Disarmed Enemy Forces

Umgehen der Genfer Konvention durch die US Army

Disarmed Enemy Forces (DEF, dt. „entwaffnete feindliche Streitkräfte“) ist eine amerikanische Bezeichnung für Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges, die mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 an der Westfront in alliierte Gefangenschaft kamen. Auf sie wurde die Genfer Konvention über die Behandlung von Kriegsgefangenen zunächst nicht angewandt, weil sie formal nicht als Kriegsgefangene angesehen wurden.[1]

Deutsche Truppen im Mai 1945 (blau)

Der entsprechende britische Begriff lautete Surrendered oder Seperated Enemy Personnel (SEP).

Entstehung des Begriffs Bearbeiten

 
Alliiertes Rheinwiesenlager bei Sinzig (Rheinland-Pfalz), 1945

Bereits im März 1943 bestand in den USA die Befürchtung, nach einem Sieg die große Anzahl deutscher Kriegsgefangener nicht ernähren zu können. Deshalb wurde im Stab des Oberbefehlshabers Dwight D. Eisenhower beschlossen, die Gefangenen nicht als Kriegsgefangene einzustufen, sondern als Disarmed Enemy Forces. Damit waren sie in Bezug auf Ernährung und medizinische Versorgung nicht gemäß der Genfer Konvention den Garnisonstruppen der US-Armee gleichgestellt, sondern den Displaced Persons und der deutschen Zivilbevölkerung.[1]

Am 4. Mai 1945 verfügte Eisenhower, dass deutsche Soldaten, die in Deutschland gefangen gehalten würden, und jene, die gegenwärtig die Waffen streckten, als „disarmed enemy forces“ bezeichnet werden sollten und nicht als Kriegsgefangene. Ihre Bewachung übernahmen neben den amerikanischen auch britische Besatzungstruppen. Die exakte Anzahl der Gefangenen ist nicht bekannt. Gleichwohl berichten US-amerikanische Aufzeichnungen davon, dass von den insgesamt 6 155 468 Gefangenen nur 2 057 138 Kriegsgefangene waren und 4 098 330 „disarmed enemy forces.“[2][3][4][5]

Einen ähnlichen Begriff hatte die deutsche Wehrmacht nach der Kapitulation Italiens im September 1943 geschaffen: Gefangene italienische Soldaten galten ebenfalls nicht als Kriegsgefangene, sondern als Militärinternierte und wurden zur Zwangsarbeit herangezogen.[6]

Schicksal der Disarmed Enemy Forces Bearbeiten

Die Masse der Disarmed Enemy Forces wurde schon bald entlassen, vor allem die Angehörigen des Volkssturms und der Hitler-Jugend sowie Verwundete und Kranke.

Deutsche Militär-Einheiten wurden intakt gehalten, um als Hilfskräfte für die US-Streitkräfte eingesetzt werden zu können – zum Teil wurden sie in verschiedenen alliierten Dienstgruppen eingesetzt.[7] Gefangene wurden von der US-Armee auch an Frankreich übergeben, wo diese zur Zwangsarbeit (z. B. Minenräumung) eingesetzt wurden. Ein Großteil der Betroffenen wurde in den sogenannten Rheinwiesenlagern sowie in ehemaligen Konzentrations- und Zwangsarbeiterlagern festgehalten.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Kriegs- und völkerrechtliche Grundlagen. Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, abgerufen am 21. April 2023.
  2. U.S. Occupation Forces in Europe 1945-1946, Office of the Chief Historian: Disarmament and Disbandment of the German Armed Forces. Frankfurt a. M., 1947, S. 39.
  3. Erich Maschke u. a.: Die deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges - Eine Zusammenfassung. München, 1974, S. 207.
  4. vgl. auch Statista: Gesamtzahl deutscher Kriegsgefangener bei Kriegsende im Jahr 1945 (nach Ort des Gewahrsams).
  5. Richard D. Wiggers: The United States and the Denial of Prisoner of War (POW) Status at the End of the Second World War. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 52(1993), S. 91—104 © Militärgeschichtliches Forschungsamt, Freiburg i.Br. 1993, S. 92, abgerufen am 21. August 2023.
  6. Rüdiger Overmans: Die Rheinwiesenlager 1945. In: Hans-Erich Volkmann (Hrsg.): Ende des Dritten Reiches – Ende des Zweiten Weltkrieges. Eine perspektivische Rückschau. Herausgegeben im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes. München 1995. ISBN 3-492-12056-3, S. 277.
  7. Heinz-Ludger Borgert, Walter Stürm, Norbert Wiggershaus: Dienstgruppen und westdeutscher Verteidigungsbeitrag – Vorüberlegungen zur Bewaffnung der Bundesrepublik Deutschland. Boppard am Rhein, 1982, ISBN 3-7646-1807-8.