Christine Koller (Autorin, 1925)

deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin und Dramaturgin

Christine Koller (* 22. September 1925 in Hannover; † 16. Mai 1978 in Berlin) war eine deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin und Dramaturgin. Sie schrieb vor allem Hörspiele für den Rundfunk, veröffentlichte aber auch Gedichte, Erzählungen und Übersetzungen. Ferner engagierte sie sich journalistisch in der Lesben- und Schwulenbewegung.

Leben und Werk Bearbeiten

Die Tochter eines Schauspielers, Bühnenautors und Theaterdirektors[1] und einer Pianistin legte 1944 an der Augustaschule in Berlin ihr Abitur ab. In ihrer Kindheit machte sie schon erste Erfahrungen als Bühnenschauspielerin. Sie wurde zur Dramaturgin für Theater und Film ausgebildet und studierte auch noch drei Semester Philosophie an der Humboldt-Universität.

Zunächst war Koller als Dramaturgin für die Filmgesellschaften Mosaik und Jupiter tätig. 1948 wechselte sie zum RIAS in die Literaturabteilung. Dort arbeitete sie bis 1976 als freie, aber ständige Mitarbeiterin im Lektorat und als Hörspielautorin. Sie war freie Schriftstellerin, Übersetzerin, Rezensentin und auch für das Fernsehen tätig. Von 1964 bis 1967 leitete sie Autorenseminare in der kirchlichen Erziehungskammer für Berlin der evangelischen Kirche. Bei einem Unfall erlitt Koller 1976 einen Rückenwirbelbruch, an dessen Folgen sie 1978 starb.

Neben Ingeborg Drewitz, Joachim Cadenbach, Johannes Hendrich und Jens Rehn war Koller Mitglied der in den frühen 1950er-Jahren gebildeten „gruppe der zwölf“, einer Literaturgruppe junger West-Berliner Autoren.[2] Neben ihren Hörspielarbeiten für den Rundfunk veröffentlichte sie Gedichte und Erzählungen in Anthologien und im Augenblick. Zeitschrift für Tendenz und Experiment. Sie übersetzte vor allem aus dem Englischen und veröffentlichte unter anderem in der im S. Fischer Verlag erschienenen US-amerikanischen Zeitschrift Perspektiven.

Koller gehörte zu den wenigen lesbischen Frauen ihrer Zeit, die sich in homosexuellen Zusammenschlüssen organisierten. So nahm sie 1970 an einem Treffen der Internationalen Homophilen Weltorganisation teil. Sie schrieb für die Schwulenzeitschrift him und gründete die Lesbenzeitung Unsere kleine Zeitung. Außerdem war sie Redakteurin der partnerin.[3]

Werke Bearbeiten

Einzelveröffentlichungen Bearbeiten

  • Spiele für Stimmen. Ein Werkbuch. Jugenddienst-Verl., Wuppertal-Barmen 1966.
  • Vom Handwerk des Schreibens oder Die Arche Noah, und wie sie gebaut wird. Jugenddienst-Verl., Wuppertal 1966.
  • In den Wind. Mit sechs Originalgraphiken von Henning H. Beck. Eremiten-Presse, Stierstadt im Taunus 1967.
  • Gespräche mit Busstag. 9 Tiergeschichten u. Neues von Noah. Lutherisches Verlagshaus, Hamburg 1979, ISBN 3-7859-0456-8.

Übersetzungen Bearbeiten

Herausgeberschaft Bearbeiten

  • mit Heinz Raisin: Tage des Gerichts. Erzählungen und Szenen. Melanchthon-Verlag, Berlin 1966.

Hörspiele und Hörspielbearbeitungen Bearbeiten

  • Liane
  • Die Dschungelkantate
  • Wem die Stunde schlägt (nach Hemingway)
  • Kreuzfahrer ohne Kreuz (nach A. Koestler)
  • Der kleine Prinz (nach Exupery)
  • Bin oder die Reise nach Peking (nach Frisch)
  • Mischka, das Niemandskind (nach Penzoldt)
  • Der große Kamerad (nach Fournier)
  • Der Esel mit der Samthose (nach Bosco)
  • Orpheus
  • Ich werde mein Jahrhundert nicht überleben (nach O. Wilde)
  • In Sachen Oscar Wilde

Literatur Bearbeiten

  • Harry Balkow-Gölitzer, Rüdiger Reitmeier, Jörg Riedel: Auf einen Blick – Prominente in Lichterfelde. In: Burkhardt Sonnenstuhl (Hrsg.): Prominente in Berlin-Lichterfelde und ihre Geschichten. Berlin Edition, Berlin 2008, S. 187–306.
  • Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch. Bd. 9. Kober – Lucidarius. A. Francke, Bern 1984, Sp. 195.
  • Nina-Kathrin Behr: Koller, Christine. In: Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert. Bd. 31. Kokoschka – Krämer. De Gruyter, Berlin 2018.
  • Kürschners Deutscher Literaturkalender. 56 Jahrgang 1974. DeGeruyter, Berlin 1973, S. 505.
  • Margit Peterfy: William Carlos Williams in deutscher Sprache. Aspekte der übersetzerischen Vermittlung 1951–1970. Königshausen und Neumann, Würzburg 1999.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Walther Karsch (Hrsg.): Prosa ’60. Sechsundzwanzig deutsche Erzählungen aus unserer Zeit. Herbig, Berlin 1960, S. 259; Nina-Kathrin Behr: "Koller, Christine". In: Deutsches Literatur-Lexikon Online. De Gruyter, Berlin 2018.
  2. Arnim Juhre: Keiner schreibt für sich allein. In: Richard Salin (Hrsg.): Motive, Motive. Deutsche Autoren zur Frage: Warum schreiben Sie?. Horst Erdmann, Tübingen 1971, S. 173.
  3. Christiane Leidinger: Lesbische Existenz 1945–1969. Aspekte der Erforschung gesellschaftlicher Ausgrenzung und Diskriminierung lesbischer Frauen mit Schwerpunkt auf Lebenssituationen, Diskriminierungs- und Emanzipationserfahrungen in der frühen Bundesrepublik. (= Schriftenreihe des Fachbereichs für die Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie trans- und intergeschlechtlichen Menschen 34). Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, Berlin 2015, S. 43, 76.