Diskussion:Barbasco

Letzter Kommentar: vor 7 Jahren von PhJ in Abschnitt Eine angenehme Überraschung!

Zur Geschichte

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Werden die Ausführungen des Aristoteles und die Ausführungen aus dem Corpus Hippocraticum auch in der Naturalis historia des Plinius zitiert? In der Materia medica des Dioskurides und in den pharmakologischen Abschnitten bei Plinius finde ich nichts von der Giftwirkung des phlomos, insbesondere nichts von seiner Anwendung als Giftköder. Einzig die schmerzstillende Wirkung wird dort beschrieben. Diese Wirkungsangabe wird auch von den Autoren des lateinischen Mittelalters und der nordeuropäischen Neuzeit übernommen – von der Giftköderwirkung finde ich dort nichts.

Anders im arabischen Mittelalter z. B. im Hauptwerk des Ibn al Baitar (13. Jh) (Übersetzung Sontheimer 1842, Bd. II, S. 74-75 Digitalisat Wäre interessant zu erfahren, ob und evtl. wie arabische Quellen auf der iberischen Halbinsel übernommen wurden. Unter Umgehung der lateinischen Übersetzungen direkt in die mündlich tradierte Volksmedizin?

Für die Aussage … das bereits in der Zeit der Römer die auch zum Fischfang verwendeten Königskerzen bezeichnet … sehe ich im Artikel keine Belege.

Bei den deutschen Vätern der Botanik habe ich übrigens noch Folgendes gefunden:
Hieronymus Bock. New Kreütter Bůch … Wendel Rihel, Straßburg 1539, Bl. 33r (Teil I, Cap. 41). DigitalisatVon Bülsen. In vnseren Teutschen Landen wissen wir nur von einem Bülsenkraut zůsagen [ Schwarzes Bilsenkraut ]. … Von der Krafft vnd Würckung. Bülsen kreuter / Blůmen vnd samen / seind kalter natur / sollen selten inn leib genommen werden / Darumb das diß gewächß / in leib genommen / nicht allein den Menschen / sonder auch allem Vihe schädlich ist. ... Solches kan man an den Fischen im Wasser warnemmen / wann die Fisch durch die Landtstreicher mit Bülsen vnd Kokilien körner im Aaß betrogen werden / Also das sie darvon doll werden / springen auff / vnd keren zů letst das weiß vbersich / das sie mit den händen in solcher dollheit gefangen werden. Die Hüner auff den Balcken fallen heraber / wann sie den rauch von Bülsen gewar werden. Solche künstlein treiben die Zigeüner vnd ihre gesellschafft. ...
Zu den von Bock erwähnten Kokilien-Körnern:
  • Nicolas Lémery. Vollständiges Materialien-Lexicon. ... ins Hochteutsche übersetzt / Von Christoph Friedrich Richtern, .... Johann Friedrich Braun, Leipzig 1721, Sp. 323: Digitalisat Cocci orientales. ... frantzösisch Coques du Levant, teutsch Kockelskörner, Fischkörner. … Sie werden uns getreuget aus Ostindien übersendet. … Einige wollen haben, es sey eine Gattung Clematitis, andere halten es für eine Art Tithymalus, und andere für das Solanum Aegyptiacum. … Sie werden … zu Tödtung der Flöhe gebrauchet. Die Fische, die davon fressen, machen sie dermassen schläferig und truncken, daß sie gleich wie tod scheinen, und leichtlich zu fangen seind. …
  • Van Hasselt, A. W. M. Handbuch der Giftlehre für Chemiker, Ärzte, Apotheker und Gerichtspersonen... Nach der zweiten Auflage aus dem Holländischen frei bearbeitet und mit Zusätzen versehen von J.B. Henkel. Erster Teil. Allgemeine Giftlehre und die Gifte des Pflanzenreichs. Vieweg, Braunschweig 1862, S. 397: Anamirta Cocculus Wight und Arnott … besonders die Beeren desselben, die sogenannten „Kokkelskörner, Fischkörner, Läusekörner“ … verdienen unsere Berücksichtigung. … --Michael Eyl (Diskussion) 16:59, 22. Jan. 2017 (CET)Beantworten

Hm, ein Giftköder ist das ja nicht, sondern eine bloße Einbringung des Gifts ins Medium, wo die Fische leben - sie werden ja nicht angelockt dadurch. Hippokrates spricht ja auch nur von seiner Verwendung als Heilmittel für Wunden; ich habe ihn hier nur wegen seiner bloßen Erwähnung als φλόμος genannt. Plinius der Ältere erwähnt "phlomos quae verbascum" (siehe Inhaltsverzeichnis hier und Textstelle hier: Verbascum Graeci phlomon vocant in C. Plini Secundi Naturalis historiae libri XXXVII, Bände 3-4, siehe auch alle dortigen Suchergebnisse für "Verbasum" - ausschließlich Beschreibung und medizinische Anwendung), doch erwähnt er meines Wissens an keiner Stelle die Verwendung zum Fischfang. -- PhJ . 16:19, 23. Jan. 2017 (CET)Beantworten

Dein Link zum Digitalisat von Abu Muhammad ibn al-Baitar bringt aber gleich einen Treffer. Ich kann allerdings kein Arabisch und kann deshalb nur aus der deutschen Übersetzung zitieren. Oder bist du schon dabei, etwas hierzu zu schreiben? -- PhJ . 16:36, 23. Jan. 2017 (CET)Beantworten

φλόμος = Verbascum (Plinius) =? Verbascum L.

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@Michael Eyl: Deine Aussage zu "das bereits in der Zeit der Römer die auch zum Fischfang verwendeten Königskerzen bezeichnet" verstehe ich so, dass evtl. unter dem Verbascum von Plinius d. Ä. oder dem φλόμος von Claudius Aelianus etwas anderes als unter Verbascum L. zu verstehen sei, d.h. dass die Beschreibungen der Antike eher auf andere Pflanzen passen könnten. Siehst du das so? (Evtl. inspiriert durch das arabische sikrân = Hyoscyamus und sikrân elhut = "Verbascum", also vielleicht doch nicht Verbascum L.?) Dies widerspricht allerdings den Aussagen aus diversen Sekundärquellen wie auch die parallele traditionelle Überlieferung als φλόμος in Griechenland und Verbasco in Spanien. "Antike" statt "Römerzeit" sagt es m.E. auch besser aus. Deine genannten Beispiele (Bilsenkraut und "Kockelskörner") finde ich interessant, und sie sind es evtl. wert, hier eingebaut zu werden. -- PhJ . 17:46, 23. Jan. 2017 (CET)Beantworten

Das hier ist Verbascum thapsus (die "klassische Fischfang-Königskerze") auf Arabisch: بوصير شائع - und das hier Verbascum: بوصير , Hyoscyamus: نبات البنج oder einfach البنج und Hyoscyamus niger: البنج الأسود - falls man der Wikipedia (ar.WP) vertrauen kann. Dies dürften zumindest gängige Bezeichnungen sein, die aber alle nicht mit den Angaben bei Ibn-al-Baitār, ʿAbdallāh Ibn-Ahmad, Seite der Bayerischen Staatsbibliothek übereinstimmen. Da wäre ein arabischsprachiger Mensch gefragt. -- PhJ . 18:18, 23. Jan. 2017 (CET)Beantworten

Eine angenehme Überraschung!

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@PhJ. Herzlichen Dank für Deine freundlichen Antworten. Dein Verhalten voll gegenseitigem Respekt ist leider nicht selbstverständlich in der Wikipedia. Ich muss das alles noch etwas durcharbeiten. Hab auch noch ein, zwei Zusätze, die noch zu sortieren sind. Es ist Dein-Euer Artikel. Die von mir gefundenen Zusätze könnt nur Ihr einarbeiten. Ich melde mich, wenn ich Fragen oder Anregungen habe. Liebe Grüße --Michael Eyl (Diskussion) 23:13, 23. Jan. 2017 (CET)Beantworten

Das habe ich bisher noch gefunden:
  • Theodor Husemann. Handbuch der gesamten Arzneimittellehre. 2. Aufl. Berlin 1883, Band I, S. 334: Flores Verbasci … Frisch riechen die Wollblumen widrig und fast narkotisch, was, mit dem Umstande zusammengehalten, dass man verschiedene Verbascumarten (z.B. die fruchttragenden Stängel von Verbascum sinuatum in Griechenland) zum Betäuben der Fische benutzte, die Existenz eines kräftiger wirkenden Stoffes vermuten lässt. … Digitalisat
  • Louis Lewin. Gifte und Vergiftungen. Lehrbuch der Toxikologie. 6. Auflage Wien und Leipzig 1929. Reprint Heidelberg (Haug) 1992, S. 837: Verbascum thapsus L. Die Samen der Königskerze sollen, wie diejenigen von V. thapsiforme Schrad, V. phlomoides L. (Fischkörnerkerze), V. nigrum L. und andere Wollkrautarten, Fische betäuben.
  • Otto Gessner und G. Orzechowski. Die Gift und Arzneipflanzen von Mitteleuropa. Heidelberg 1974, S. 406-407: Verbascum densiflorum … Im übrigen werden die Samen (Saponinwirkung?, s. Cyclamen) zum Fischfang benutzt … [Gessner bezieht sich dabei auf: L. Kroeber. Das Neuzeitliche Kräuterbuch. 3 Bände, Stuttgart 1938.] S. 163: Cyclamen … Schweine vertragen die Knollen ohne Schaden. Bei Fischen dagegen wirkt Cyclamin außerordentlich toxisch, sie werden schon durch geringe Cyclaminkonzentrationen gelähmt. (In Sizilien wird die Knolle zum Fischfang benutzt.) …
  • Im aktuellen Standardwerk zur europäischen Pharmakognosie - Phytopharmazie (R. Hänsel – O. Sticher – E. Steinegger. 6. Aufl. 1999) fehlt jeder Hinweis auf eine Wirkung von Verbascum als Fischköder.
Da hat wohl einer von anderen abgeschrieben. Wird dadurch auch nicht besser. --Michael Eyl (Diskussion) 23:26, 23. Jan. 2017 (CET)Beantworten


Da habe ich sturer Esel mich aber ganz schön verlaufen. Die Fischfangtexte sind natürlich nicht primär in human-medizinischen Texten zu suchen. Und dass sie darin fehlen, sagt noch gar nichts. Wenn ich schon mal dabei bin: ich gestehe, ich kann kein Griechisch (nicht alt noch neu). --Michael Eyl (Diskussion) 14:21, 24. Jan. 2017 (CET)Beantworten

Wo finde ich die von Dir zitierte Stelle aus der NATURA ANIMLIUM des CLAUDIUS AELIANUS in diesem Digitalisat? --Michael Eyl (Diskussion) 22:36, 24. Jan. 2017 (CET)Beantworten
Verbascum Graeci phlomon vocant. Hier ist sie im Google-Digitalisat. S. 89 in der Ausgabe. Mit der Hilfe wirst du es auch dort finden, wo du es suchst. Viele Grüße -- PhJ . 21:55, 25. Jan. 2017 (CET)Beantworten
Das ist Plinius der Ältere. Gemeint war Claudius Aelianus (EN [4]). Hier in einer zweisprachigen Ausgabe. Ich habe Buch 1 mal überflogen, finde die von Dir angegebene Stelle aber nicht. Viele Grüße --Michael Eyl (Diskussion) 00:30, 26. Jan. 2017 (CET)Beantworten
Oh, Entschuldigung, ich wollte dir diesen Link geben: τὴν λίμνην φλόμου φύλλα. Beachte, dass γυρίνος (Acc. Pl. γυρίνους) heute "Kaulquappe" heißt und früher wahrscheinlich räuberische Insektenlarven, möglicherweise vom Gelbrandkäfer o.ä., die durch Flomos-Samen starben. -- PhJ . 06:58, 26. Jan. 2017 (CET)Beantworten
Ich habe den Link mal erweitert. Vielleicht solltest Du den Text angepasst? -- Michael Eyl (Diskussion) 15:20, 27. Jan. 2017 (CET)Beantworten
Ja, da war die Übersetzung für γυρίνος also Rana bzw. Frosch. So wird auch klar, warum γυρίνος ein Feind ("Gebieter") der Bienen (δεσπότης τῶν μελιττῶν) ist. OK, so ist es wirklich verständlich. -- PhJ . 16:33, 27. Jan. 2017 (CET)Beantworten