Synagoge von Wołpa (um 1920)
Innenraum mit Bima, im Hintergrund der Toraschrein (um 1920)

Die Synagoge von Wołpa war eine Holzsynagoge im Ort Woŭpa, Rajon Waukawysk, in Weißrussland. Sie war berühmt für ihre Architektur und gilt als wichtigster Vertreter einer Gruppe von barocken Holzsynagogen, in denen eine elegante Kuppel mit einer insgesamt ländlichen Bauweise kombiniert wurde.[1]

Geschichte Bearbeiten

Eine jüdische Gemeinde bestand in Wołpa seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, einem Ort, der bis zum Bau der Eisenbahnlinie (die Wołpa umging) Bedeutung als Handelsplatz hatte. Die Synagoge wurde wahrscheinlich im frühen 17. Jahrhundert erbaut. Sie zeugte vom Wohlstand der Gemeinde zu jener Zeit. Nachdem die Synagoge bei der Zerstörung des Orts durch die Schweden 1656 erhalten geblieben war, erklärte der Sejm sie 1781 zu einem Baudenkmal. Eine hebräische Inschrift belegte, dass die Dachdeckung 1781 renoviert wurde.

Seit dem Eisenbahnbau setzte im späten 19. Jahrhundert in Wołpa ein wirtschaftlicher Niedergang ein. Die Krise verschärfte sich nach dem Ersten Weltkrieg durch hohe Steuern und staatliche Monopole. Die Bevölkerung Wołpas war zu jener Zeit mehrheitlich jüdisch (1897: 1151 von 1976 Einwohnern). Die Kinder besuchten in der Regel eine hebräische Schule. Als Mitgliedern zionistischer Jugendbewegungen wanderten viele von ihnen nach Palästina ein.

Zwei Jahre stand Wołpa unter sowjetischer Herrschaft. Im Juni 1941 zerstörte deutsches Bombardement die Synagoge ebenso wie viele Wohnhäuser des Orts. Die jüdische Bevölkerung mußte Zwangsarbeit leisten. Am 2. November 1942 wurden die älteren und gebrechlichen Menschen auf dem jüdischen Friedhof ermordet und die übrigen ins Durchgangslager Waukawysk und von dort aus in das Vernichtungslager Treblinka deportiert.[2]

Architektur Bearbeiten

Das Hauptgebäude der Synagoge von Wołpa wurde in Blockbauweise errichtet. Gekuppelte Fenster mit segmentförmigem Sturz beleuchteten den zentralen Männerbetraum. Dessen Decke war in Nachahmung steinerner Synagogen, indem vier Pfeiler eingebaut wurden, um die Wölbung zu stützen. Die achteckige Kuppel wurde durch fünf übereinanderliegende Galerien ins Viereck überführt. Ein dreigeschossiges Mansarddach überdeckte diesen Hauptraum, der im obersten Stockwerk einen Barockgiebel besaß.

Im Westen schloss sich eine Vorhalle an, die von einem zweiteiligen Mansarddach mit Vorstoß und Giebel gedeckt wurde. An der Nord- und Südseite war die Vorhalle von zwei Eckbauten flankiert, die durch vorgelegte Galerien geschmückt waren. Reich profilierte Säulen wechseln ab mit Hängesäulchen, einem traditionellen Dekorationsmotiv der polnischen und russischen Holzarchitektur. Die Eckbauten besaßen je ein zweiteiliges Zeltdach mit einem Knauf an der Spitze.[3]

Inneneinrichtung Bearbeiten

 
Nachbau der Synagoge von Wołpa

Der Ort der Toralesung wurde architektonisch als Mittelpunkt der Synagoge betont: Die Entsprechung zur oktogonalen Kuppel war die Bima, die im Zentrum des Männerbetraums stand. Die vier Stützpfeiler der Kuppel waren zugleich auch Eckpfeiler der Bima. Durch Einfügung von je zwei Säulen zwischen die tragenden Pfeiler wurde das Viereck ins Achteck überführt. Zur Bima führten mehrere Stufen hinauf, die Brüstung zeigte Schnitzereien im Empirestil. Oben waren die Säulen durch Rundbogen verbunden und mit einem reich profilierten Zahnschnittgesimse abgeschlossen.[4]

Der Toraschrein an der Ostwand, ganz aus Eichenholz ausgeführt, 10 m hoch und bis zu 4,50 m breit, zeigte reiche barocke Schnitzereien. Fünf breite Stufen führten zur Lade hinauf, die durch Doppeltüren verschlossen waren, auf denen das Relief einer großen Menora dargestellt war. Beiderseits der Lade gab es zwei ornamentierte und mit Weinreben umrankte Säulenpaare.[5]

Literatur Bearbeiten

  • Alois Breier, Max Eisler, Max Grunwald: Holzsynagogen in Polen. Sohar, 1934. (Digitalisat)
  • Maria Piechotka, Kazimierz Piechotka: Heaven's Gates: Masonry Synagogues in the Territories of the Former Polish-Lithuanian Commonwealth. Warschau 2004.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Don Hanlon: Compositions in Architecture. Wiley, New Jersey 2009,S. 154.
  2. Shmuel Spector (Hrsg.): The Encyclopedia of Jewish Life Before and During the Holocaust, Band 3, Jerusalem / New York 2001, S. 1461 f.
  3. Alois Breier: Holzsynagogen in Polen, 1934, S. 22 f.
  4. Alois Breier: Holzsynagogen in Polen, 1934, S. 62.
  5. Alois Breier: Holzsynagogen in Polen, 1934, S. 64 f.