Burschenschaft Arminia Würzburg

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Die Würzburger Burschenschaft Arminia ist eine schlagende und farbentragende Studentenverbindung in Würzburg.

Würzburger Burschenschaft Arminia
Wappen Zirkel
Basisdaten
Hochschulort: Würzburg
Hochschule/n: Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Gründung: 12. Dezember 1848[1]
Korporationsverband: verbandsfrei
Kartell / Kreis / AG: Kartell Roter Burschenschaften
Farbenstatus: farbentragend
Farben:
Art des Bundes: Männerbund
Stellung zur Mensur: schlagend
Wahlspruch: Freiheit, Ehre, Vaterland!
Website: arminia-wuerzburg.de

Geschichte Bearbeiten

Nachdem 1848 die Karlsbader Beschlüsse aufgehoben worden waren und den Studierenden an den bayerischen Hochschulen das freie Assoziationsrecht gewährt wurde, gründete sich unter Federführung von Ernst Schmidt am 12. Dezember die progressive Studentenverbindung Palladia[2], welche die Pflege der Wissenschaft und die Entwicklung des freien Studententums zum Ziel hatte und durch Schmidt, der einige Semester deren Sprecher war, im Sinne der Zeit politisch radikalisierte.[3]

Am 14. Juni 1850 änderte sie ihren Namen in Teutonia und setzte die Farben Blau-Weiß-Gold auf; sie führte das Lebensbundprinzip, demokratische Grundsätze und Paukpflicht ein. Nach und nach entwickelte sich in den 1850er Jahren der burschenschaftliche Charakter heraus, mit der Folge, dass die Teutonia im WS 1856/57 dem germanistischen Burschenschaftskartell beitrat, das seine Mitglieder politisch ausbilden und letztendlich eine Einheit Deutschlands auf volkstümlicher Basis herbeiführen wollte[4]. Aus diesem Grund änderte die Teutonia 1859 ihre Farben zu den jahrzehntelang verbotenen, alt-burschenschaftlichen Farben Schwarz-Rot-Gold. Nachdem im folgenden Semester nur noch ein aktiver Student der Teutonia angehörte, schloss sich dieser der allgemeinen Studentenverbindung Wirceburgia an und gründete schließlich am 14. Juli 1860[5] mit 21 Aktiven dieser Wirceburgia die Würzburger Burschenschaft Arminia, die von der Altherrenschaft der Teutonia als direkte Fortsetzung ihrer Burschenschaft anerkannt wurde.

In den ersten Jahren hatte die Arminia als einzige Burschenschaft vor Ort heftig mit den in Würzburg übermächtigen Corps[6] (Würzburger SC) zu kämpfen, im wahrsten Sinne des Wortes hatte „sie sich durch eine Masse beispiellos blutiger Mensuren durch die schlimmsten Zeiten hindurchgepaukt“.[7] 1863 wurden die bis heute gültigen Farben Schwarz-Gold-Karmesinrot angenommen. Im gleichen Jahr trat die Arminia in das Norddeutsche Kartell ein, dem es bis 1866 angehörte. Eine angedachte Mitgliedschaft im Eisenacher Burschenbund wurde deshalb 1864 verworfen.[8] 1865 hatte die Arminia ihr Kneiplokal im Heroldsgarten.[9]

Am 10. November 1874 war die Arminia an der Gründung des Eisenacher Deputierten-Convents beteiligt, einem Vorläufer des 1881 gegründeten Allgemeinen Deputierten-Convents, der sich seit 1902 Deutsche Burschenschaft nannte und dem die Arminia seit seiner Gründung am 20. Juli 1881[10] angehörte.

Um eine zweite Burschenschaft in Würzburg zu etablieren, unterstützte die Arminia 1878 die Gründung der Burschenschaft Cimbria, mit der sie fortan den Würzburger Deputierten-Convent bildete.

 
Das Arminenheim (um 1908)

Am 22. Oktober 1906 wurde das eigens gebaute Verbindungshaus in der Rottendorfer Straße eingeweiht.

 
Die Arminia als Mitglied der Deutschen Burschenschaft (1915)

Am Ersten Weltkrieg nahmen 168 Mitglieder der Arminia teil, 27 starben.[11] 1920 war die Arminia Mitbegründerin der Roten Richtung innerhalb der Deutschen Burschenschaft.[12] Die Arminia trat in den 1920er Jahren als eine der wenigen Studentenverbindungen dem Universitätsbund Würzburg bei.[13] 1930/31 bestand die Arminia aus 220 Alten Herren und 64 Mitgliedern der Aktivitas.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Arminia samt ihrem Verband Deutsche Burschenschaft am 18. Oktober 1935 in den NSDStB überführt. Letztendlich musste sich die Arminia auf Druck der Nationalsozialisten am 31. Mai 1936 auflösen und bestand als Kameradschaft Ulrich von Hutten[14] fort. Im Zweiten Weltkrieg fielen 21 Mitglieder. Das Arminenhaus wurde beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 durch die Alliierten von einer Brandbombe getroffen und brannte bis auf die Grundmauern aus.

Nach dem Krieg wurde die Tradition der Arminia durch die am 23. Juli 1948 gegründete Studentenverbindung Palladia fortgeführt und diese nach Neugründung der Arminia am 22. Oktober 1949 als Aktivitas der Arminia übernommen. Am 15. Juni 1950 war die Arminia Gründungsmitglied bei der Rekonstruktion der Deutschen Burschenschaft. Am 5. Juni 1954 fusionierte die Brünner Burschenschaft Moravia mit der Arminia. Das zerstörte Haus wurde wieder aufgebaut und am 4. Mai 1957 eingeweiht.

Ende 1996 trat die Arminia aus der Deutschen Burschenschaft aus[15] und ist seitdem eine freie Burschenschaft. Am 10. Februar 2008 war die Arminia Gründungsverbindung des Kartells Roter Burschenschaften.[16]

Moravia Brünn Bearbeiten

 
Moravias Wappen

Am 5. Juni 1954 fusionierte die Arminia mit der Brünner Burschenschaft Moravia (gegründet am 29. Oktober 1859 in Brünn[17]), zu welcher eine lange Freundschaft bestand. Nach der Vertreibung aus der Tschechoslowakei hatte sich die Moravia am 17. September 1950 in Würzburg neu aufgetan und pflegte enge Beziehungen zur Arminia, die schließlich in der Fusion beider Burschenschaften mündeten.

Die Moravia hatte die Farben Schwarz-Weiß-Blau; Füchse trugen die Farben Blau-Weiß-Blau; das Kopfcouleur war eine weiße Mütze.

Couleur und Wahlspruch Bearbeiten

Das Band der Arminia hat die Farben Schwarz-Gold-Karmesinrot mit goldener Perkussion und wird sowohl von Füchsen als auch von Burschen getragen. Als Kopfbedeckung wird eine karmesinrote halbsteife Tellermütze getragen. Ihr Wahlspruch lautet: Freiheit, Ehre, Vaterland!

Bekannte Mitglieder Bearbeiten

 
Herman Haupt als Würzburger Armine (um 1875)
  • Richard Balles (1885–1950), Regierungspräsident von Oberbayern
  • Carl Barus (1856–1935), US-amerikanischer Physiker
  • Hermann Belzner (1919–1991), Jurist und Politiker (SPD), Bürgermeister von Mutterstadt, Landtagsabgeordneter
  • Alfons Bilharz (1836–1925), Mediziner und Schriftsteller
  • Max Borst (1869–1946), Pathologe, Hochschullehrer
  • Wilhelm Cahn (1839–1920), Jurist
  • Erwin Dietel (1913–1997), Jurist und Kommunalpolitiker, Landrat des Landkreises Münchberg
  • Alfred Dürr (1879–1953), Jurist, Präsident des Oberlandesgerichts München
  • Anton Jelinek (1855–1931), Moravia Brünn, Stadtbaumeister, Bürgermeisterstellvertreter und Ehrenbürger von Brünn
  • Herman Haupt (1854–1935), deutscher Historiker
  • Otto Haupt (1887–1988), Mathematiker, Hochschullehrer
  • Wilhelm von Henle (1846–1914), Bayerischer Staatsrat
  • Richard Kalkhof (1858–1925), Reichstagsabgeordneter (Zentrum)
  • Julius Lenzmann (1843–1906), Reichstagsabgeordneter (DFP)
  • Gottfried Märkl (1929–2014), Chemiker und Hochschullehrer
  • Georg Recknagel (1835–1920), Physiker und Pädagoge
  • Karl Michel (1843–1930), Hals-Nasen-Ohrenarzt, Schauspieler, Schriftsteller
  • Ernst Schmidt (1830–1900), Mediziner, Hochschullehrer
  • Julius Sponsel (1887–1970), Reichsgerichtsrat
  • Walter Stain (1916–2001), Politiker (SdP, NSDAP, GB/BHE, GDP) und Vertriebenenfunktionär, Arbeits- und Sozialminister des Freistaates Bayern
  • Eugen Johann Will (1877–?), außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister des Deutschen Reichs in Mexiko

Mitgliederverzeichnis:

  • Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934. S. 1100–1101.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Hans-Georg Balder: Die deutschen Burschenschaften. Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 417–418, 421.
  • Rolf-Joachim Baum, Ulrich Becker, Ralf J. Baumbach u. a.: Studentenschaft und Korporationswesen an der Universität Würzburg. 1582–1982. Herausgegeben zur 400 Jahrfeier der Alma Julia-Maximiliana vom Institut für Hochschulkunde an der Universität Würzburg. Würzburg 1982, S. 223–225.
  • Hugo Böttger (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. Berlin 1912, S. 374–375.
  • Herman Haupt: Festschrift zur 50-jährigen Jubelfeier der WB Arminia 1848–1898. Gießen 1898.
  • Herman Haupt (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. 6. Aufl. (herausgegeben von Max Droßbach und Hans Hauske), Frankfurt am Main 1932, S. 463.
  • Georg Polster: Politische Studentenbewegung und bürgerliche Gesellschaft. Die Würzburger Burschenschaft im Kräftefeld von Staat, Universität und Stadt 1814–1850 (= Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im 19. und 20. Jahrhundert, Band 13), Heidelberg 1989.
  • Axel W.-O. Schmidt: Der Gründungsphilister der Würzburger Burschenschaft Arminia Ernst Schmidt 1830–1900. ARMINIA. Mitteilungsblatt der Würzburger Burschenschaft Arminia, Würzburg, Nr. 109/188 (1989), S. 32–34, Nr. 112/191 (1990), S. 37–39, und Nr. 113/192 (1991), S. 42–45.
  • Axel W.-O. Schmidt: Die Gründung der Würzburger Burschenschaft Arminia im Revolutionsjahr 1848 und die Schwierigkeiten mit den ansässigen Würzburger Corps, Einst und Jetzt. Jahrbuch für corpsstudentische Geschichtsforschung 33 (1988), S. 137–151; und 34 (1989), S. 272–275 (Ergänzung).
  • Axel W.-O. Schmidt: Gründung der studentischen Progressverbindung Palladia in Würzburg. In: Der rothe Doktor von Chicago – ein deutsch-amerikanisches Auswandererschicksal. Biographie des Dr. Ernst Schmidt, 1830–1900, Arzt und Sozialrevolutionär. Frankfurt a. M., Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien 2003, S. 86–92.
  • Axel Schmidt: Das Arminenhaus. Ein Stück Architekturgeschichte. in: Würzburg Heute: Zeitschrift für Kultur und Wirtschaft. Würzburg 1988, S. 73 ff.
  • Matthias Stickler: Von der studentischen Allgemeinheit zum örtlichen Deputierten-Convent. Die Entwicklung der Würzburger Burschenschaft im 19. Jahrhundert. (PDF)
  • Dem Gedenken unserer im I. Weltkrieg 1914–1918 Gefallenen. Würzburg 1977.

Zur Moravia:

  • Hans-Georg Balder: Die deutschen Burschenschaften. Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 94–95.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Meyers Konversationslexikon. 5. Auflage, Leipzig 1896, Beilage zum Artikel Studentenverbindungen.
  2. Deutscher Universitäts-Kalender. Winter-Semester 1913/14. Leipzig 1913, S. 287.
  3. Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst. Würzburg 2004, Seite 361.
  4. Wilhelm Kalb: Die Alte Burschenschaft. Erlangen 1892, S. 255.
  5. Herbert Schultheis: Bad Bocklet – Geschichte der Ortsteile Aschach und Großenbrach. (= Bad Neustädter Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Frankens, Band 6). Bad Neustadt a.d. Saale 1996, S. 387.
  6. Allgemeine Academische Zeitung. Nr. 1 vom 22. Januar 1865. Jena 1865, S. 4–5.
  7. Allgemeine Academische Zeitung. Nr. 8/9 vom 22. Januar 1863. Jena 1863, S. 34.
  8. Allgemeine Academische Zeitung. Nr. 53 vom 10. Januar 1864. Jena 1864, S. 212.
  9. J. Schneider: Adreßbuch für Würzburg. 1865. Würzburg 1865, S. 113.
  10. E. H. Eberhard: Handbuch des studentischen Verbindungswesens. Leipzig, 1924/25, S. 114.
  11. Max Buchner (Hrsg.): Aus der Vergangenheit der Universität Würzburg. Festschrift zum 350jährigen Bestehen der Universität. Berlin, Heidelberg 1932, S. 75.
  12. Peter Frömke: Holzminda in der Roten Richtung. In: Hansheiner Schumacher (Hrsg.): Burschenschaft Holzminda Göttingen. Beiträge zu ihrer Geschichte 1860–1985. Göttingen, 1985, S. 125.
  13. Dieter Schäfer: Freunde und Förderer der Universität Würzburg: 80 Jahre Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften bei der Universität Würzburg. Stuttgart 2001, S. 63.
  14. Paulgerhard Gladen: Gaudeamus igitur, die studentischen Verbindungen einst und jetzt. München 1986, S. 202.
  15. Sonja Kuhn: Die Deutsche Burschenschaft – eine Gruppierung im Spannungsfeld zwischen Traditionsformalismus und Traditionsstiftung – eine Analyse für den Zeitraum 1950 bis 1999. Diplomarbeit im Studiengang Pädagogik, Philosophie, Psychologie der Universität Bamberg. Stuttgart 2002. ISBN 3-00-009710-4. S. 235.
  16. 125 Jahre Straßburger Burschenschaft Arminia. Festschrift zum 125-jährigen Bestehen. Tübingen 2011, S. 100.
  17. E. H. Eberhard: Handbuch des studentischen Verbindungswesens. Leipzig, 1924/25, S. 185.

Weblinks Bearbeiten