Diskussion:Radikale Reformation

Letzter Kommentar: vor 2 Jahren von SpeckbaronDerZweite in Abschnitt Begriff "Radikale Reformation" ist problematisch / überholt?

Begriff "Radikale Reformation" ist problematisch / überholt? Bearbeiten

In aktuellen Vorlesungen meines Geschichtsstudiums (Professur Frühe Neuzeit) wurden die Begriffe "Radikale Reformation" (Williams); "Linker Flügel der Reformation" (Bainton) sowie "Nonkonformisten" (scheinbar in engl.sprachiger Forschung besonders gebräuchlich) insgesamt abgelehnt. Ich gebe die Kritik am Begriff (zur sog. "radikalen Reformation") hier wieder und möchte all jene, die vertrauter mit der aktuellen Forschungslage sind, dazu anregen, den Artikel um die Betonung der Strittigkeit dieser Konzepte zu ergänzen. Ich schlage außerdem vor, den Artikel als mit Wertungen behaftet zu kennzeichnen – weiß aber selbst nicht, wie das geht. Hier kurz die zugrundeliegende Argumentation zum Begriff "Radikale Reformation":


"Radikale Reformation" (Williams, 1962): Der Begriff übernimmt Deutungsmuster bzw. Abgrenzungsstrategien u. a. der Wittenberger Theologen sowie der reformierten Traditionen (Zwingli, Bucer, Calvin). Die Reformation Calvins oder Martin Luthers könnte ebenso als "radikal" gelten; es ist sozusagen eine Frage der Perspektive. Für die Altgläubigen waren die Haltungen der Wittenberger, Zwinglis, Bucers oder Calvins ebenso "radikal" zu nennen. Vor dem Hintergrund der bewussten Verketzerungen unliebsamer Reformationsströmungen entstanden solche Stereotype wie "radikal" oder (auch im Wiki-Artikel weitestgehend übernommen) "schwärmerisch". Dass diese Verketzerung ein typisches Mittel war, um Schaden von der eigenen Reformationsschule abzuwenden, zeigt das Beispiel Thomas Müntzers (der erst durch Martin Luthers und Melanchthons Schriften; etwa "Eyn schrecklich geschieht ..." oder "Histori Thome Muntzers" oder "Bekenntnus Thomas Müntzers" das Image eines 'Radikalen' oder 'Schwärmers' zugeschrieben bekam). Dies ist aber vor allem dem Umstand geschuldet, dass die Reformation nach dem gescheiterten Bauernkrieg 1525 um die Unterstützung der Obrigkeit insb. der Fürsten kämpfen mussten. Übernimmt man also den Begriff "Radikale Reformation", bedient man sich unter Umständen derselben Ausgrenzungsmechanismen wie deren usrpüngliche Erfinder (die bekannten reformierten Traditionen bzw. die Wittenberger).

Deshalb schlage ich, wie gesagt, vor zu kennzeichen, dass der Artikel Wertungen enthält und u. U. nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entspricht. Wer weiß, in welchen Aufsätzen, Büchern die Diskussion konkret geführt wird, möge sich sehr gerne in die Diskussion einklinken.

Mit Grüßen --SpeckbaronDerZweite (Diskussion) 20:13, 28. Jan. 2022 (CET)Beantworten