Quelle:

E-Mail vom 31.08.2005:

Sehr geehrter Herr ...,

Vielen Dank für Ihre Anfrage die für mich als für Führerscheinangelegenheiten zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet wurde.

Inhaltlich ist auf folgende Umstände hinzuweisen:

Mitgliedstaaten wird in Anwendung von Artikel 8(4) der Richtlinie 91/439/EWG über den Führerschein die Befugnis eingeräumt auf ihrem Hoheitsgebiet die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu verweigern. Dieser Artikel ist als Ausnahme vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen in Artikel 1(2) der Richtlinie nach der Judikatur eng auszulegen. In diesem Sinne erfolgte die Interpretation durch den EuGH in Rs. C-476/01 Kapper :

Der Generalanwalt hat in seinem Schlussantrag (Rz. 73) darauf hingewiesen, dass die Verweigerung der Anerkennung auf Maßnahmen zu beschränken ist, durch die das Recht zum Führen eines Kraftfahrzeuges aktuell aberkannt ist. Der EuGH hat in diesem Sinne festgestellt, dass sich ein Mitgliedstaat nicht auf Artikel 8(4) berufen kann, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen (Rz. 76). Der EuGH stellt in Rz. 76 klar fest, dass nach Ablauf einer zusätzlich angeordneten Sperrfrist die Anerkennung der Gültigkeit des in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheines nicht mehr verweigert werden kann. Es widerspricht dem System der Richtlinie die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheines unbegrenzt zu verweigern (Rr 77).

Diese Fragen können jedoch nicht von der Umgehung von Führerscheinvorschriften getrennt werden. Ein direkter Entzug durch deutsche Behörden oder Weiterbestehen auf Erfüllung der MPU ist zwar wegen der oa. Rz 77 unzulässig, jedoch ist der Entzug des ausländischen Führerscheines von MPU-Kandidaten ohne Wohnsitz außerhalb Deutschlands durch die ausländische Ausstellungsbehörde auch nach Ausstellung (gegebenenfalls im Wege der Rechtshilfe) möglich und im Interesse der Straßenverkehrssicherheit gelegen, um die Ausnützung von vermuteten "Rechtslücken" durch die schlimmsten Rechtsbrecher im Straßenverkehr zu unterbinden.

Für die Frage, die die MPU betrifft, ergibt sich daraus folgendes:

1. Die Absolvierung der MPU kann nach Ablauf der Sperrfrist nicht eingefordert werden, wenn der Rechtsbrecher inzwischen einen ausländischen EU-Führerschein erworben hat.

2. Die Anerkennung eines ausländischen Führerscheins nach Ablauf der Sperrfrist kann nicht verweigert werden, wohl aber kann der Führerschein durch die Ausstellungsbehörde im Wege der Rechtshilfe wieder eingezogen werden, wenn Ausstellungsvoraussetzungen wie insbesondere der ordentliche Wohnsitz im Ausstellungsstaat nicht eingehalten wurden.

Ich hoffe diese Informationen sind für Sie von Nutzen und verbleibe

Mit freundlichen Grüssen,

Joël VALMAIN Commission Européenne Direction Générale de l'Energie et des Transports Unité Sécurité Routière B - 1049 BRUXELLES joel.valmain@cec.eu.int tél.: +32 2 298 64 09 fax: +32 2 296 51 96


E-Mail vom 03.10.2005:

Sehr geehrter Herr ...,

Danke für Ihre E-Mail.

In meiner heutigen Antwort kann ich nur meine vorhergehende Antwort bestätigen, dass der EuGH in diesem Sinne festgestellt hat, dass sich ein Mitgliedstaat nicht auf Artikel 8(4) der Richtlinie 91/439/EG berufen kann, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen (C-476/01 Kapper).

Ich hoffe, diese Information ist für Sie von Nutzen und verbleibe,

Joël VALMAIN Commission Européenne Direction Générale de l'Energie et des Transports Unité Sécurité Routière B - 1049 BRUXELLES joel.valmain@cec.eu.int tél.: +32 2 298 64 09 fax: +32 2 296 51 96