Diskussion:Zang (Glocke)
Letzter Kommentar: vor 5 Jahren von Imruz in Abschnitt Etymologie von persisch Zang und Čang
Etymologie von persisch Zang und Čang
BearbeitenHier scheint ein Missverständnis vorzuliegen, denn die beiden Wörter haben in ihren Urbedeutungen wie auch orthografisch praktisch nichts miteinander zu tun. Während persisch زنگ, DMG zang, ‚Glocke, Glöckchen‘ heißt, heißt persisch چنگ, DMG Harfe, Kralle, Klaue. Und wenn man weiß, wie die Harfe gespielt wird, so ergibt dies auch ein entsprechendes Bild, da die Hand zur „Klaue“ bzw. „Kralle“ wird. Dies würde auch der mittelpersischen Bedeutung von „Haken“ entsprechen. All dies kann man aus den entsprechenden Wörterbüchern ersehen. Da ich keinen EditWar provozieren will, halte ich mich allerdings aus dem Artikel heraus; ich gebe es nur zu bedenken.--Imruz (Diskussion) 10:50, 30. Apr. 2019 (CEST)
- Hallo Imruz, ich bin immer dankbar für deine sprachliche Durchsicht. Der Artikel behandelt Glöckchen und Zimbeln mit einem persischen und turksprachigen Namen (und einer Fülle von Umschriften: zang, jang, chang, čang, čan, čenǧ, çang, ṣanj...). Für eine sprachliche Verbindung des Zimbelwortes zu persisch čang und arabisch ǧank für Harfe habe ich die Sekundärliteratur:
- C.E. Bosworth (Übers.): The History of al-Tabari, 1991, S. 58, Fn. 174: "Sing. ṣanj(ah), another name for the jank, pl. junūk (< Persian chang), a term used both for the harp or lyre and for the cymbals; in both senses it was derived by the Arabs from Sāsānid Persian Music."
- Dénes Gazsi: 60. Arabic-Persian Language Contact. In: Stefan Weninger (Hrsg.): The Semitic Languages: An International Handbook, 2011, S. 1016: "The most important poet in this respect was al-Aʿšā, a contemporary of the Prophet, who was famous for his fondness for using Persian words in his poems, including names of musical instruments, e.g. ṣanğ ‘cymbal; castanet’ (< MPers. čang ‘harp’) with its derivative ṣannāğ ‘cymbal player’; flowers, e.g. yāsamīn ‘jasmine’ (< MPers. yāsaman); and other miscellaneous words, e.g. šahanšāh ‘ruler, king of kings’ (< MPers. šāhānšāh)."
- Es wäre vermutlich lohnend, die etymologische Unterscheidung oder doch ursprünglich gemeinsame Herkunft beider Wortbedeutungen genauer herauszuarbeiten. Gruß -- Bertramz (Diskussion) 13:14, 30. Apr. 2019 (CEST)
- Hallo Bertramz, mir fällt bei alledem immer wieder dein Bild vom „Lichtkegel“ :-)) ein, was ich auch auf andere „wissenschaftliche“ Meinungsäußerungen beziehe. Und dabei gehe ich manchmal so weit zu sagen: Was nicht sein kann, kann schlichtweg nicht sein ..., denn in diesem Fall hat das eine mit dem anderen nichts – oder extrem wenig – zu tun. Nicht nur aus der Schreibweise wird dies deutlich, sondern vor allem aus der Semantik und dem damit verbundenen Bild:
- Der eindeutig persische Begriff چنگ, DMG čang hat die Urbedeutung „Kralle, Klaue“, offenbar auch „Haken“ (was kein Widerspruch ist); und diese Handhaltung wurde dann wohl als Name auf das Instrument übertragen.
- Dass der möglicherweise aus dem Persischen hergeleitete arabische Begriff صنج, DMG ṣanǧ mit persisch سنج, DMG senǧ, ‚Zimbel‘ zu tun hat, liegt allerdings durchaus auf der Hand. Die findigen Araber haben aus dem übernommenen Begriff den Verbstamm صَنَجَ, DMG ṣanaǧa geschaffen, aus dem dann wiederum der Begriff صَنَّاج, DMG ṣannāǧ ‚Zimbelspieler‘ entstehen konnte. Dass dies auch mit persisch زنگ, DMG zang, ‚Glocke‘ verbunden wird, mag durchaus zutreffen, da Zimbeln auch wie Schellen/Glöckchen daherkommen.
- Aber das persische čang mit diesem „č“-Anlaut, der sich oft von einem „k“-Laut herleitet und im Arabischen dann durchaus zu „ǧ“ werden konnte, passt da nur insofern hinein, als dass dies nun wiederum mit dem offenbar aus dem Mittelpersischen abgeleiteten arabischen جنك, DMG ǧank in Verbindung gebracht werden kann. Jedoch existiert dieses Wort im heutigen Arabischen nicht mehr (?). In der arabischen Wiki ist es die Übertragung von chin. „Dschunke“ – wohl aus dem englischen Junk (ship). Auch im Langenscheidt-Online-Wörterbuch Arabisch-Deutsch existiert dieser Begriff nicht, genauso wenig wie im Arabisch-Wörterbuch von Wehr. Deshalb bleibe ich Herrn C. E. Bosworths Aussage gegenüber misstrauisch. Und die Erklärung von Dénes Gazsi klingt noch ein wenig dürftiger, so beispielsweise seine Erklärung des mittelpersischen Šāhānšāh, das zu neupersisch Šahanšāh geworden sein soll, was tendenziell sogar stimmt. Doch selbst die Buyidenherrscher nannten sich auf Persisch „Šāhānšāh“, während ihr arabischer Titel unter der kalifischen Suzeränität weiterhin امير الامراء, DMG Amīr al-umarā’ ‚Oberbefehlshaber‘ blieb. Im heutigen persischen Sprachgebrauch nannte sich der Schah im Übrigen شاهنشاه, DMG Šāhanšāh. Will sagen: Solchen Leuten gegenüber bin ich recht skeptisch.
- Mich erinnert diese Art der Argumentation ein wenig an damals, als wir beide über die Herkunft des Namens Griot diskutierten, denn da wurde ich von dir auf zwei Musikethnologen verwiesen, die ich persönlich recht gut kannte, sowie einen Autor, der teilweise hanebüchene Argumente vorbrachte ... Gruß--Imruz (Diskussion) 18:22, 1. Mai 2019 (CEST)
- Dass es arabisch ǧank nicht mehr gibt, ist nicht verwunderlich, weil die arabische Harfe weit vor der persischen verschwand. Das Zimbelwort čang bedeutet auf Persisch in Afghanistan und auf Usbekisch "Maultrommel". Da könnte sogar die Urbedeutung vom Harfenwort "Kralle" wieder passen (falls sich die zentralasiatischen Maultrommeln etymologisch in mittelpersische Zeit zurückführen lassen sollten. Wäre dann analog zum turksprachigen qopuz, das "Lauteninstrument" und "Maultrommel" bedeutet.) Ich hoffe, mit dem Namen Bosworth nicht in Richtung hanebüchene Argumente gelenkt zu haben. Meine Bauchgefühlstatistik: Es gibt deutlich mehr komplizierte mehrgleisige Etymologien als solche, die von allen für sonnenklar eindeutig gehalten werden. Gruß -- Bertramz (Diskussion) 22:50, 1. Mai 2019 (CEST)
- Bei deinem letzten Absatz gebe ich dir voll Recht, lieber Bertramz. So bin ich mit einem Musikwissenschaftler/Orientalisten befreundet, der alte arabische, persische und auch osmanische Texte übersetzt und veröffentlicht. Er hat (als Beispiel) zum Namen ‘ūd folgende These: Da sehr viele Instrumente aus „Holz“ (arabisch عود, DMG ‘ūd ‚Holz‘) bestehen und der Barbaṭ aus dem iranischen Raum kommt, könnte es sich um einen Abschreibfehler gehandelt haben, denn ein altes persisches Wort für „Saite“ ist رود, DMG rūd. Aufgrund eines Hörfehlers (r <=> ġ, was ja auch in einigen westeuropäischen Sprachen vorkommt) wurde aus رود, DMG rūd غود, DMG ġūd, und von da wird es, wenn das Pünktchen entfällt bzw. beim Abschreiben vergessen wird, zu عود, DMG ‘ūd. Ich finde, diese These hat was.
- Aber jetzt kommt's: Der Instrumentenname Tschang existiert in Zentralasien (Usbekistan, Tadschikistan, Nachbarländer) tatsächlich, wird aber auf das Hackbrett angewandt. Dort heißt dieses Instrument nämlich nicht Santūr, von dem es sich vor allem in der Bauweise unterscheidet (vgl. auch meinen Diskussionsbeitrag hier), da es eher dem europäischen Hackbrett/Cimbalom als seinen iranisch-irakischen Verwandten gleicht, so dass von dort aus auch das „westliche Instrument“ (chin. Yang Qin) in China Eingang gefunden haben könnte (wenn nicht über den Schiffsweg direkt von Europa), da dessen Bauweise frappierende Ähnlichkeit zum europäischen Hackbrett aufweist. Und dies geschah ja lt. Curt Sachs um 1800 herum ... Gruß--Imruz (Diskussion) 12:49, 2. Mai 2019 (CEST)