Diskussion:Koordinative Fähigkeiten (Motorik)

Letzter Kommentar: vor 13 Jahren von PietJay in Abschnitt Integrationsversuch

Kritik

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Warum wurde eigentlich der ganze Absatz über die berechtigte Kritik an diesem Modell entfernt? --PietJay AufeinWort 12:27, 9. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Damit meinte ich besonders diesen Teil:
Der Versuch der Beweisführung scheitert an dem Problem, dass man von koordinativen Anforderungen nicht einfach auf zu Grunde liegende koordinative Fähigkeiten schließen darf. Solche Schlüsse sind unbedingt empirisch abzusichern. Diese Absicherung fehlt aber. Statt dessen sind eher Belege gefunden worden, die gegen die Existenz von koordinativen Fähigkeiten sprechen. Zudem sind die einzelnen (angenommenen) Fähigkeiten nicht unabhängig beobachtbar. Bei einer Gleichgewichtsleistung sind grundsätzlich auch andere angenommene Fähigkeiten mit einbezogen. Die oben genannten Bedingungen für Fähigkeiten werden also nicht erfüllt.
--PietJay AufeinWort 12:31, 9. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Hallo PietJay, der obige Absatz wurde wahrscheinlich seinerzeit deshalb entfernt, weil er sachlich falsch und außerdem in sich widersprüchlich ist. Inwiefern ? Fachsprachlich unterscheidet man zunächst zwischen koordinativen "Fertigkeiten" und entspr. "Fähigkeiten". Es gibt keine Fertigkeiten ohne diesen zugrundeliegende Fähigkeiten. Das sagt schon die Logik. Fertigkeiten aber werden in bestimmten Leistungen sichtbar, während die zu ihnen führenden Fähigkeiten in umfangreichen experimentalpsychologischen Verfahren erschlossen und statistisch-mathematisch identifiziert werden müssen. Dies geschieht seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts durch sog. Faktorenanalysen. Solche wurden zunächst im Bereich der Intelligenz erforscht. Hier besteht ja das gleiche Phänomen von Intelligenzfertigkeiten und ihnen zugrundeliegenden Fähigkeiten. Die Unabhängigkeit der Faktoren wird durch sog. Interkorrelationen statistisch ermittelt. Verfall nicht dem Denkfehler, dass es das, was man nicht mit den Augen sieht, nicht gäbe. Auch die Medizin arbeitet mit der Methode der Faktorenanalyse. Jede Krankheit hat ihr zugrundeliegende Ursachen, Dispositionen. Lies dir einfach mal den Wikibeitrag Koordinative Fähigkeiten (Motorik) in Ruhe durch. Genaueres erfährst du, wenn du dich mal mit der Konstruktion von Koordinationstests befasst, z.B. dem Wiener Koordinationsparcours" von Warwitz oder dem "Körperkoordinationstest für Kinder" von Kiphard. Empirische Absicherungen sind selbstverständlich und längst geleistet. Sie sind die Basis für jedes gute Testverfahren. Wie sollte sonst überhaupt die fast alltäglich von jedem Trainer oder Lehrer feststellbare Diskrepanz ermittelt werden zwischen dem, was ein Sportler könnte (=Fähigkeiten), aber nicht in Leistungen realisiert (=Fertigkeiten). Gruß --Aeranthropos 13:39, 9. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Die Koordinativen Fähigkeiten sind als ganzes ein Modell, das über Jahre hinweg von unterschiedlichen Autoren immer mehr oder weniger ausdifferenziert wurde. Dabei wurde zunächst von reinen Beobachtungen ausgegangen (Puni 1961, Blume 1978) und bei unterschiedlichen Anforderungen Anforderungsklassen oder Kategorien ausfindig gemacht. Roth und Zimmermann haben dann dazu eine Theorie aufgestellt, die auch von Meinel/Schnabel gestützt wurde. Dabei konnten mit der Zeit immer mehr Anforderungsklassen entdeckt werden, was ja auch aufgrund der hohen Anzahl an Variablen bei Bewegungen klar ist. Jede Bewegung basiert also auf Anforderungsklassen oder koordinativen Aufgaben. Dazu zählen Gleichgewichts-, Geschicklichkeits-, Rhythmus- usw. Anforderungen. Das Modell der Koordinativen Fähigkeiten sollte diese Anforderungen unter einen Hut bringen. Und hier hakt das Ganze. Ich darf nicht von einer Beobachtung auf ein Konstrukt schließen, ohne dass ich das empirisch absichere. Von einer Gleichgewichtsanforderung auf eine Gleichgewichtsfähigkeit zu schließen ist falsch. Gerade die Gleichgewichtsforschung ist gänzlich davon ab, das Gleichgewicht als Fähigkeit zu betrachten. Es ist bewegungswissenschaftlich eine Fertigkeit. Alle diese beobachteten Anforderungen sind Fertigkeiten. Von Fähigkeiten kann nur dann gesprochen werden, wenn die Eindimensionalität / Homogenität der angenommenen koordinativen Leistungskomponenten nachgewiesen ist und die strukturellen Beziehungen der Fähigkeiten untereinander, d.h. ihre gegenseitigen (Un-)Abhängigkeiten und Wechselwirkungen geklärt sind. Trifft hier leider nicht zu. Die Gleichgewichtsleistungen z.B. sind in hohem Maße abhängig von einer Menge an Faktoren. Das fängt an bei der visuellen Wahrnehmung an und geht auch hinüber zur supra- oder non-posturalen Aufgabe usw. Das Modell wird von der Bewegungswissenschaft mittlerweile teilweise abgelehnt oder auch gar nicht mehr diskutiert, weil es nicht zu beweisen ist. Solche Fähigkeiten müssten schließlich belegbar sein. Sind sie aber einfach nicht. --PietJay AufeinWort 14:41, 9. Apr. 2011 (CEST)Beantworten
Ich habe mir auch amal den Wiener Koordinationsparcours angeschaut. Nett ist er ja, aber der Satz Er macht die Qualität der Bewegungskoordination quantitativ messbar und damit einer objektiven Beurteilung zugänglich ist doch etwas hochgestochen. Der Test misst acht mehr oder weniger willkürlich zusammengestellte Einzelaufgaben. Daraus eine allgemeine Bewegungskoordiantionsleistung ableiten zu wollen ist schon ziemlich vermessen. Der Ersteller scheint eine große Affinität zum Turnen zu haben, für die meisten anderen Sportarten ist er aber wohl ohne jeden Aussagewert. Man sollte sich nur mal vor Augen halten, dass selbst Ruderer und Reiter, die beide als Sitzsportler gelten können, völlig unterschiedliche koordinative Anforderungen zu erfüllen haben. Weder das Eine noch das Andere wird von diesem Test auch nur im Inferntesten berührt. Es werden bei dem Test NUR diese 8 Aufgaben bewertet, die teilweise auch noch recht ähnlich sind und durch Verbesserungen der Schnellkraft (bei den Sprungaufgaben) leicht zu trainieren sind. Das Balancieren ist allein durch eine supraposturale Aufgabe vermutlich leicht steigerbar und einige andere Tests haben viel mit der allgemeinen Fitness zu tun. Leicht trainier- und messbar, aber aus diesem Test ein Indiz für die Existenz Koordinativer Fähigkeiten ableiten zu wollen, ist völlig vermessen.--PietJay AufeinWort 20:18, 9. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Und noch etwas: Die verschiedenen Komponenten der Bewegungskoordination werden faktorenanalytisch ermittelt und auf mathematisch-statistischem Wege isoliert.[1] Dieses Verfahren ist geeignet, die relative Unabhängigkeit der einzelnen Faktoren zu erkennen. Diese erkannten Faktoren der Bewegungskoordination sind eben NICHT relativ unabhängig voneinander. Man schaue sich nur mal die Gleichgewichtsleistung an.... --PietJay AufeinWort 20:55, 9. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Es ist schwierig, deine vielen neuen Wirrungen zu diskutieren, weil du dich nicht der Fachsprache bedienst und einigen Fehldeutungen unterliegst. Nur einige Hinweise:
  • Selbstverständlich kann man nicht von "Koordinationsanforderungen" auf entspr. "Fähigkeiten" schließen, aber das tut auch keiner. Richtig ist, dass von bestimmten "Fertigkeiten" oder "Leistungen" auf ihnen zugrundeliegende "Fähigkeiten" oder "Potenziale" geschlossen werden kann. Und darum geht es.
  • Eine Bewegung basiert auch nicht auf "Aufgaben". Den Satz verstehe ich nicht.
  • "Gleichgewicht" ist auch keine Fähigkeit. Präzise sollte es vielleicht heißen: "Gleichgewicht zu halten" ist eine Fertigkeit. Um diese zu bewerkstelligen, bedarf es einer Reihe von Komponenten wie physische, orthostatische, koordinative etc Voraussetzungen und Fähigkeiten.
  • Der Wiener Koordinationsparcours hat trotz des oberflächlichen Anscheins gerade k e i n e Affinität zu einer bestimmten Sportart. Genau das will er ja gerade nicht. Er b e w e i s t diese relative Unabhängigkeit durch entsprechende Interkorrelationen. Die Koeffizienten ermittelt die Statistik zwischen 0.0 und 1.0 und bewertet sie nach "nicht signifikant", "signifikant" und "sehr signifikant". Unabhängigkeit bedeutet "nahe Null". So haben n a c h w e i s l i c h Gerätturner keine Vorteile gegenüber Sprintern oder anderen. Kein Gerätturner turnt auf Zeitminimierung, und jeder Sprinter wird bei der nächsten Aufgabe schnell gestoppt.
  • Der WKP (du hast ihn nicht verstanden!) beschränkt sich außerdem nicht auf die 8 exemplarischen und wiederum durch Interkorrelationen abgesichert andersartigen Aufgaben. Koordination wird vor allem auch zwischen den konkreten Aufgaben, etwa in den Übergängen, gefordert. Das Anforderungsprofil setzt, wenn ich richtig schätze, etwa 15-20 verschiedene Fähigkeiten voraus.
  • Du hast sicher darin recht, dass die einzelnen Komponenten, die zu einer guten oder schlechten Koordination führen, erst nach und nach entdeckt wurden und sich vielleicht auch noch erweitern werden.

Es macht aber keinen Sinn, hier ein Kolleg zu beginnen. Ich bitte dich einfach, mal ein Fachbuch zur Faktorenanalyse, etwa zur Bestimmung der Intelligenzkomponenten, zur Hand zu nehmen. Dann lichtet sich der Dschungel dieses zugegeben nicht ganz einfachen Fachgebiets. Dann verstehst du auch die Konstruktion von Experimentalverfahren besser, die auf solch einer wissenschaftlich betriebenen Faktorenannalyse beruhen. Nochmals: J e d e s wissenschaftlich fundierte komplexe Testverfahren basiert auf solch einer Faktorenanalyse und das nicht erst seit gestern. Gruß --Aeranthropos 13:27, 10. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Du hast das System der in der Sportwissenschaft diskutierten Koordinativen Fähigkeiten nicht verstanden und entwirfst demnach hier ein neues System. Mit wenigen kurzen Sätzen meinst du, die Erkenntnisse anerkannter Sportwissenschaftler wie Klaus Roth aushebeln zu können. Du kannst einen festen Begriff wie den der koordinativen Fähigkeiten nicht einfach umdeuten und ein ganz neues Konstruk daraus drehen. Das ist TF. Im alten Artikel waren die in der Sportwissenschaft diskutierten koordinativen Fähigkeiten mitsamt der berechtigten Kritik am Modell dargestellt. Ich habe versucht, dir das deutlich zu machen. Ist mir wohl nicht gelungen. Auch egal, ich nur, dass kein Sportstudent den Kram hier als Grundlage für ein Referat nutzt. Wieder mal ein Beleg dafür, dass die WP ihre Schwächen hat. Für mich hier EOD --PietJay AufeinWort 14:05, 10. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Du wirst auf diese Beschimpfungen wohl kaum eine Antwort von mir erwarten. Das ist nicht mein Niveau, und meine Zeit mir zu kostbar. Nur so viel: Was koordinative Fähigkeiten unf Fertigkeiten sind, lernt jeder Sportstudent bereits im ersten Semester. Dass du kein Fachmann auf dem Gebiet bist, merkt man schon daran, dass du nicht einmal zwischen "Allgemeiner Koordination" (die als Grundlage für sämtliche Bewegungen und Sportarten gilt) und "Spezieller Koordination" (die darauf aufbaut und sportartspezifisch ausgelegt ist) zu unterscheiden weisst. Entsprechend unterscheidet sich der WKP von Koordinationstests zum Volleyballspielen oder Gerätturnen. Wenn du dich je mit dem Aufbau eines komplexen Testverfahrens beschäftigt hättest, -deren es auf verschiedenen Wissenschaftsgebieten einige gibt, würdest du die Existenz von Fertigkeiten zugrundeliegenden Fähigkeiten nicht mehr leugnen. Das ist geradezu absurd und total wirklichkeitsfremd. Aber hiermit möchte ich meine Einlassungen beenden. Es gibt schließlich Fachbücher dazu. Die Erkenntnisse der Experimentalpsychologen muss man nicht neu erfinden.--Aeranthropos 11:44, 11. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Ich habe mich sehr wohl wissenschaftlich damit befasst und gerade weil ich mich intensiv mit dem Gleichgewicht befasst habe, weiß ich, dass es keine Gleichgewichtsfähigkeit gibt. Darüber wird doch schon lange nicht mehr diskutiert und es steht völlig außer Frage. Jeder, der etwas anderes behauptet, hat schlicht keine Ahnung. Und das haben wir damals schon im 1. Semester gelernt. Allein das Balancieren auf einer Bank ist methodischer Unsinn. Entspricht den Erkenntnissen seiner Zeit, kann heute aber den Standards gar nicht mehr genügen. Die Fachbücher hab ich übrigens bemüht, wie du unten siehst, sogar aktuelle. --PietJay AufeinWort 17:21, 11. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Was sind koordinative Fähigkeiten?

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EOD - Egal. Obwohl es vermutlich einem Kampf gegen Windmühlenflügel gleichkommt, versuche ich dir mal eine Einführung in den Bereich der Koordinativen Fähigkeiten zu geben und gebe dir auch gleich die verwendete Literatur mit.
Als koordinative Fähigkeiten werden Eigenschaften bezeichnet, die die sportliche Leistung bestimmen und sich vor allem auf die Prozesse der Bewegungssteuerung und –regelung beziehen. Zimmermann (1998) definiert koordinative Fähigkeiten als „eine Klasse motorischer Fähigkeiten, die vorrangig durch die Prozesse der Steuerung und Regelung der Bewegungstätigkeit bestimmt ist. Sie stellen weitestgehend verfestigte und generalisierte Verlaufsqualitäten dieser Prozesse dar und sind Leistungsvoraussetzungen zur Bewältigung dominant koordinativer Anforderungen“ (Hervorhebungen i.O.). Die Anzahl der koordinativen Fähigkeiten schwankte im Laufe der Zeit. HIRTZ (1985) unterschied beispielsweise fünf koordinative Fähigkeiten, Zimmermann (1998) dagegen sieben. HOTZ (2000) hat dabei die GLeichgewichtsfähigkeit in den Mittelpunkt gestellt und die Reaktions-, Rhythmus-, Orientierungs- und die Differenzierungsfähigkeit um diese herum angesiedelt.
Als besonders bedeutsam für das Gleichgewicht sieht er die Orientierung und die Differenzierung. „Wer über kein Gleichgewicht verfügen kann, hat Defizite im räumlich-zeitlichen Orientierungs- und im sensorischen Differenzierungsbereich.“(HOTZ 2000, Seite 33). Sobald man sich also orientieren und die einzelnen Körpersegmente differenziert einsetzen kann, ist man nach diesem Modell in der Lage das Gleichgewicht zu halten. Die Fähigkeiten der Rhythmisierung und der Reaktion bauen auf dem Gleichgewicht auf und vervollständigen die Bewegungskompetenzen. Zusätzlich zu den genannten wurden noch weitere Modelle zu koordinativen Fähigkeiten entwickelt (z.B. MATTAUSCH 1973, BLUME 1978, nach LIPPENS 2005).
Allerdings hat sich gezeigt, dass dieses Modell unzureichend ist, weshalb die Bearbeitung dieses Konzeptes „zur Zeit unterbrochen, vielleicht sogar endgültig abgebrochen ist“ (GÖHNER 1999, zitiert nach MECHLING 2003, Seite 348). Die Generalisierbarkeit der Fähigkeiten konnte in empirischen Untersuchungen genauso wenig nachgewiesen werden wie eine Stabilität über die Zeit. Generelle Stabilität von Einzelfähigkeiten für andere Fähigkeiten konnte nicht nachgewiesen werden.
An dieser Stelle setzt dann Roth auch Roth an. Er erläutert, warum eine generelle Systematik der KF nicht gefunden wurde. Er beschreibt hierzu das Vorgehen der Wissenschaftler. 1)" Das zu analysierende Feld wird definitorisch eingegrenzt. Ergebnis: Die KF sind generelle, bewegungs- und sportartübergreifende Leistungsvoraussetzungen, die das Niveau wesentlicher Vorgänge bei der Steuerung und Regelung menschlicher Willkürbewegung charakterisieren." (Roth 2007) 2) Die vermuteten allgemeinen Steuerungs- und Regelungsanforderungen werden gesammelt und zu übergreifenden koordinativen Aufgaben- oder Anforderungsklassen zusammengefasst. "Hier liegt wohl der Haken" (Roth 2007, Seite 87). Jeder Beobachter nimmt hier nach seinen Aussagen eine Betrachter- und Sammlerposition ein. 3) Diese Beobachtungen wurden mit der Intension durchgeführt, "von den gebildeten Aufgabennklassen auf entsprechende koordinative Lösungsfähigkeiten zu schließen" (Roth, Hervorh. i.O.) Da die Anforderungsanalysen sehr heterogen sind, sind es auch die Fähigkeitssystematiken. In der Folge bezieht er dann eindeutig Stellung: In diesem Text, in dem es um das Training der Koordination geht legt er fest, dass Koordinationstraining keinesfalls fähigkeitsorientiert sein darf. Damit spricht er sich direkt gegen die Existenz der KF aus. Roth begründet dies mit dem angesprochenen dritten Schritt, also der Überleitung von (beobachtbaren) Anforderungen zu (latenten) Konstrukten. "Solche Übergänge können weder rein intuitiv noch überzeugungsgeleitet vollzogen werden. Das ist wissenschaftlich unzulässig. Es ist z.B. nicht erlaubt, von Rhythmus- oder Gleichgewichtsanforderungen "einfach 1:1" auf eine zugrundeliegende Rhythmus- bzw. Gleichgewichtsfähigkeit zu schließen. Vielmehr sind solche Schlüsse ausdrücklich an empirische Absicherungen gebunden. Den (mutterwissenschaftlichen) Standards der Differentiellen Psychologie entsprechend, kann von Fähigkeiten oder Fähigkeitsstrukturen nur dann gesprochen werden, wenn erstens die Eindimensionalität / Homogenität der angenommenen koordinativen Leistungskomponenten nachgewiesen ist und zweitens die strukturellen Beziehungen der Fähigkeiten untereinander , d.h., ihre gegenseitigen (Un-)Abhängigkeiten und Wechselwirkungen, geklärt sind." (Roth 2007, Seite 89)
Ich hoffe, dir ist das jetzt fachsprachlich genug. Diese Darstellung beruht nicht auf meinen persönlichen Ansichten, sondern ist durch Literatur abgesichert. Somit keine TF. Bei Kritik an den Inhalten bitte einfach an die Autoren selbst wenden, vielleicht hast du ja die Lösung dieses alten Problems der Sportwissenschaft einfach so parat. --PietJay AufeinWort 08:03, 11. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Integrationsversuch

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An deinem Engagement sehe ich, dass die Sache dir sehr wichtig ist. Ich möchte dir deshalb zwei Vorschläge machen:

a. Du bist besonders an dem Stichwort "Gleichgewicht" interessiert. Wie wäre es, dazu einen eigenen WP-Beitrag nach deinen Vorstellungen zu verfassen ?

b. Ich will deine Argumente gern nochmals genau studieren und nach einer Formulierung suchen, die auch deinem Anliegen gerecht wird, ohne dass in dem Artikel Widersprüche produziert werden, die das WP-Reglement ja nicht zulässt. Solch ein Widerspruch wäre z.B., einerseits von "Fähigkeiten" zu sprechen und diese namentlich zu benennen und kurz darauf deren Existenz oder Unabhängigkeit wieder zu leugnen. Im weiteren reicht es nicht aus, deren Nichtexistenz einfach zu behaupten und dafür Vertreter/Autoritäten zu benennen. Behauptungen müssen in der Wissenschaft b e le g t, möglichst b e w ie s e n werden. Wenn es bereits Beweise für die gegenteilige Annahme gibt (wie von den Experimentalpsychologen bei ihren Faktorenanalysen erbracht und mathematisch-statistisch abgesichert) müssen diese Beweise zunächst widerlegt werden. Das ist bisher nicht der Fall. Entsprechende Testverfahren sind unbestritten in der Sportwissenschaft, in der Psychologie, in der Pädagogik, in der Medizin in Gebrauch. Eine Behauptung ist nicht schon deshalb haltbar, weil sie eine Autorität geäußert hat (Sprichwort: Hier irrte Goethe). Schließlich ist auch zu klären, warum Trainer und Lehrer (aller Fächer!) in der Praxis die Unterscheidung von Fähigkeiten und Fertigkeiten benötigen: Weil sie nämlich die latenten Fähigkeiten ihrer Klientel zu effektiven Fertigkeiten machen sollen und wollen. Das ist exakt ihr Auftrag. Dazu müssen sie sie natürlich kennen und differenziert ansprechen können. Testverfahren sind vor allem auch dazu da, Phänomene und Probleme zu orten, die man nicht gleich mit dem Auge sieht. Für letzteres bedarf es keiner Tests.--Aeranthropos 11:52, 12. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Bin grad an einem öffentlichen Rechner und logge deshalb nicht ein. Mit dem Gleichgewicht habe ich mich besonders befasst und auch schon mal was daüber geschrieben. Ich nehme es gerne als Beispiel, weil es recht anschaulich ist. Das mit dem Beweisen ist so eine Sache. Die von dir angeführten Faktorenanalysen sind nicht stimmig, wie Roth dargelegt hat. Sie zeigen immer einen individuellen Zuschnitt des Beobachters. Somit wäre der Beweis FÜR die Existenz nicht erbracht. Ich möchte hier gerne mal ein Beispiel geben (wieder aus dem Bereich des Gleichgewichts). Eine Gleichgewichtsleistung wird nie nur für sich selbst erbracht, sondern ist immer an intra- und inter-personelle Gegebenheiten gebunden. Dazu zählt vor allem die visuelle Wahrnehmung. Es macht einen Unterschied, ob ich mit geschlossenen oder offenen Augen auf einem Bein stehe. Wenn man dann die ganze Aufgabe ändert, den Probanden z.B. auf dem Kopf stehen lässt, gibt es komplett andere Ergebnisse. Aus dem Vergleich dieser Aufgaben müsste sich dann eine Fähigkeit, da sie ja überdauernd und übergreifend sein soll, ableiten können oder sie müsste zumindest erkennbar sein. Dies konnte nur nie gezeigt werden. Vielmehr zeigt sich, dass der Begriff Gleichgewicht zu grob gefasst ist. Es sind einfach zu viele unterschiedliche Bewegungsformen, die unter diesen Oberbegriff gefasst werden und zudem sind diese einzelnen Fertigkeiten extrem gut trainierbar. Was das Training angeht, gebe ich dir Recht. Das auf den Koordinativen Fähigkeiten aufbauende Training ist gut und brauchbar. Die zu erlernenden Bewegungen sind zerlegt und auf koordinative Schwerpunkte hin untersucht worden. Daraus ergibt sich ein gutes Training. Der Fehler ist hier nur der theoretische Unterbau. Man kann jeden Menschen zu einem "Experten" in einzelnen koordinativen Anforderungsbereichen machen, undabhängig von der genetischen Disposition. Dies gilt natürlich nicht bei Krankheiten. Bei den konditionellen Fähigkeiten ist das auch wieder anders, die sind zu einem Teil unveränderbar und es gilt, den Sportler durch das Training an das persönliche Maximum heranzubringen. Für den Artikel über die KF würde es meiner Meinung nach reichen, wenn nicht alles als determiniert stehen würde und auch auf die Kritik eingegangen wird. Das Konzept ist schließlich umstritten. Diese Aufteilung ist auch in der WP möglich. Schau dir doch einfach mal die Argumente durch, dann sehen wir weiter. Gruß PietJay --62.227.33.88 12:50, 12. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Wie wäre es mit dem folgenden Formulierungsversuch, an dem du gern noch weiter feilen darfst, bevor wir dann die endgültige Fassung ins Stichwort geben. Ich stelle dir auch zur Wahl, ob wir es bei den ersten beiden Absätzen belassen (bis Roth 2007) und diese dann etwa an den Abschnitt "Spektrum" anhängen oder auch die 4 Gemeinsamkeiten herausstellen und vielleicht einen neuen Abschnitt "Deutungen" anfügen. Natürlich müssen wir dann noch die Namen belegen:

Deutungen der Koordinativen Fähigkeiten

Zur Interpretation und Systematisierung der koordinativen Fähigkeiten bestehen unter den Bewegungswissenschaftlern noch divergierende Auffassungen:

Auf der einen Seite gehen Experimentalpsychologen wie Lienert, Ingenkamp, Warwitz davon aus, dass jeder Fertigkeit eine Reihe von Fähigkeiten zugrundeliegen, die man durch Faktorenanalysen methodisch bestimmen und durch Interkorrelationen mathematisch-statistisch hinreichend isolieren kann. Auf der anderen Seite geben Sportwissenschaftler wie Roth, Zimmermann, Göhner zu bedenken, dass die Auswahl der Faktoren durch die Untersucher immer subjektiv sei und sich eine eindeutige Trennung der verschiedenen Komponenten wegen der Überschneidungen nicht zufriedenstellend realisieren lasse. Sie bestreiten entsprechend eine Generalisierbarkeit und zeitliche Stabilität der Einzelfähigkeiten (Roth 2007).

Unbestritten ist, dass

- koordinative Fähigkeiten als Eigenschaften zu verstehen sind, die eine sportliche Leistung in Form von Steuerungs- und Regelungsprozessen wesentlich mitbestimmen,

- die Identifizierung eines Fähigkeitsspektrums für die motorischen Lernprozesse (Verwandlung von Fähigkeiten in Fertigkeiten) wie für die Erstellung komplexer Testverfahren unerlässlich ist,

- Fertigkeiten nicht nur einer bestimmten Fähigkeit (1:1-Umsetzung), sondern einer Reihe verschiedener Fähigkeiten erwachsen, die umso zahlreicher sind, je komplexer sich die Fertigkeit darstellt,

- auch die einzelnen Fähigkeiten wiederum Komplexe bilden, die weiter aufgeschlüsselt werden können.

Gruß --Aeranthropos 11:43, 13. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Das klingt schon ziemlich gut. Zimmermann müsste aber noch raus da, der hat sich bei Meinel/Schnabel auf den Standpunkt der Vertreter der Theorie gestellt. Oder hat er noch was Neues verfasst? Bei Unbestritten ist, dass bin ich mit der Überschrift nicht ganz zufrieden. Kritiker sind schließlich der Ansicht, dass es gar keine KF gibt. Unbestritten unter Verfechtern der Theorie ist, dass vielleicht? Einfach häufiger mal den Konjunktiv benutzen. Wirklich unstrittig sind mMn die Auswirkungen auf das Training, denn egal warum und wie die Theorie ist, ist eine Analyse der koordinativen Schwerpunkte beim Bewegungslernen wichtig. Bis dahin erstmal. Gruß --PietJay AufeinWort 16:58, 13. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Die Formulierungen der Punkte unter "Unbestritten ist, dass ...." habe ich ja wörtlich bis sinngemäß aus deiner obigen Zusammenfassung übernommen. Welcher Fachvertreter leugnet denn tatsächlich ernsthaft die Existenz der "Koordinativen Fähigkeiten", wenn a l l e og. Autoren den Begriff in ihren Schriften, sogar Buchtiteln verwenden und ausdifferenzieren, d.h. damit arbeiten: Blume, Ingenkamp, Hirtz, Hotz, Lienert, Schnabel, Warwitz, Weineck, Zimmermann, sogar Roth !? Ich denke, wir können das totale Leugnen von Koordinativen Fähigkeiten als absolute Außenseiterposition vernachlässigen. Man könnte natürlich einfügen "Nahezu unbestritten ist, dass" oder -wie gesagt- sich auf die beiden ersten Absätze beschränken. Aber ist die Info in der vorliegenden Fassung für den Leser nicht besser ? Mit der Herausnahme von Zimmermann wäre ich einverstanden und würde dann folgende Belegliteratur vorschlagen:

K. Ingenkamp/U. Lissmann: Lehrbuch der pädagogischen Diagnostik. Weinheim 2008 6. Auflage

G.A. Lienert/U. Raatz: Testaufbau und Testanalyse. Weinheim 1998 6. Auflage

S.A. Warwitz: Das sportwissenschaftliche Experiment. Planung-Durchführung-Auswertung-Deutung. Schorndorf 1976

U. Göhner: Bewegungsanalyse im Sport. Schorndorf 1987 2. Auflage

K. Roth: Strukturanalyse koordinativer Fähigkeiten. Bad Homburg 1982

P. Hirtz: Koordinative Fähigkeiten im Schulsport. Berlin 1985

--Aeranthropos 12:18, 15. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Nicht zu vergessen Roths interessanten Aufsatz mit dem, inhaltlich gesehen, irreführenden Titel Wie verbessert man Koordinative Fähigkeiten? in Methoden im Sportunterricht2007. Dazu noch

Mechling: Von koordinativen Fähigkeiten zum Strategie-Adaptions-Ansatz aus dem Handbuch Bewegungswissenschaft - Bewegungslehre 2003
In dem letzten habe ich nebenbei eine schöne Definition gefunden: Unter sportmotorischen Fähigkeiten werden Leistungevoraussetzungen verstanden, die eine Vielzahl von Fertigkeiten beeinflussen und ein Teil der Fertigkeitsstruktur sind. Sie dienen der Erfüllung mehrerer Handlungsziele. Mit dem Fähigkeitskonzept wird aufgrund neuerer Ansätze die Auffassung vertreten, dass Fähigkeiten auf der Prozessebene (funktional, physiologisch, neurophysiologisch) Entsprechungen und identifizierbare Anteile besitzen. (Seite 351). Man könnte auch noch in Induktiv, Induktiv empirisch-analytisch und deduktiv gewonnene KF unterteilen. Du solltest dir den Aufsatz mal besorgen, der Absatz über Kritische Fakten ist sehr gut. Da gehts auch um die Motoriktests usw. Gruß --PietJay AufeinWort 13:42, 15. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Hab mal bei Mechling nach der Kritik geschaut. Sportmotorische Fähigkeitstests erreichen im 10-Jahres-Vergleich nur eine mittlere Stabilität (r=.54). Der Prognosewert von fähigkeitsorientierten Ansätzen erreicht in den seltensten Fällen eine Varianzaufklärung an koplexen Fertigkeiten oder zukünftigen Leistungen, die über 50% liegt. (Seite 355). Lässt man dann noch die Einflüsse spezieller Fertigkeiten raus, sinkt die Varianzaufklärung weiter. Er spricht sich aber nicht gegen eine verübergehende Konsistenz solcher Fähigkeiten aus. Weiterhin geht er auf die erforderliche Stabilität über die Zeit ein, die gegeben sein muss. Dazu müssten sich zwischen zwei motorischen Aufgaben mit ähnlicher Anforderungsstruktur hohe Korrelationen ergeben. Zweifel daran soll es wohl schon seit den 50er-Jahren geben. Es wurden aber keine Belege für die generelle Stabilität von Einzelfähigkeiten über über verschiedene Aufgaben gefunden.
Mechling geht dann noch darauf ein, dass einzelne Fähigkeiten oder die Fähigkeitsstruktur im Hinblick auf Übungsprozesse konstant und Zeitverlauf stabil sein müssten, sollte es sich um Fähigkeiten handeln. Untersucht man das in mehreren Reihen kommt heraus, dass die Prognose der Endleistung besser aus der jeweils letzten Leistung gelingt und die Endleistung im Vergleich zur Ausgangsleistung immer unähnlicher wird. Er stellt dann fest, dass die Einführung und Verwendung des Konzepts der KF hilfreich war, solange geringe Kenntnisse über zu Grunde liegende Wahrnehmungs- und motorische Steuerungsprozesse vorlagen. Er würde einen modifizierten Fähigkeitsansatz deshalb bevorzugen. Dieser würde dann davon ausgehen, dass man nicht mit Hilfe einfacher prozessualer Parameter vergleichbare Prognosen für Endzustände und insbesondere für Trainings- und Übungssteuerung annehmen kann. (Sinngemäß aus Mechling, Seiten 355-359 entnommen)--PietJay AufeinWort 14:53, 16. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

"Fähigkeiten" sind keine Konstanten. Sie sind veränderbar und wandeln sich ständig, -im positiven Sinne durch Entwicklung und Förderung, im negativen Sinne z.B. als alters- oder krankheitsbedingte Regression (Demenz, Alzheimer etc). Insofern ist auch der Beitragstitel von Roth "Wie verbessert man koordinative Fähigkeiten ?" zielführend. Testverfahren dienen dazu, solche Veränderungen ggf. festzustellen.

Auch der Blutdruck eines Menschen ist keine feste Größe. Er ändert sich ständig. Entsprechende Tests messen dies. Es käme wohl keiner auf die skurrile Idee, es gäbe keinen Blutdruck, weil dieser sich immer wieder ändert oder der Test sei schlecht, weil er nicht immer den gleichen Blutdruck misst. Es ist genau umgekehrt. Ein Test misst immer den augenblicklichen Status. Der Irrtum besteht darin, dass eine völlig abwegige Prämisse gesetzt wird (Fähigkeiten müssten stabil sein) und daraus dann falsche Schlussfolgerungen gezogen werden, die der Wirklichkeit nicht entsprechen können.--Aeranthropos 13:05, 18. Apr. 2011 (CEST)Beantworten

Fähigkeiten sind als Begriff aus der Psychologie schon in gewisser Weise konstant, sie stellen schließlich das generelle Niveau dar, auf dem dann noch aufgebaut werden kann. Dieses Niveau ist der Theorie nach bei allen Menschen festgelegt und unterschiedlich hoch. So hat ja auch Zimmermann in Meinel/Schnabel definiert: koordinative Fähigkeiten sind "eine Klasse motorischer Fähigkeiten, die vorrangig durch die Prozesse der Steuerung und Regelung der Bewegungstätigkeit bestimmt ist. Sie stellen weitestgehend verfestigte und generalisierte Verlaufsqualitäten dieser Prozesse dar und sind Leistungsvoraussetzungen zur Bewältigung dominant koordinativer Anforderungen. Da können wir hier egal wie viel von halten, so steht es nunmal geschrieben und passt zur Basiswissenschaft. Nur darauf aufbauend können und dürfen wir dann hier auch arbeiten. Gruß --PietJay AufeinWort 17:49, 18. Apr. 2011 (CEST)Beantworten