Im Damensitz sitzt die Reiterin im Seitsitz auf dem Pferd. Beide Beine sind auf einer Pferdeseite, normalerweise links. Parallel zum Damensitz wurde immer auch der zugehörige Damensattel, ein Reitsattel für Pferde, entwickelt. Der Damensattel wird auf die Sattellage, den Bereich hinter dem Widerrist aufgelegt und mit dem Sattelgurt befestigt.

Sufragetten-Demonstration für das Frauenwahlrecht, London 1909, von Christina Broom
Slowenin im Damensitz auf einem Esel, 1950

Der Seitsitz kann in den Quersitz und den Schrägsitz unterschieden werden. Beim Quersitz sitzt die Person quer zur Bewegungsrichtung und kann nur sehr eingeschränkt auf das Pferd einwirken. Beim Schrägsitz sind Becken und Schultern parallel zum Pferd ausgerichtet und es kann, abgesehen vom fehlenden Schenkel auf einer Pferdeseite, weitgehend normal eingewirkt werden.

Geschichte Bearbeiten

Bereits im Altertum ritten Menschen im Seitsitz. So gibt es beispielsweise Darstellungen der keltischen Göttin Epona im Quersitz. Da es keinen geeigneten Seitsitz-Sattel gab, konnte jedoch nur im Schritt geritten werden. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts saßen Frauen und Männer demzufolge auf gleiche Weise zu Pferd. Frauen trugen zum Reiten Hosen, in Europa meist unter dem Rock.

Der seitliche Sitz kam bei adligen Frauen erst im 14. Jahrhundert auf, als sie sich mit der Entwicklung eines für den Quersitz geeigneten Sattels befassten. Anna von Böhmen benutzte im 13. Jahrhundert einen Seitsattel und schuf damit eine Vorstufe für den Sambue.

Sambue Bearbeiten

Der Sambue wurde im 14. Jahrhundert gebräuchlich und war ein mit Stroh gepolstertes Reitkissen mit Lehne und Fußstütze. Der Sitz war quer zum Pferd, es war keine Einwirkung möglich und schwungvolle Gangarten mit Schwebephase konnten nicht gesessen werden. Nur Schritt und Tölt war möglich. Aus diesem Grund wurden Zelter mit weichen und bequem zu sitzenden Gängen bevorzugt und waren entsprechend wertvoll. Der Sambue war daher vorwiegend beim Adel verbreitet. Bei schnellen Ritten durch unwegsames Gelände saßen Frauen deshalb nach wie vor rittlings auf dem Pferd. Der Sambue war außerdem sehr unsicher, und es gab nicht selten tödliche Unfälle, wie etwa den der französischen Königin Isabella von Aragón. Anna von England (1366–1394) stellte nur einen Fuß auf die Fußstütze, um sicherer zu sitzen.[2]

 
Der Reitausflug, vermutlich ein Drei-Horn-Sattel, 1864
 
Drei-Horn-Sattel

Gabelsattel Bearbeiten

Katharina von Medici wird der Schrägsitz zugeschrieben. Sie schlug ihr rechtes Bein über den Sattelknauf und verwendete für den linken Fuß einen Steigbügel statt der Fußstütze (Einhornsattel). Dadurch konnte sie sicherer sitzen als auf dem Sambue und dennoch einen langen Rock tragen. Im Schrägsitz hat die Reiterin ihre Schultern parallel zu den Pferdeschultern und kann auf das Pferd einwirken. Um 1580 wurde am französischen Königshof der Knauf durch eine Gabel mit zwei Hörnern ersetzt, so dass der rechte Oberschenkel zwischen den beiden Hörnern zu liegen kam und einen stabileren Sitz erlaubte. In diesem Gabelsattel war es möglich, Jagden zu reiten und kleine Hindernisse zu überspringen.

Es war nicht einfach, im Gabelsattel korrekt zu sitzen. Um den Zug der Beine auf der linken Seite auszugleichen, neigte man dazu, zu weit nach rechts zu sitzen, so dass der Schwerpunkt nicht mehr in der Mitte lag. Die Gabel bot zu wenig Halt und die Hilfengebung war erschwert. Dennoch war der Gabelsattel vor allem beim englischen Adel weit verbreitet. Auf dem Kontinent gab es viele adlige Frauen, die weiterhin rittlings zu Pferd saßen, wie Diane de Poitiers (1499–1566, Mätresse von Heinrich II. von Frankreich), Marie-Antoinette (1755–1793) und Katharina die Große (1729–1796).[3]

Der Damensattel ist in der Regel linkssitzig, d. h. die Beine sind auf der linken Seite des Pferdes. Der rechtssitzige Damensattel kommt aus der Falknerei, weil man den Falken während der Jagd auf der linken Hand führte. So waren es die Jagdreiterinnen, die über die Jahrhunderte zur Weiterentwicklung des Damensattels beitrugen.

Drei-Horn-Sattel Bearbeiten

Das dritte Horn, das „leaping head“, wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts erfunden und machte den Damensattel viel sicherer. Es ist nach unten abgewinkelt, legt sich über den linken Oberschenkel und sorgt für einen festen Sitz in allen Situationen. Im Drei-Horn-Sattel konnte man höhere Hindernisse springen.

Der Drei-Horn-Sattel begann sich für Frauen ab 1830 auf dem Kontinent auszubreiten. Jedoch verdrängte er den normalen Sattel nicht sofort. Besonders in Frankreich, Spanien und Deutschland saßen die Frauen vor allem bei Jagden weiterhin rittlings, auf „deutsche Art“, zu Pferd.[4] Hierfür wurde meist ein langer geteilter Rock getragen, der zu- und aufgeknöpft werden konnte.[5]

Die Verbreitung des Damensattels auch zum Springen führte zu Unfällen, bei denen sich die Reiterinnen verletzten, weil sie nicht vom Pferd loskamen. Ein Grund dafür war ungeeignete, bauschige Kleidung, die sich am Sattel verfing. Daher wurde ein „Sicherheitsreitrock“ entwickelt, der bei einem Sturz nicht am Sattel hängen blieb.

Moderner Damensattel Bearbeiten

 
Sattelgurt anziehen, beide Hörner sichtbar
 
Hannoveraner mit Damensattel, 2011

Das Horn auf der rechten Seite des Sattels war überflüssig geworden und verschwand in der Folgezeit ab etwa 1870. Der moderne Damensattel hat daher nur noch zwei Hörner. Ab etwa 1890 wurde die Polsterung flacher und funktioneller und der Sattel leichter. Der Balancierriemen, der die Sattellage verbesserte, wurde hinzugefügt. Dank dieser Verbesserungen setzte sich der Damensattel im 19. Jahrhundert auch auf dem Kontinent durch und war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dominierend.

Trotz der positiven Entwicklung ist der Damensattel dem normalen Sattel unterlegen: Das rechte Bein und die Kreuzeinwirkung durch Gegensitzen fehlten zur Hilfengebung, obendrein ist der Sattel bei Stürzen gefährlich, da die Reiterin oft nicht vom Sattel loskommt.

Infolgedessen saßen ab 1900 Frauen dann wieder vermehrt rittlings zu Pferd, was zu öffentlichen Diskussionen führte. Nach der Jahrhundertwende setzten sich auch Ärzte für die Abschaffung des Damensitzes ein, da er in Kombination mit dem Korsett Druck auf die inneren Organe ausübe.[6] Zu dieser Zeit kam auch die Jodhpurhose auf. Zu den Befürworterinnen des Herrensitzes gehörte Anita Augspurg.

Es gab jedoch auch Gegenstimmen, beispielsweise stand in der Zeitschrift Die Woche 1912:

„So berechtigt die Warnung vor dem Seitensitz ist, der im Fall eines Sturzes größere Gefahr birgt, indem der Fuß leicht in der Gabel und im Bügel hängenbleibt, zieht man doch diesen Sitz immer wieder dem Herrensitz vor. Die Linie im Seitensitz ist eine bei weitem elegantere (...)“

Die Woche, 1912

Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Damensattel verdrängt und in Deutschland 1928 für schwere Springen verboten.

Zum Reiten im Damensattel trägt die Reiterin eine gewöhnliche Reithose mit Reitstiefeln und darüber eine Schürze oder Reitrock. Für Shows sind auch phantasievolle Reitkleider mit weiten Röcken beliebt. Heute gibt es die Damensattel-Dressurkür, bei der in stilechten Kostümen Barockpferderassen vorgestellt werden. Damensattel-Dressuren sind jedoch auch sportliche Herausforderungen.

Damensitz und Diskriminierung Bearbeiten

 
Englische Karikatur einer rittlings zu Pferd sitzenden Frau, ca. 1800–1810

Im 19. Jahrhundert wurde im angelsächsischen Raum, vorgeblich der Sittlichkeit wegen, von Frauen erwartet, im Damensitz zu reiten. Frauen, die sich nicht daran hielten, wurden häufig diskriminiert.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden jemenitische Juden diskriminiert, indem ihnen vorgeschrieben wurde, im Damensitz zu reiten.[7]

Scharia und Motorrad Bearbeiten

Seit 2013 müssen Frauen in der indonesischen Scharia-Hochburg Lhokseumawe in der Provinz Aceh, im Damensitz auf Motorrädern mitfahren.[8] Grund sind islamistische Vorstellungen zum Thema „Jungfernhäutchen und Moral“.[9][10] Der Bürgermeister von Lhokseumawe Suaidi Yahy behauptet: „Wir möchten mit diesem Verbot Frauen ehren, da diese zerbrechliche Wesen sind“. Die indonesische Zentralregierung versucht dieses Verbot zu stoppen.[11] Heute werden Frauen, die in Lhokseumawe normal auf dem Sozius sitzen, jedoch von der Sittenpolizei verfolgt und bestraft.[12][13]

Motorrad Bearbeiten

In Deutschland dürfen seit 1956 Frauen auf dem Motorrad aus Sicherheitsgründen nicht mehr im Damensitz mitfahren.[14] Dafür stellte Vespa mit der Denfeld-Sitzbank eine Neuentwicklung zur Verfügung, da insbesondere beim Motorroller der Damensitz populär war.[15]

Literatur Bearbeiten

  • Michaela Otte: Geschichte des Reitens von der Antike bis zur Neuzeit. FN Verlag, 1994, ISBN 3-88542-255-7.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Damensattel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Damensitz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Therese Renz
  2. Agnes Strickland: Berengaria of Navarre. Anne of Bohemia. Lea & Blanchard, 1841, S. 309.
  3. Antonia Fraser: The Warrior Queens. Anchor Books, New York 1990, ISBN 0-679-72816-3.
  4. Max Jähns: Roß und Reiter in Leben, Sprache, Glauben und Geschichte der Deutschen. Band 1, F. W. Grunow, Leipzig 1872.
  5. Clara Brockmann: Briefe eines deutschen Mädchens aus Südwest. Berlin 1912, S. 118.
  6. J. Veit (Hrsg.): Handbuch der Gynäkologie. Band 2, 2. Auflage. Wiesbaden 1907.
  7. Aviva Klein-Franke: Die Juden im Yemen. S. 259.
  8. Mythos Jungfernhäutchen. In: Tagesanzeiger. 23. August 2013.
  9. Anthony Bond: Islamic province bans women pillion passengers from straddling motorbikes to protect their 'morals' in Indonesia. In: Daily Mail. 3. Januar 2013.
  10. Hotli Simanjuntak: Local officials delay sidesaddle regulation. In: The Jakarta Post. 8. Januar 2013.
  11. Going sidesaddle in Lhokseumawe. 7. Januar 2013.
  12. Angela Dewan: Morality Police Target Women in Indonesian Shariah Stronghold. (Memento vom 17. Oktober 2016 im Internet Archive) 23. Juli 2013.
  13. Human Rights Watch World Report 2014 Indonesia
  14. BGL Nr. 19 vom 30. April 1956, § 35a StVZO.
  15. Lutz-Ulrich Kubisch, Günther Uhlig: Vespa. 1. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-613-03672-7, S. 56.