Hot & spicy Neurospicy-Tool

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(Wurde vorgestellt auf der WikiCon 2024: „Autist:innen – Aliens in der Community? Für eine respektvolle und unterstützende Beziehung mit, zu und von Autisten in den Wikimedia Projekten“)

In a nutshell

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  • Was ist Autismus? Autismus ist eine angeborene Spektrumserkrankung, die sich in Wahrnehmungs- und Verhaltensveränderungen zeigt. Die Veränderungen können individuell sehr unterschiedlich sein.
  • Warum ist das in der Wikipedia-Community relevant? Viele autistische Verhaltensweisen kommen der Arbeit in der Wikipedia entgegen, wie z. B. Spezialthemen, Liebe zu Struktur, Detailgenauigkeit, die Fähigkeit, Fehler zu finden, Plausibilitätsprüfung, Mustererkennung (u. a. auch sprachlich), Schwachstellen/Lückenhaft/Redundanzen. Daher ist es wahrscheinlich, dass in der Wikipedia-Community überdurchschnittlich viele Autisten aktiv sind.
  • Was ist das Neurospicy-Tool? Das Neurospicy-Tool enthält zehn der „typischsten“ autistischen Verhaltensweisen, die in der Kommunikation zwischen Autisten und Neurotypischen auffallen.
  • Wie hilft es Nicht-Autisten? Neurotypische Menschen (NTs) haben hier die Gelegenheit zu erfahren, wie sie besser auf autistische User eingehen können, um die Kommunikation zu verbessern.
  • Wie hilft es Autisten? Als Autist erhältst Du die Gelegenheit, Dein Verhalten selbst anhand von Zahlenwerten für andere sichtbar zu machen. Und/ Oder Du nutzt die Hinweise selber, um NTs Deine Wahrnehmung besser erklären zu können.
  • Wem hilft es noch? Ich schreibe als Autistin. Es gibt Schnittmengen zu anderen neurodivergenten Diagnosen, für die ich aber nicht sprechen kann. Fühl’ Dich frei, auch als andere neurodivergente Person das Neurospicy-Tool zu nutzen.

Für eine gesunde Community

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In den Wikipedia-Statuten heißt es u. a. „Wikipedia ist keine Sammlung von Anleitungen und Ratgebern.“ Diese Aussage nahm ein Admin zum Anlass, um – unangekündigt (sic!) – diese Seite aus meinem BNR zu löschen.

Ja, diese Seite beinhaltet Vorschläge. Doch diese Vorschläge haben einzig und allein den Hintergrund, dass sie die Kommunikation innerhalb der Wikipedia-Community verbessern können. Denn was Wikipedia ist, ist eine Community! Eine Community von Menschen aus Deutschland und aus der ganzen Welt. Menschen, die in ihrer Freizeit daran arbeiten, freies Wissen für alle verfügbar zu machen. Jeder einzelne ist dabei wichtig. Nur alle zusammen können das auf die Beine stellen, was Wikipedia heute bedeutet.

Um diese freiwillige, ehrenamtliche Arbeit harmonisch zu gestalten, wurden die Grundsätze der Wikiliebe formuliert. Da geht es um gegenseitigen Respekt, gegenseitige Rücksichtnahme, um einen freundlichen, sachlichen Austausch untereinander. Für eine gesunde Community ist Empathie unabdingbar, sich zu bemühen, den anderen zu verstehen, ihn so zu nehmen, wie er ist. Wenn dieser andere jedoch wegen Autismus u. U. nicht in der Lage ist, seine Situation verständlich zu erklären, können eben die Vorschläge auf dieser Seite helfen. Die Vorschläge helfen bei der Inklusion und Teilnahme behinderter Wikipedia-User, als wertvoller Bestandteil einer gesunden Community.

Anleitung zum Ausfüllen durch den Menschen mit Autismus

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Du wirst in Deinem Leben wahrscheinlich schon von vielen Seiten gehört haben, inwiefern Du anders agierst als neurotypische Menschen. Hier kannst Du zu verschiedenen Szenarien angeben, wie stark eine Aussage auf Dich zutrifft.
Dazu musst Du im Bearbeiten-Modus oder Quelltext-bearbeiten-Modus an der entsprechenden Stelle ein X setzen.
Ich weiß, dass jede Aussage in verschiedenen Situationen verschieden stark zutreffen können. Dieses hier ist kein Examen, habe Mut, einen Wert festzulegen, auch wenn er nicht immer zutreffen mag. Es geht um eine Richtung, eine Tendenz.

Anleitung für Nicht-Autisten

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Auf dieser Seite zeigt Dir der Autist dieses BNR, wie stark gewisse Merkmale bei ihm ausgeprägt sind. Auf einer Skala von 1 bis 10 hat er je nach Stärke der Ausprägung einen Wert markiert.
Unterhalb der Skala findest Du zu jeder Aussage einen kurzen Hinweis. Dort kannst Du nachlesen, wie Du dem Autisten in diesem Punkt begegnen kannst, um eure Kommunikation einfacher zu gestalten. Selbstverständlich sind die Hinweise allgemein formuliert, doch sie können eine Richtung aufweisen, mit der Du und der User mit Autismus in Kontakt und in den Austausch treten könnt.

„Typische“ Autismus-Aussagen

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Werte-Definition: 1 = trifft überhaupt nicht zu
  10 = trifft voll und ganz zu
Aussage 1: Wortwörtlich 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Ich nehme sprachliche Ausdrücke wörtlich. Ich kann schwer „zwischen den Zeilen lesen“. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Je höher der Wert ist, solltest Du in der Kommunikation mit diesem User darauf achten, keine Sprichwörter oder Redewendungen zu benutzen. Beschreibe das, was Du aussagen möchtest, in klaren, eindeutigen Sätzen.
Bsp: „Danke, dass Du in meinem neuen Artikel die Tippfehler verbessert hast. Und da eine Hand die andere wäscht, möchte ich Dir auch meine Hilfe anbieten.“
Besser: „Danke, dass Du in meinem neuen Artikel die Tippfehler verbessert hast. Ich möchte mich für Deine Hilfe revanchieren und biete Dir meine Hilfe an.“


Aussage 2: Treffsicher 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Ich vermag mich sprachlich nicht immer korrekt auszudrücken. Manche Ausdrücke kommen anders an, als ich sie beabsichtigt habe. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Je höher dieser Wert ist, umso mehr Toleranz empfehle ich Dir bei Äußerungen dieses Users. Während es NTs oftmals selbstverständlich ist, dass Worte ein gewisses „Geschmäckle“ haben können, ist das für Autisten häufig unverständlich. So können Missverständnisse entstehen, die durch Nachfragen schnell aus dem Weg geräumt werden können. Was für die Online-Kommunikation ohnehin schon gilt, gilt mit Autisten noch einmal mehr: Wenn Dich gewisse Ausdrücke irritieren, frage freundlich nach, wie etwas gemeint ist oder ob Du es richtig verstanden hast.


Aussage 3: Irrgarten 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Meinen Gedankengängen können andere oft nicht folgen. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Je höher dieser Wert ist, desto mehr solltest Du damit rechnen, dass der Mensch mit Autismus Gedankensprünge macht, die Dir zusammenhangslos erscheinen. Deute solche mutmaßlichen Themenwechsel nicht als Desinteresse. Es kann sogar vielmehr ein Zeichen dafür sein, dass der Autist weitreichend über das Thema nachgedacht hat. Solche unerwarteten Zusammenhänge können einem Gespräch eine interessante, unerwartete Richtung geben.
Wenn Dich ein Gedankensprung irritiert, erkläre, dass Du den Gedanken gerne folgen möchtest. Frage nach, wo der Zusammenhang besteht oder ob es sich um ein neues Thema handelt.


Aussage 4: Selbstregulierung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Ich habe Probleme mit der Selbstregulierung von Gefühlen, was zu Gefühlsausbrüchen führen kann. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Je höher dieser Wert ist, umso wahrscheinlicher kann es sein, dass der User einen Gefühlsausbruch erlebt. Diese Ausbrüche können positive sowie negative Gefühle betreffen. In diesem Ausbruch ist es wahrscheinlich, dass der User nicht in der Lage ist, seine Aussagen und Aktionen zu steuern. Das kann sich in geschriebenen oder gesagten Äußerungen zeigen. Oftmals wird unangemessenes Verhalten später bereut. Vermutest Du einen Gefühlsausbruch beim autistischen User, frage ihn, ob Du ihn in der Situation unterstützen kannst oder ob er Zeit alleine wünscht. Wichtig ist für Dich zu verstehen, dass ein Gefühlsausbruch nichts mit einer Aktion von Dir zu tun haben muss.


Aussage 5: Mehr geht nicht 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Ich neige dazu, zu viel zu reden. Oder ich neige dazu, zu viele oder für andere unpassende Fragen zu stellen. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Manche Autisten bemerken nicht, wenn sie „zu viel“ reden, andere Autisten bemerken es zwar, aber können es schwer abstellen. Fasse den Redefluss oder einen Strom an Fragen als Begeisterung und Interesse für ein Thema auf. Als Gesprächspartner hast Du immer die Möglichkeit, dem Autisten direkt zu sagen: „Du redest mir zu viel. Lass mich bitte zu Wort kommen.“ oder „Diese Frage möchte ich nicht beantworten.“ Wenn Du das Gespräch beenden möchtest, sage es ebenfalls direkt.


Aussage 6: Pokerface 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Man merkt mir meine Gefühle nicht immer an. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Je höher dieser Wert ist, desto mehr solltest Du Dich darauf einstellen, dass dieser User u. U. gefühlskalt oder gelangweilt wirkt. Dieser Eindruck stimmt i. d. R. mit seinem wirklichen Erleben nicht überein. Solltest Du Dir diesbezüglich unsicher sein, frage den User nach seinen Gefühlen. Diese Frage formulierst Du am besten nicht als offene Frage, weil die Antwort oft schwer zu formulieren sein kann.
Don’t: „Ich kann Deine Reaktion gerade nicht einordnen. Wie fühlst Du Dich?“
Do: „Ich kann Deine Reaktion gerade nicht einordnen. Fühlst Du Dich gelangweilt?“ (interessiert, überfordert, aufmerksam, angesprochen usw.)
Wenn man einem Autisten seine Gefühle schwer anmerkt, heißt es nicht, dass er keine Gefühle hat, die verletzt werden können. Deshalb ist auch hier ein Verhalten im Rahmen von Wikiliebe angemessen.


Aussage 7: Mono-Ton 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Wenn ich etwas sage, ist für andere oft schwer einzuschätzen, wie ich es meine. Ich neige zu mangelhafter Intonation oder Modulierung in der Sprache. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Je höher dieser Wert ist, umso mehr solltest Du Dich in der Kommunikation mit diesem User darauf einstellen, dass seine Aussagen u. U. sarkastisch oder höhnisch wirken. In den meisten Fällen ist das jedoch nicht so gemeint. Wenn der User Dir zum Beispiel in einer neutrale Stimme sagt: „Das klingt ja gut“, gehe davon aus, dass es genau so gemeint ist. Solltest Du unsicher sein, frage nach, ob die Aussage ernst oder sarkastisch gemeint sei.


Aussage 8: Notsignal 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Ich kann zwischenmenschliche Signale schwer verstehen. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Dieses Merkmal wird von Nicht-Autisten am häufigsten mit Autismus assoziiert. Je höher dieser Wert ist, umso schwerer tut sich der Autist mit sozialen Interaktionen. Stell Dir vor, Du landest auf einem fremden Planeten und weißt nicht, wie die Verhaltensregeln unter den Außerirdischen funktionieren. Was soll diese Mimik bedeuten? Welche Gesten sind positiv oder negativ konnotiert? Was bedeutet eine gewissen Betonung von Worten? Wie beginne ich ein Gespräch, ohne auf Ablehnung zu stoßen? Wundere Dich also nicht, wenn ein Autist „merkwürdig“ agiert, unausgesprochene Signale nicht versteht, den Wink mit dem Zaunpfahl nicht erkennt. Am besten gehst Du darüber hinweg, verhältst Dich „normal“ und gibst bei Missverständnissen klare Aussagen.


Aussage 9: Starthilfe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Ich würde mich gerne unterhalten, weiß aber nicht, wie ich ein Gespräch beginnen soll. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Je höher dieser Wert ist, desto mehr freut sich dieser User, wenn Du ein Gespräch beginnst. Auch ein unverblümter Einstieg ist möglich, wie zum Beispiel: „Ich möchte mich gerne mit Dir unterhalten. Wenn Du das auch möchtest, erzähle mir doch, wofür Du Dich interessierst.“ Hier sind offene Fragen (also keine Fragen, auf die man Ja/ Nein antworten kann) von Vorteil. Sollten die Antworten dennoch einsilbig ausfallen, heißt das nicht, dass beim Autisten kein Interesse an einem Gespräch besteht! Frage daher einfach weiter oder erzähle etwas von Dir. Oftmals tauen die Autisten nach einer Weile auf und freuen sich über das Gespräch.


Aussage 10: Guckst Du! 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Es fällt mir schwer, Blickkontakt zu halten. x

Hinweis für Nicht-Autisten: Je höher dieser Wert ist, umso mehr musst Du damit rechnen, dass der User Dir nicht in die Augen blickt. Vielen Autist:innen ist direkter Blickkontakt unangenehm. Es mag Dir ungewohnt erscheinen, ist jedoch kein Zeichen von Respektlosigkeit, Desinteresse oder Unsicherheit.
Ist dieser Wert hoch, kannst Du den Autisten darüber informieren, ob es für Dich in Ordnung ist, wenn er keinen Blickkontakt herstellt. Damit nimmst Du ihm womöglich Druck, sich angepasst verhalten zu müssen.