Divino artista (der göttliche Künstler) ist ein Begriff der frühen italienischen Kunstgeschichtsschreibung und impliziert, „dass die schöpferischen Fähigkeiten des Künstlers Teil der schöpferischen Kraft Gottes seien“[1], ein Künstler also durch Gott befähigtes Werkzeug zur Schöpfung etwas ganz Neuen sein kann. Der Begriff bezeichnet eine Genialitätszuordnung.

Begriffsgeschichte

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Francesco Maria Molza, genannt Divino wegen seines herausragenden Wissens …, Frontispiz in Dottori Modenesi, 1665

Leon Battista Alberti erkannte im Künstler den alter deus, den anderen Gott.[2] Einen bedeutenden Beitrag zum Konzept des divino artista leisteten die Künstler-Biographien Vasaris.[3]

Divino als Attribut für einen Künstler taucht erstmals in der dritten und letzten Überarbeitung von Ariosts Bestseller Orlando furioso von 1532 auf, wo Ariost selbst schreibt: „Michel più che mortal Angel divino“. Michelangelo wird hier in einer Liste aufgeführt, in der auch Homer, Platon, Dante oder Petrarca zu finden sind. Gelegentlich wird der „Titel“ – nachträglich – auch an Musiker, Dichter und Künstler des 15. Jahrhunderts vergeben, im 16. Jahrhundert sind auch Tizian, Aretino und Ariost selbst Träger dieser Auszeichnung.[4] Besonders Michelangelo wird als Divino artista bezeichnet (vgl. Francisco de Holanda).[5]

In Deutschland wird dieses Denkmodell erstmals von Albrecht Dürer vertreten. Werner Busch analysiert unter diesem Aspekt das Selbstbildnis im Pelzrock von Dürer.[6] Dem divino artista gegenüber steht nach Katharina Bantleon die Vorstellung des deus artifex, dem künstlergleich schaffenden Gott.[7]

Literatur

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  • Patricia A. Emison: Creating the "Divine" Artist. From Dante to Michelangelo. Leiden, Boston: Brill 2004. (Cultures, Beliefs and Traditions. Medieval and Early Modern Peoples. Vol. 19.) ISBN 978-90-04-13709-7
  • Ulrich Langer: Divine and Poetic Freedom in the Renaissance. Nominalist Theory and Literature in France and Italy. Princeton Univ. Press 1990. ISBN 978-0-691-60269-1

Einzelnachweise

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  1. Hugh Honour, John Fleming: Weltgeschichte der Kunst. München 2007., S. 423.
  2. Katharina Bantleon. Vincent van Gogh im Spielfilm. Leben und Werk des Künstlers in Vincente Minellis „Lust for Life“. Leykam: Graz 2008, S. 16
  3. Hanno Rauterberg: Renaissance-Künstler: So viel Genie war nie. In: Die Zeit. Nr. 31, 2011 (zeit.de).
  4. Zitiert nach Ulrich Pfisterers Rezension von Patricia A. Emison: Creating the “Divine” Artist. In: Sehepunkte. Ausgabe 6. 2006. Nr. 9. [1]
  5. Vgl. Arnold Hauser. Sozialgeschichte der Kunst und Literatur. München: Beck 1990. S. 346: „Er ist kein Graf, kein Staatsrat, kein päpstlicher Superintendent, aber man nennt ihn den ‚Göttlichen‘.“
  6. Werner Busch: Die Autonomie der Kunst. Beltz 1985. in: Klant, Schulze-Weslarn, Walch (Hg.). Grundkurs Kunst 1. Schroedel 1988. S. 10ff.
  7. Katharina Bantleon. Vincent van Gogh im Spielfilm. Leben und Werk des Künstlers in Vincente Minellis 'Lust for Life'. Leykam: Graz 2008, S. 16