Diskussion:Wiener Musik- und Theaterausstellung 1892

Letzter Kommentar: vor 15 Jahren von Robert Schediwy in Abschnitt Reaktionsära

Metternich

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Die geistvolle und energische Fürstin Pauline Metternich habe sich für den Plan in besonderem Maße eingesetzt - Ist hier habe ein Tippfehler von hat oder ist das ganze eine Vermutung, dass sie sich eingesetzt haben soll? --

Laut Hanslick hat sie. Siehe Weblink. Es handelt sich nur um indirekte Rede Robert Schediwy 11:56, 18. Mär. 2009 (CET)Beantworten

Reaktionsära

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Ich bin geneigt, die Passage betreffend die "Reaktionsära" wegen POV und missverständlicher Darstellung zu eliminieren. Der Neoabsolutismus dauerte ja nur bis 1860, und die 1860er-Jahre waren bereits von zunehmendem Liberalismus geprägt - siehe Staatsgrundgesetz von 1867. Dann kamen der Börsenkrach, der Kampf ums Wahlrecht etcetc. Soferne nicht die Periode 1848 bis 1860 besonders in der Ausstellung hervorgehoben wurde, wovon mir nichts bekannt ist, ist die Aussage schlichtweg falsch.

Die Verknüpfung mit den Theaterbauten um 1900 scheint mir auch nicht überzeugend dargetan. Überall in Europa wurden um diese Zeit Theater "am laufenden Band" errichtet - die Wiener Ausstellung ist eher Indiz dieses Trends als dessen Auslöser. Und was heißt in diesem Zusamenhang "Urbanisierung"?

Statt gleich zu redigieren, würde ich diese Themen gerne diskutieren. Robert Schediwy 13:37, 18. Mär. 2009 (CET)Beantworten

Ja, ich verstehe, dass es nicht so gut ankommt, wenn man auf die politischen Implikationen des Ganzen hinweist. Aber die gehören dazu. „Reaktionsära“ ist hier im weiten Sinne identisch mit der Regierungszeit Franz-Josephs gemeint. Er hat ja zum Beispiel Johann Strauß Sohn seine revolutionäre Tätigkeit zeitlebens übelgenommen. Das ging bis weit über 1860 hinaus. Die angegebene Literatur - immerhin eines der angesehensten österreichischen Forschungsprojekte der letzten Zeit - stimmt damit überein. Die konservativen Theatergründungen von Adam Müller-Guttenbrunn stehen im direkten Zusammenhang mit der günstigen Stimmung, die durch die Ausstellung geschaffen wurde, wenn man seine Feuilletons jener Zeit betrachtet. --Summ 14:22, 18. Mär. 2009 (CET)Beantworten

O.K., soll sein - das damals "progressive" Deutsche Volkstheater (Wien) ist allerdings auch um diese Zeit geschaffen worden, nämlich 1889, und die Ausstellung hat, wie Hanslick ja berichtet, den Opern des Verismo breiten Raum gegeben. Jedenfalls danke, dass Du die Reaktionsära selbst zurückgenommen hast, die als terminus technicus ja auch in Preußen 1858 zu Ende ging.

Ich bin übrigens sehr dafür, politische Implikationen offen zu legen, und tue das auch regelmäßig in meinen Edits. Dass Franz Joseph (auch im Vergleich zu seinem unglücklichen Sohn) ein konservativer alter Holzkopf war, ist auch evident. Seine gesamte Regierungszeit aber als Reaktionsära zu sehen, hieße, den liebenswürdig bornierten und letztlich schwachen Bürokraten in Schönbrunn und seinen Einfluss weit überschätzen. Robert Schediwy 15:37, 18. Mär. 2009 (CET)Beantworten

Ich hänge nicht an dem Wort Reaktion. Aber schön, dass wir grundsätzlich übereinstimmen. Was die Wiener Theater betrifft, war es mit dem Liberalismus der 1860er Jahre nicht weit her. Wenn die Zensur damals nicht so scharf gewesen wäre, hätten sich die "kabarettistischen" Ansätze im Wiener Theater jener Zeit ausbreiten können, und die nur hintergründig politische Wiener Operette hätte wohl nicht diesen Stellenwert erlangt. Man durfte nicht einmal den Ausdruck "von oben" verwenden, weil das eine Anspielung auf die Obrigkeit hätte sein können. Die resignative Ironie des ursprünglichen Donauwalzer-Textes "Wiener seid froh…" oder des "Glücklich ist, wer vergisst." der Fledermaus wäre wohl gar nicht entstanden. --Summ 16:37, 18. Mär. 2009 (CET)Beantworten
Hanslick ist übrigens ein interessanter Fall, weil er ja auch zu den Revolutionären gehörte und seine Karriere nach 1848 dem Wechsel von der Juristerei zur Musik verdankt. Musik natürlich verstanden als etwas strikt Unpolitisches (ein Bereich, in dem sich aber heftige Ersatz-Kämpfe abspielen konnten, wie die Wiener Musikpublizistik zeigt). --Summ 16:43, 18. Mär. 2009 (CET)Beantworten

Danke für die produktive Mitarbeit. Was die Zeit zwischen 1848 und 1914 betrifft, hätte ich allerdings Lust, das berühmte Sinowatz-Wort zu zitieren, dass alles "sehr kompliziert" sei. Der 1848 bei allen Sprachgruppen des Vielvölkerstaats aufgekommene überschäumende Nationalismus hat´das fragile Gebilde Donaumonarchie tödlich bedroht. Man kann in gewissem Sinn sogar die Reaktionäre verstehen, die da entsetzt einfach den Deckel draufhalten wollten und Grillparzers berühmtes Diktum vom Weg, der von der Humanität über die Nationalität zur Bestialität führte. (Um nur zwei Beispiele anzuführen: der von einer Romangestalt in Ferdinand Kürnbergers ´"Amerikamüdem" liebevoll ausgemalte Traum, die USA deutsch zu machen, passt da ebenso hinein wie die Vorstellung Friedrich Hebbels, Ungarn zu germanisieren oder andererseits die Magyarisierungsvorstellungen von Lajos Kossuth und co, die ja dann ab dem Ausgleich rücksichtslos durchgezogen wurden. Selbst eine konstruktive Kraft wie die Sozialdemokratie zerbrach knapp vor 1914 an der Nationalitätenfrage. Dass in einer dermaßen fundamental blockierten, ja längerfristig aussichtslosen Situation das "Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist" zu einer situationsadäquaten Stimmung werden kann, erscheint nicht unplausibel.

Natürlich hat die Monarchie sich nach 1866 durch ihre faktische Unterwerfung unter Preußen in gewissem Sinn selbst aufgegeben (keine wirkliche Großmacht alliert sich freiwillig mit ihrem Demütiger und Nachbarn) und eine Außenpolitik á la Kronprinz Rudolf (Allianz mit Frankreich und England statt mit dem isolierten und ab 1888 größenwahnsinnig geführten Hohenzollernstaat) hätte vielleicht den ersten Weltkrieg verhindert. Aber dazu fehlte einfach die Kraft - und eine derartige Politik hätte vermutlich zu einer erneuten Demütigung durch die Preußen und erst recht zum blutigen Zerfall geführt (Abfall der deutschsprachigen Gebiete ans Reich, Kampf zwischen magyarischen und slawischen Nationalismen etc.) in dieser No win-Situation wurde der phantasielose Bürokrat aus Schönbrunn mit dem hübschen Bart eben zum kurzfristigen Symbol der Einheit ("so lange er lebt") und die "gute alte Zeit" wurde zur Projektionsfläche hilfloser Sehnsüchte. Siehe Musik- und Theaterausstellung. Dass diese aber in irgendeiner Form starke (reaktionäre)Wirkungen ausgeübt hätte, scheint mir nach wie vor unplausibel. Da hängt wohl viel vom Stellenwert ab, den man Adam Müller-Guttenbrunn gibt (siehe die Diskussion zu diesem). Mit Gruß Robert Schediwy 05:02, 19. Mär. 2009 (CET), leicht korrigiert Robert Schediwy 16:54, 19. Mär. 2009 (CET)Beantworten