Diskussion:Ludovicus Piglhein

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--robert piglhein (Diskussion) 17:31, 1. Apr. 2020 (CEST) Werdegang der Firma L. Piglhein – Die Piglhein‘sche Firmenphilosophie – zum 50-jährigen GeschäftsjubiläumBeantworten

Im Jahre 1839 trat Loudovicus Piglhein einer in bescheidenen Verhältnissen bestehender Hamburger Firma, welche H. F. Werner 1825 gegründet hatte, als Teilhaber bei. Es war die Zeit des tiefsten Niedergangs Deutschen Kunstgewerbes. Man kopierte planlos altasiatische und alteuropäische Formen und wandte sich, jedes eigenen Geschmacks dar, der Gotik und der Italienischen Renaissance zu. In dieser Zeit der Wirrnis musste es Piglheins schnell anerkannte Talente umso leichter fallen, dem Hause Werner & Piglhein in verhältnismäßig kurzer Zeitspanne eine führende Stellung weit über Deutschlands Grenzen hinaus zu erobern. Seine Geschmacksäußerungen neigten sich dem Stil Ludwig XIV und Ludwig XVI zu, seine Leistungen sprachen indes im Gegensatz zu den allgemeinen schwächlichen Schaffen der damaligen Zeit eine besondere Sprache und zeigten einen derartig typischen, individuellen Charakter, dass sein, bzw. der Firma Ruf ein ebenso verdienter, wie ehrenvollen Aufträge, die innerhalb und außerhalb Europas zur Ausführung kamen. Erwähnt sei nur die Einrichtung für das Schloss in Oldenburg, Schwerin und Varchentin in Mecklenburg-Vorpommern, Schloss Senftenberg in Tschechien, Schloss Zinneke auf Fyn in Dänemark, Schloss Ladenburg bei Mannheim, Kronprinzliches Palais in Dresden, Schloss Augustenburg bei Karlsruhe, Schloss des Vizekönigs von Ägypten usw. Dem Zeit geiste folgend, lenkte die Firma später unter Ludwig Piglhein, dem Sohne des Vorgängers. Welcher 1875 verstarb, in ruhigere, schlichtere Bahnen überM während der Vater lebhaftere Formen und freundlichere Farbenstimmungen komponierte, neigte der treffliche Farbensinn des Sohnes mehr den gedämpften, weichen Stimmungen zu. Auch diese Richtung bedeutete eine neue Epoche und schaffte sich auch außerhalb der Hansestadt Hamburg viel Beachtung. Die ständig wachsende Nachfrage nach den Erzugnissen der Firma L. Piglhein ließen bald das am Neuer Wall gelegene Geschäftshaus als zu beengt erscheinen, sodass der Inhaber Hermann Werner und Ludwig Piglhein in der Fuhlentwiete 46 und 48 im Jahr 1874, ein für die damaligen Verhältnisse außerordentlich großes Geschäfts-Etablissement bauen ließen. Viele der prächtigsten Einrichtungen wurden an dieser Stätte geschaffen, um in aller Welt Zeugnis von der Leistungsfähigkeit der Firma abzulegen. Im Jahre 1884 trat Hermann Werner, welcher ebenso wie sein Sozius die Teilhaberschaft von seinem Vater übernommen hatte, aus der Firma aus. Die Firma hieß fortan L. Piglhein, als Teilhaber ein und führten vom Jahr 1907 ab, nach dem Ableben ihres Vaters, die Firma allein fort. Sie hatten nach einer vorher erfolgten gründlichen, praktischen Ausbildung in eigenen und fremden Betrieben ihr Studium auf den Technischen Hochschulen und Kunst- und Gewerbeschulen in Karlsruhe und Berlin,, bzw. in München vollendet. Die großen Anforderungen, die in Hinsicht auf die gewaltige Vervollkommnung und den großen Umschwung des Kunstgewerbes in technischer und künstlerischer Beziehung heute gestellt werde, veranlassten die Chefs den gesamten Betrieb im Laufe der letzten Jahre mit allen Neuerungen und Vorzügen der heutigen Fabrikationzustatten. Dass das Haus L. Piglhein in jüngster Zeit sich eines so außerordentlichen Zuwachses seiner Kundenreife erfreuen kann, verdankt es dem eifrigen Bestreben technisch und künstlerisch Vollkommenes zu schaffen, insbesondere dem Wohlwollen, welches den Inhabern von Hamburger und auswärtigen Kreisen entgegengebracht wird.

Über Richtung und Ziele der Firma L. Piglhein

Wie jedes lebende Wesen in seiner körperlichen Entwicklung abgekürzt die Entwicklung seines ganzen Stammes und seiner Art durchläuft, wie jedes denkende Wesen in seiner geistigen Entwicklung die Hauptphasen der kulturellen Entwicklung seines ganzen Stammes wiederholt, so beruht auch das künstlerische und gewerbliche Können der Gegenwart auf dem der Vergangenheit. Erst müssen sich die Söhne das Wissen der Väter angeeignet haben, ehe sie selbst ersprießlich Neues schaffen können. So nur wächst ununterbrochen ein Glied der Entwicklungskette aus dem anderen hervor, auch im Kunstgewerbe („Das Kunstgewerbe der neuen Zeit“ von Prof. Dr. Georg Lehnert – Die illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes) Dieser Grundsatz, der als Leitmotiv dem gesamten Schaffen des Hauses L. Piglhein seinen Stempel aufdrückt, trennt die Firma von den beiden großen Heereslagern, die in Deutschland typisch hervortreten. Aud der einen Seite stehen die Firmen, welche die Französischen Stile getreulich kopieren und fremdländischen Geschmack nachahmen. Dieser Partei gegenüber stehen Firmen und Werkstätten, welche das Prinzip vertreten, alle Überlieferungen des Kunstgewerbes über Bord zu werfen, und ohne Berücksichtigung des Alten, ja ohne Vorkenntnisse desselben, eine neue Grundlage zu schaffen. Während die Partei jedenfalls das Verdienst für sich in Anspruch nehmen kann, viel zu der Befreiung vom Joch des romanischen Geschmacks beigetragen haben, bildet auf der anderen Seite die nur alten Stile oft aus spekulativen Gründen huldigende Partei einen schweren Hemmschuh für das rapide Steigen des Deutschen kunstgewerblichen Einflusses. Diese Gruppe wird sich indes bald anschicken müssen, sich der großen neuzeitlichen Bewegung anzuschließen, denn selbst in Frankreich vollzieht sich zur Zeit eine nicht genug zu begrüßende Metamorphose. Aus dem in Kunstfragen so außerordentlich konservativen und bewundertem Konservator seiner alten Stile ist ein Bewunderer Deutschen kunstgewerblichen Schaffens geworden; auch die Französische kunstliebenden Kreise sehen ein, dass ihnen ein sich dem Zeitgeiste anschmiegender Charakter in der Architektur und im Kunstgewerbe gefunden werden muss. Anerkannte Führer und Kritiker der Kunst treten im Hinblick auf die Leistungen Deutschlands dafür ein, dass kunstgewerbliche Lehrinstitute nach Deutschem Vorbild eingerichtet werden sollen. So besteht die berechtigte Hoffnung, dass auch bald diejenigen oft mächtigen und einflussreichen Privatkreise, welche bisher nur den Französischen Geschmack anerkannt haben, sich zu der gesunden, aufstrebenden Richtung bekennen und dadurch dazu beitragen, dass die anfangs erwähnte Firmenpartei ihr einseitiges, jeder individuellen Regung bares Nachahmen Französischer Kunstepochen aufgibt und fortan versucht, auf der Basis neu erstandener Grundzüge die entwicklungsfähigen Keime volkstümlicher Kunst sprießen zu lassen. Wie Frankreich sich einst von der Willkür fürstlicher Geschmacksrichtungen befreite und aus dem anschwellenden Quellenmaterial, welches sich durch die lebhaften Forschungen antiker Kunst ansammelte, einen neuen Weg bahnte und zunächst unter Beeinflussung der Antike, der proklamierten Göttin der Vernunft gehorchend, einen bürgerlichen Stil schuf. So versucht die Firma L. Piglhein und mit ihr einige andere namhafte Firmen einen neuzeitlichen Stil zu bilden, der sich unserem heutigen Denken und ästethischen Fühlen anpasst und sich den Semperschen Grundsatz, dass das Erfüllen des Zwecks Hauptsache ist, neu zu eigen macht. Diese Bestrebungen wären zweifellos ohne Aussicht auf einen endgültigen Sieg und sicherlich wenig rationell, wenn nicht die gebildeten, kunstliebenden Schichten des Volkes, soweit sie nicht in ihrer Lebensauffassung und ihren persönlichen Neigungen fremdvölkischer Kultur zuneigen, die Überzeugung gewonnen hätten, dass ein gedankenloses Kopieren ausländischer Stile eine Geschmacksirrung ist, die wie eine Maskerade anmuten muss, und wenn nicht große Männer der Kunst und Wissenschaft das Interesse der geschmacklich gebildeten Kreise auf die volkstümlichen Kunst unseres Volkes hingelenkt hätten. Wie damals der Charakter der menschlichen Wohnung und des Hausrates ein Spiegelbild der Kultur und des künstlerischen Empfindens war, wie man einst danach trachtete, selbst die unwichtigsten Gebrauchsgegenstände künstlerisch auszubilden, so soll heute die Vernunft mit der an Erfahrung reichen Kunst Hand in Hand gehen, um Räume und Hausinventar zu schaffen, die der Individualität der Bewohner, bzw. der Besitzer entsprechen. Die Schablone und Uniformierung wird somit vermieden und unser Heim wird eine Stätte des persönlichen Geschmacks und neu entstehender Ästhetik. Um diesen Prinzipien gerecht zu werden, wird jedes Möbel seinem Zwecke und seiner praktischen Verwendung entsprechend zunächst in der Grunform festgelegt, alsdann muss das Bestreben vorherrschen, dem Möbel eine schöne, das heißt ästhetisch wirkende Form zu geben. Die Form muss sich wiederum der Materialart anpassen und diese möglichst günstig hervortreten lassen. Das Ornament als Holzeinlage oder Schnitzerei soll nur dann Verwendung finden, wenn eine Eintönigkeit des Ganzen zu befürchten ist oder der Ernst der rhythmischen Bewegung eine Aufheiterung bedarf. Die größtmögliche Sorgfalt soll auf die Wahl des Materials gelegt werden. Dank dieser Bestimmung dienen im Gegensatz zu früheren Zeiten, in welchen drei oder vier Holzarten genügten, ein Haus auszustatten, die mannigfachsten und prächtigsten Hölzer dazu, nicht allein eine reiche Abwechslung zu bieten, sondern in erster Linie, der modernen Technik entsprechend, interessante Kombinationen mehrerer Holzarten an einem Möbel anzuwenden. Ein ebenso wichtiger Faktor, wie das Material als solches, bedeutet die Behandlung desselben, in erster Linie steht das Heizverfahren. Hölzer, die in ihrer natürlichen Farbe kalt oder grell in Erscheinung treten, erhalten durch das raffinierte Heizverfahren Farbennuancen von seltener Schönheit. Das polierte Holz, welches leicht aufdringlich erscheint, wird des öfteren durch gewachstes oder matt poliertes Material ersetzt, besonders ratsam ist letzteres Verfahren bei Vertäfelungen und größeren Möbeln. Die wichtigste Frage bei einer auszustattenden Wohnung ist neben der Wahl der Möbel die Gestaltung der Wände. Bei dem Verlangen, den Raum zu einem einheitlichen Architekturgebilde zu machen, in welchem sich die eine Linie aus der anderen selbstverständlich entwickelt, tritt die Notwendigkeit zutage, die Wände in einem Zusammenhang mit dem Mobiliar und der Zimmerdecke zu bringen. Selbstverständlich muss bei diesen Gesetzen unterschieden werden zwischen dem Eigenheim und der Mietwohnung. Während die oben beschriebene Gestaltung des Raumes in dem Eigenhaus eine Selbstverständlichkeit bedeutet, den Charakter des eigenen Heimes erst typisch vollendet, und die Note des Sesshaften hineinspielt, soll bei einer Mietswohnung, hauptsächlich bei einer Etagenwohnung, das Bestrben vorherrschen, die Wände neutral zu behandeln, und die Möbel nicht irgend einen organischen Zusammenhang mit den Wänden zu bringen. Die Decke des Eigenhauses muss schlicht und ruhig gehalten sein, damit das Auge, welches der Ruhe bedarf, seinen Blick dorthin lenken kann. Um ein in seinen Farben und seiner gesamten Gestaltung harmonisch wirkendes Zimmer nicht in seinem Effekte zu beeinträchtigen, muss der Fußboden in seiner Farbe dem übrigen angepasst werden; erlaubt es der Zweck des Raumes, wird ein ruhiger Teppich stets das beste Resultat erzielen. In dem Schlafzimmer und solchen Räumen, die besondere hygienische Rücksichten verlangen, lege man Linoleum, in Festräumen dagegen Parkett aus einem Holz, welches sich in seiner natürlichen Farbe dem übrigen anpasst. Die Fenster verhülle man nicht, wie in früheren Zeiten, mit unnötigen Stoffmengen, sondern lasse Licht und Luft freien Eintritt, und die Vorhänge nicht allein dekorativen, sondern auch praktischen Zwecken dienen. Die Parterretüren, welche Gesellschaftsräume miteinander verbinden, werden vielfach mit großen, weit nach unten gehenden Glasfüllungen versehen, damit sie auch geschlossen, einen Zusammenhang der Zimmer und einen schönen Durchblick gewähren. Eine Portiere kann, wenn eine Notwendigkeit vorliegt, den Speisesaal oder das Herren-Arbeitszimmer von dem Nachbarraum trennen. Soviel von den Bestimmungen einiger wichtigen Einzelheiten.

Die Organisation der Firma

Der Hauptbetrieb ist in dem Geschäftshaus Fuhlentwiete 46/48 konzentriert. Das Etablissement bedeckt eine Bodenfläche von 990 qm, nimmt über 60 Fabriks- und Lagerräume in Anspruch und beschäftigt allein in diesem Gebäudekomplex über 100 Angestellte. Das Vorderhaus enthält zunächst über drei Stockwerke ausgebreitet die Ausstellungsräume. Dem Zuge der Zeit folgend sind durchschnittlich 20 – 30 komplette Interieurs ausgestellt. Von der Empfangshalle gelangt man mittels eines Lifts in die oberen Verkaufsräume und in die Stoffabteilung. Diese enthält ca. 6000 Stoffe und bedeutet somit eines der größten Musterläger dieser Branche (Wie verlautet, wird ein im nächsten Jahre im Königreich Sachsen erscheinendes Werk das Stofflager als das reichhaltigste und interessanteste Deutschlands anerkennen.) Den größten Teil nehmen naturgemäß die Möbelbezüge ein, doch wird neben dieser Gruppe, die sich aus Deutschen, Englischen, Französischen Erzeugnissen zusammensetzt, auch ein reich assortiertes Lager von Französischen, Schweizer und Englischen Tüll- und Spitzenstoffen und Gardinen, sowie ein ausgedehntes Lager echter Teppiche gehalten. Dem Eingang in die Ausstellungsräume gegenüber liegt die Abteilung für Offertenannahme, von dieser gelangt man zunächst in das kaufmännische Büro, weithin in die Expedition, die Zeichenateliers, welche unter der persönlichen Leitung des Chefs stehen, und das Privatbüro. Das Hintergebäude dient lediglich der Fabrikation. Im Erdgeschoss befinden sich der Maschinen- und der Holzzuschneideraum, hieran gliedern sich die Trockenräume an. In diesen wird das zur Verwendung kommende Holzmaterial, welches in durchaus trockenem Zustand dem Holzlager entnommen wird, nochmals einige Zeit vor der Verarbeitung mittels einer Zentralheizung bei einer durchschnittlichen Temperatur von 62° C getrocknet, um mit dieser Vorsichtsmaßregel jede Bewegung des Holzes nach seiner Verarbeitung auszuschließen. Das Holzlager umfasst alle gangbaren und seltenen einheimischen und ausländischen Sorten und wird ständig in großen Mengen ergänzt, damit lediglich garantiert trockenes Material in die Arbeitsräume gelangt. Im ersten Obergeschoss liegt die Polsterei. Aus dem denkbar besten Material wird hier unter Leitung erprobter Fachleute die Polsterung der Sitzmöbel nach Zeichnungen und vorhandenen Modellen ausgeführt. In den vier oberen Geschossen sind die Tischlereisäle. Jede Abteilung untersteht einem Unterwerksmeister, während ein erster und zweiter Werksmeister die Verwaltung der ganzen Abteilung besorgen. Als Hauptbestimmung gilt, dass sämtliche Möbel aus gesperrten Hölzern hergestellt werden, um jede Ausdehnung des Holzes in feuchten und mit Zentralheizung versehenen Räumen nach Möglichkeit zu vermeiden. Die einzelnen Möbelstücke werden aus fünf quer- und längs verleimten Holzschichten fabriziert. Im obersten sechsten Geschoss ist die Polsterei und Lackiererei. Der letzte Raum ist von dem übrigen Hause staubdicht abgeschlossen und ist erst jetzt entstanden, um eine Neutechnik einzuführen. Dieses neue Verfahren besteht darin, dass die vorher polierten Holzflächen wiederholt mit einem Patentlack überzogen werden, ein Verfahren, welches die größte Geschicklichkeit beansprucht, und im übrigen weit praktischere Vorteile als das Polierverfahren besitzt. Das Holz wird bei dieser Behandlung erheblich widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse, sodass speziell für Schlafzimmermöbel diese Ausführung sehr zu empfehlen ist. Im zweiten Obergeschoss des Mittelgebäudes befindet sich endlich die Abteilung für Näherei und Stickerei. Unter Leitung einer künstlerisch gebildeten Directrice werden in diesem über drei Räume verteilten Ressort die Fenster- und Türdekorationen und selbst die Tüllgardinen zusammengestellt.

Hansestadt Hamburg, 1875 zum 50-jährigen Geschäftsjubiläum, Ludwig Piglhein Überarbeitet in moderneres Deutsch von Robert Wecker-Piglhein, im April 2020. (nicht signierter Beitrag von Cocktail (Diskussion | Beiträge) 17:49, 1. Apr. 2020 (CEST))Beantworten