Diskussion:Hofbauer (Familienname)

Letzter Kommentar: vor 11 Monaten von 2001:871:1B:D056:ECBD:39D5:A862:6802

Das liest man zur Herkunft des Familiennamens Hofbauer: Als einen Hofbauern bezeichnet man einen zu einem Gehöft gehörigen oder dem Hof zum Dienst verpflichteten Bauern.

Diese Aussage stimmt gar nicht mit meinem Kenntnisstand überein und kommt mir frei erfunden vor. Ich habe seit Jahrzehnten tausende Eintragungen in den österreichischen Aufzeichnungen, (hauptsächlich Kirchenmatriken und herrschaftliche Aufzeichnungen, überwiegend unter der Enns), bis zu deren Anbeginn zurückverfolgt. Die häufigste Formulierung ist nach der Eintragung des Vor- und Zunamens "Hofbauer zu", gefolgt vom Haus- oder Weilernamen. Der Hausname ist der Name des Hofes, wenn es sich um ein Haus allein handelt (heute oft mit dem neuerfundenen und nichtssagenden Wort Einzelhof bezeichnet; nichtssagend deshalb, weil die meisten heute als Einzelhof bezeichneten Anwesen keine Höfe sind). Der Weiler oder die sonstige Ortsbezeichnung wird angeführt, wenn der Hof nicht allein steht. Die Nennung dieser Höfe deckt sich nach meiner Erfahrung überwiegend mit den mittelalterlichen Höfen, die ursprünglich die (einschildigen) Ritter in Eigenwirtschaft gehabt haben, wobei sie auf einem davon selber gelebt haben. Wo ich das in den Pfarren abgezählt habe, bin ich auf rund 3 % der landwirtschaftlichen Anwesen gekommen, die als Höfe (Hofbauern, fallweise Bauerngüter) bezeichnet worden sind, manchmal etwas darüber, nie über 5 %. Vermutlich hat man fallweise bei den Herrschaften im Grundbuch das eine oder andere größere Anwesen zu den Höfen dazugeschwindelt, ohne dass es im Mittelalter ein Ritter in Eigenwirtschaft hatte. In den alten herrschaftlichen Grundbüchern sind die Höfe gleich bezeichnet worden. Es handelt sich dabei um ein Gebiet, wo es nicht zum frühneuzeitlichen Bauernlegen gekommen ist (wie anderswo nach starker Entvölkerung durch Krieg und Seuchen) und sich die Besitzstruktur seit dem Mittelalter wenig verändert hat. Hier haben sich die meistens viel älteren Haus- und Weilernamen der Höfe, Ganzlehen, Dreiviertellehen, ... in den Zunamen konserviert. In seltenen Fällen hat man, mangels eines zur Spezifizierung des Besitzers geeigneten Hausnamens, Ruf- oder Übernamens, aus Verlegenheit auf die Kategoriebezeichnung "Hofbauer" zurückgegriffen, was nicht oft der Fall war. Gleiches gilt für den im westlichen Österreich unter der Enns und auch ob der Enns seltenen Zunamen Bauer, der in den alten Aufzeichnungen gewöhnlich "Bauer in" genannt wird und in der jeweiligen Pfarre einen einzigen, den weitum größten Hof bezeichnet, wenn die Bezeichnung in der Pfarre überhaupt vorkommt. Denn "Bauer in" ist noch viel seltener als "Hofbauer zu". Westlich der Ybbs findet man eher "May(e)r zu" statt "Hofbauer zu" für die nämliche Kategorie.

Den Zunamen "Bauer" unter den Namen aus Berufsbezeichnungen anzuführen erscheint gänzlich fragwürdig, weil die Berufsbezeichnung Bauer erst im Lauf des 20. Jahrhunderts aufgekommen ist. Zu der Zeit der Entstehung (und nach und nach Festlegung) der Zunamen war Bauer nie und nimmer als Beruf gesehen und der äußerst seltene Zuname Bauer geht offenbar auf die wenigen mit hohem Prestige ausgestatteten "Bauer in" genannten Höfe zurück. Aus dem gleichen Grund ist in diesen Gebieten auch der Zuname May(e)r sehr selten, weil im Falle der "May(e)r zu" udgl. fast immer die Bezeichnung des Hofes als Zuname konserviert worden ist, wie auch im Fall der Hofbauern. Im Osten von Österreich unter der Enns sind die Zunamen May(e)r und Bau(e)r häufig. Hier ist aber die Besitzstruktur in der frühen Neuzeit (und auch schon davor) viel stärker verändert worden, durch Besitzanhäufung bei den verbliebenen herrschaftlichen Gütern und durch Besitzaufsplitterung, vermutlich, damit den Herrschaften eine große willfährige und abhängige Masse an zu Frondiensten verfügbaren/ausbeutbaren Untertanen zur Verfügung gestanden hat (wie ähnlich auch östlich der Elbe und in anderen östlichen Ländern). Parallel dazu sind im östlichen Österreich unter der Enns nach Kriegs- und Seuchenzeiten viele Untertanen zur Wiederbevölkerung aus dem Westen, aus Dalmatien usf. angesiedelt worden, wobei sich oft die ursprünglich örtliche Herkunft der Zunamen noch lokalisieren lässt. Das lässt unter anderem die Vermutung aufkeimen, dass dort durch die Besitzteilungen ursprünglich seltenere Zunamen wie May(e)r, Bau(e)r häufiger geworden sind.

Allgemein fällt auf, dass Zunamen, die auf Höfe mit Prestige zurückgehen, viel häufiger sind, als es dem Anteil dieser Höfe (rund 3 % der Anwesen) entspricht. Das kann wohl nur auf die weitaus größeren Reproduktionschancen der Nachkommen dieser Bevölkerungsgruppe über lange Zeit zurückgehen, was man an den Verheiratungen gut sehen kann. Alle haben so wenig wie möglich abwärts geheiratet und die Kinder der Ärmeren sind als unverehelichte Dienstboten übergeblieben, mit sehr geringer Nachkommenschaft, die wiederum chancenlos war.

Ähnlich liegen die Dinge vermutlich auch in anderen Gebieten. Als Beispiel sei Westfalen angeführt, wo man auch "Mey(e)r zu" udgl. kennt, westlich davon halt alternativ Schulte. So könnte man sich vermutlich bis zum böhmischen Dvořák und vielleicht sogar bis zum spanischen Hidalgo weiterhandeln, aufgehalten erst in Portugal durch die Atlantikküste. --2001:871:1B:D056:ECBD:39D5:A862:6802 10:27, 18. Mai 2023 (CEST)Beantworten