Diskussion:Gerhard von Cremona

Letzter Kommentar: vor 2 Jahren von Enzian44 in Abschnitt Ewald Guido Fischer

Hier wird anscheinend allen Ernstes behauptet, er hätte kein Arabisch gekonnt. So verstehe ich jedenfalls den Abschnitt, in dem geschildert wird wie sein "Assistent" erst ins Kastilische übersetzte. Das ist nicht was sonst so in der Literatur steht, zum Beispiel im Lexikon des Mittelalters. Danach war er im Gegenteil dafür bekannt auf das Arabische Original zurückzugreifen und sich um exakte Wiedergabe zu bemühen.--Claude J (Diskussion) 12:08, 18. Jul. 2018 (CEST)Beantworten

Lieber Claude, der Abschnitt sollte in der gegebenen Version -- auch mit Deiner inhaltlich etwas unvermittelten Hinzufügung -- tatsächlich nicht stehenbleiben. Auch der Quellenhinweis auf die (mir vorliegende) Arbeit von Opelt ist deplaziert, da diese sich nur im Vorübergehen und wesentlich zurückhaltender ausdrückt. Da ich mir Wikipedia-Abstinenz verordnet habe, will ich aber lieber nicht persönlich in den Text eingreifen.
Die Forschungsmeinungen über die Arbeitsweise Gerhards und über die Reichweite seiner Arabischkenntnisse sind geteilt. Sie divergieren in der Beurteilung des Zeugnisses von Daniel von Morley, demzufolge Gerhard den Almagest mit der Hilfe eines 'übersetztenden' oder dolmetschenden ("interpretante") Mozarabers namens "Galippus" (ar. Galib) ins Lateinische brachte ("Girardus Toletanus, qui Galippo mixtarabe interpretante Almagesti latinavit"). Über die Art seiner eigenen Abhängigkeit von Galippus führt Daniel konkreter noch aus, daß er selbst über das Universum lernte und auf Lateinisch niederschrieb, was Galippus aus dem Arabischen in die (romanische) 'tholetanische Sprache' übersetzte ("De hac spaciosa et universali domo, ut anditoris animus fortius cohereat, quod a Galippo mixtarabe in lingua Tholetana didici, Latine subscribitur"). In der Forschung nimmt man im allgemeinen an, daß die letztere Konkretisierung implizit auch für Gerhard in der Formulierung "interpretante" gemeint sei, die Meinung gehen aber darüber auseinander, ob Gerhard eventuell nur in einer Anfangsphase seiner Übersetzertätigkeit auf mozarabisch-romanische Vermittlung angewiesen war, und in welchem Umfang er auch selbständig oder mindestens vergleichend auf das Arabische zurückgegriffen hat. Eine Zusammenstellung einschlägiger Meinungen -- und Quellennachweise für die zuvor hauptsächlich aus Thorndike (A History of Magic, II, p. 88s., p. 171s.) bekannt gewesenen Quellenzitate nach der neueren Ausgabe von Maurach -- findest Du z.B. bei Lutz Richter-Bernburg (2009) hier: https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/handle/10900/46821.
Herzliche Grüße und beste Wünsche für die gute Arbeit, 2003:CB:63C5:8400:F130:C176:E4EC:127E 17:33, 18. Jul. 2018 (CEST) (O.L.)Beantworten
Bei Daniel von Morley (Textauszug im DBI) geht es aber um eine Lehrtätigkeit Gerhards, die auf die geschilderte Weise vor sich ging, und über die Sprache, in der der mozarabische Mitarbeiter Texte wiedergab, steht in der Quelle nichts. --Enzian44 (Diskussion) 21:53, 18. Jul. 2018 (CEST)Beantworten
Lieber Enzian44, ich bin nicht sicher, wie Du den Einwand meinst.
Es handelt sich um zwei verschiedene Aussagen Daniels, die ich jeweils nur zitatweise aus zweiten Händen kenne (die Veröffentlichung von Maurach habe ich noch nicht benutzt).
Die Aussage über Gerhard als Übersetzer des Almagest steht im Zusammenhang mit Aussagen über Lehrmeinungen Gerhards, die dieser unter Berufung auf eine ysagoge zaphiris (nach einer nicht unfragwürdigen Vermutung Majers auf den Introductorius Albumasars zu beziehen) vertrat ("Cum vero predicta et cetera talium in hunc modum necessario evenire in ysagogis zaphiris auditoribus suis affirmaret Girardus Tholetanus, qui Galippo mixtarabe interpretante Almagesti latinavit, obstupui ceterisque, qui lectionibus eius assidebant, molestius tuli eique velut indignatus homiliam beati Gregorii, in qua contra mathematicos disputat, obieci"). In diesem Zusammenhang wird Gerhard mit Verweis auf dessen zu dieser Zeit offenbar bereits bekannteste Rolle als Übersetzer des Almagest spezifiziert und hierbei ergänzend bemerkt, daß er den Almagest Galippo mixtarabe interpretante ins Arabisch übertrug. Um "eine Lehrtätigkeit Gerhards" im Sinne lateinischer Vorlesungen aus dem oder über den Almagest geht es bei Daniel nicht konkret, auch wenn er solche Vorlesungen gehört haben mag.
Die Aussage über Daniels eigenes Werk -- als einleitende Bemerkung zu dessen Philosophia, wenn ich recht verstanden habe -- bezieht sich dagegen auf eine Lehrtätigkeit nicht Gerhards, sondern Galibs, falls didici in diesem Sinn zu verstehen ist. Galib wird hierbei nicht als Sprachlehrer oder Übersetzungshelfer, sondern als vermittelnde inhaltliche Autorität letztlich aristotelischer Lehre angeführt. Wenn didici hierbei richtig verstanden ist, hat Daniel quasi zu Füßen Galibs Lektionen auf Kastilisch gehört und sie Lateinisch mitgeschrieben oder verarbeitet.
Daß Galib im Fall des Almagest für seine von Gerhard benutzte 'interpretatio' speziell Kastilisch verwendete, wird in der ersten Aussage tatsächlich nicht ausdrücklich gesagt, viele mozarabische Gelehrte konnten auch mehr oder weniger gut Latein, Kastilisch ist aber aufgrund der sonstigen Informationen über das Übersetzungswesen in Toledo eine naheliegende oder zumindest keine abwegige Option, und im gegebenen Fall besonders naheliegend, wenn Galib auch später noch auf Kastilisch und nicht auf Latein Vorlesung hielt. Auch in der Forschung wird -- nach meiner sehr begrenzten Kenntnis -- üblicherweise nicht bezweifelt, daß es sich im Fall des Almagest um eine kastilische Übertragung oder Übersetzungshilfe handelte. Unsicher ist dagegen, welche eigene Arabischkenntnisse Gerhard seinerseits einzubringen vermochte. Im Fall des Almagest muß man laut Kunitzsch davon ausgehen, daß er im Verlauf seiner langjährigen Arbeit an diesem Text nicht nur von einer einzigen Übersetzung (aus letztlich dem Griechischen) abhing und -- nach Ausweis der Tabellenwerke -- auch schriftliche Vorlagen verarbeitet hat.
Herzliche Grüße, 2003:CB:63C5:8400:F130:C176:E4EC:127E 00:34, 19. Jul. 2018 (CEST) (O. L.)Beantworten
Maurach und Kunitzsch (da scheint es drei verschiedene Fassungen zu geben) kommen im Artikel noch nicht vor, Majer auch nicht. Im ersten Text scheint es sich um eine Disputation zwishen Gerhard und Daniel zu handeln. Vom Niederschreiben wie im Artikel dargestellt steht bei Daniel jedenfalls nichts ausdrückliches, latinare dürfte nicht notwendigerweise die Komponente Schreiben enthalten. Vom Almagest gibt es nach C.A. Nallino in der Enciclopedia Italiana eine in Sizilien angefertigte lateinische Übersetzung aus dem Griechischen, die Gerhard nicht kannte. Herzliche Grüße azs Palermo, wo diese Übersetzung entstanden ist. --Enzian44 (Diskussion) 04:02, 19. Jul. 2018 (CEST)Beantworten
Lieber Enzian44, an der ersten Stelle bezieht sich Daniel auf Aussagen Gerhards über den Einfluß der Sterne, bei denen Gerhard sich seinerseits nicht oder nicht direkt auf den Almagest, sondern auf die ominöse ysagoge zaphiris (möglicherweise eine Einführung in den Almagest) bezog. Gerhard machte diese Aussagen "auditoribus suis", gegenüber Hörern "qui lectionibus eius assidebant", also als Lehrer im Rahmen eineer Lehrtätigkeit in Toledo, und von einer Disputation kann man zumindest im weitesten Sinn insofern sprechen, als es hierbei im Verlauf einer dieser Vorlesungen zu einer von Daniel referierten Diskussion zwischen ihm selbst als einem dieser Hörer und Gerhard als dem Vortragenden kam. Bei dem Einschub zur Person Gerhards, "qui Galippo mixtarabe interpretante Almagesti latinavit", sind zwei Deutungen möglich, wenn auch m.E. nicht gleich gut möglich. Es kann sich einerseits um eine nähere Bestimmung des Themas der fraglichen lectiones handeln. In diesem Fall hätte Gerhard in Toledo uner übersetzender Beihilfe Galibs eine Vorlesung aus seiner lateinischen Übertragung des Almagest gehalten, mit kommentierenden Zusätzen unter Heranziehung der ysagoge zaphiris, und in einer verhältnismässig offenen Form, die die Diskussion von Einwänden seiner Zuhörer erlaubte. Der Ausdruck "latinavit" wäre dann aber schwerlich so zu verstehen, daß Gerhard eine lateinische Stegreifübersetzung vortrug. Tatsächlich spricht er dafür, daß der Einschub nicht das Thema der lectio(nes), sondern vielmehr nur die Person Gerhards spezifieren soll: als denjenigen Gerhard, der nach Daniels Rückkehr aus Toledo seiner englischen Leserschaft als der lateinische Übersetzer des Almagest bekannt war. Im letzteren Fall bezog sich "latinavit" ganz eindeutig auf die bereits schriftlich kursierende Übersetzung, während im ersteren Fall zumindest als wahrscheinlich anzunehmen wäre, daß Gerhard nicht ohne bereits existierende schriftliche lateinische Vorlage seine Vorlesung aus dem Almagest hielt. Das Verb latinare für im Ergebnis typischerweise schriftliches (bzw. diktierendes, darum aber nicht improvisierend mündliches) Übersetzen ist zuerst spätantik belegt bei Vindicianus Afer ("ex libris ... Hippocratis intima latinavi"), im Mittelalter ist es selten geblieben (mit Nebenform latinisare, latinizare), aber zumindest häufig genug, um daraus das Nomen latinarius > afr. latinier '(lateinischer) Übersetzer' entstehen zu lassen.
Unabhängig davon, ob man den Einschub auf das Thema der Vorlesung(en) oder nur auf die Person Gerhards bezieht sehe ich aber jedenfalls keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die vermittelnde Sprache Galibs auch im Fall des Almagest Kastilisch war. Ob Gerhard den Almagest bei Galib auf Kastilisch hörte/studierte und anschließend ins Lateinische übertrug, oder ob es sich um eine persönlichere und engere Art der Zusammenarbeit handelte (in der spanischen Forschung spricht man von Übersetzungen a cuatro manos), vermag ich dem Ausdruck "interpretante" nicht zu entnehmen. Das didici in Daniels Aussage über seine eigene Abhängigkeit von Galib weist aber jedenfalls darauf hin, daß Galib als Lehrer (auf Kastilisch) und nicht bloß als assistierende Hilfskraft tätig war.
Herzliche Grüße jedenfalls zurück nach Palermo (das mich wegen einer Arbeit über die Zuschreibungen des Anonymus Neveleti an "Deinen" Walter von Palermo in letzter Zeit ebenfalls sehr beschäftigt hat), -- 2003:CB:63C5:8400:F130:C176:E4EC:127E 14:21, 19. Jul. 2018 (CEST) (O.L.)Beantworten
Mich erinntert diese Geschichte, die Daniel berichtet, an das, was meine verstorbene Frau über die Vorlesungen von Bruno Lavagnini erzählte, bei denen ein Assistent Texte vorlas und der Professor dann darüber fabulierte und das eine oder andere Stück frei übersetzte. Meine sizilianische Sozialisation läßt mich auch fragen, ob der Bericht des Daniel in allen Punkten stimmt, oder ob er dem älteren Konkurrenten nicht an der Reputation schaden wollte. :) Wie das alles im Artikel verarbeitet werden kann, ist natürlich noch offen, aber wenn ein Leser sich auf die Diskussionsseite verirren sollte, dürfte ihm klar werden, daß es viele offenen Fragen gibt. Immerhin zeigen wir hier, wie eine sachliche Diskussion ablaufen kann, was ja leider nicht überall in der WP zu finden ist. Herzliche Grüße --Enzian44 (Diskussion) 11:08, 20. Jul. 2018 (CEST)Beantworten

Ewald Guido Fischer

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Ich kenne die beiden Bände von 2020 nicht, aber anscheinend in einer Art Selbstveröffentlichungsverlag (MyMorawa). Gibt es Rezensionen ? Der erste Teil ist jedenfalls hiernach (zvab, also wohl aus dem Klappentext) ein Roman.--Claude J (Diskussion) 05:18, 30. Dez. 2020 (CET)Beantworten

Der Inhaltstext der DNB bezeichnet das als Romanbiographie. --Enzian44 (Diskussion) 18:36, 7. Feb. 2022 (CET)Beantworten