, Carlo Bassi (Herausgeber): Nomenclatura ed etimologia delle piazze e strade di Ferrara e Ampliamenti. 2G, Ferrara 2009. ISBN 978-88-89248-21-8.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Ex Scuola Ebraica – Sammlung von Bildern

Koordinaten: 44° 50′ 1,1″ N, 11° 37′ 10,6″ O