Bibliophagie

Verzehren von Büchern

Der Ausdruck Bibliophagie (von altgriechisch βιβλίον biblíon, deutsch ‚Buch‘ und φαγεῖν phageín, deutsch ‚essen‘ bzw. von φάγος phagos, deutsch ‚Fresser‘) bezeichnet meist metaphorisch das Verzehren, Aufessen, Verschlingen von Büchern durch Personen bzw. das Bedürfnis danach.

Die Vorstellung wird u. a. damit erklärt, dass Lesen einem Streben nach Einverleibung des Gelesenen wie des Geschriebenen gleichkommt und in diesem Akt seinen sinnfälligen Ausdruck findet.[1]

Johannes verschlingt das Buch, Holzschnitt von Albrecht Dürer nach der Offenbarung des Johannes

Geschichte Bearbeiten

Das wörtliche Essen von Buchstaben ist überdies ein seit der griechischen Antike bekannter Brauch, der sich in Produkten wie Russisch Brot, Alphabetkuchen oder Buchstabensuppe bis in die Gegenwart erhalten hat.[2] In der religiösen Volksmedizin waren bis ins 20. Jahrhundert mit Text versehene sogenannte Esszettel verbreitet.

Beispiele Bearbeiten

Beispiele für Bibliophagie in der Literatur sind die Propheten Ezechiel und Johannes[3] und der Bibliothekar Jorge von Burgos aus Umberto Ecos Der Name der Rose.[4]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Onésyme Durocher (= Octave Delepierre): De la bibliophagie (= Miscellanies of the Philobiblon Society. Band 10). Whittingham and Wilkins, London 1866 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Michael Schödlbauer: Psyche–Logos–Lesezirkel. Ein Gespräch selbdritt mit Martin Heidegger (= Epistemata. Reihe Literaturwissenschaft. Band 308). Königshausen & Neumann, Würzburg 2000, ISBN 3-8260-1773-0, Abschnitt „Bibliophagie“, S. 633–638 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Hans-Walter Schmidt-Hannisa: „Jetzt eß ich das Buch“. Szenarien der Einverleibung von Schrift. In: KulturPoetik. Zeitschrift für kulturgeschichtliche Literaturwissenschaft 3(2) (2003), S. 226–245.
  • Mona Körte: Essbare Lettern, brennendes Buch. Schriftvernichtung in der Literatur der Neuzeit. Wilhelm Fink, München 2011, ISBN 978-3-7705-5214-6.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Kirsten Dickhaut: Till Eulenspiegel aß keine Bücher. François Forestier: La Manducation. (http://parapluie.de/archiv/sprung/till/).
  2. Vgl. etwa Franz Dornseiff: Das Alphabet in Mystik und Magie (= Studien zur Geschichte des antiken Weltbildes und der griechischen Wissenschaft. Heft 7). Teubner, Berlin, Leipzig 1922. Hier dazu Otto Weinreich: Ausgewählte Schriften. Band 2: 1922–1937. Grüner, Amsterdam 1973, S. 32 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Offenbarung des Johannes X, 10.
  4. Umberto Eco: Der Name der Rose. dtv München 1987, S. 610.