Off Limits – Roman der Besatzung Deutschlands ist ein Roman von Hans Habe, der erstmals 1955 im Verlag von Kurt Desch in München erschienen ist. Wie der Untertitel besagt, behandelt er in Romanform die Jahre der Besatzungszeit anhand der miteinander verflochtenen Schicksale der Protagonisten.

Zentrum der Handlung ist München. Mit viel Lokal- und Zeitkolorit — beispielsweise dem Schwarzmarkt in der Bogenhausener Möhlstraße oder dem Straßenstrich am Sendlinger Tor — gibt der Roman einen Eindruck vom Leben dortigen während der Besatzungszeit und der Trümmerjahre.

Der Roman folgt den Konventionen traditionellen Erzählens mit einem auktorialen Erzähler und einer chronologisch sich entwickelnden Handlung. Er ist in drei Bücher (Das Jahr 1945 / Die Jahre 1946 bis 1948 / Die Jahre nachher) eingeteilt, die Bücher wiederum in Kapitel von jeweils einigen Seiten, die jeweils einer der Figuren gewidmet sind. Eine eigentliche Hauptfigur gibt es nicht. Die Sichtweisen des Autors erscheinen sowohl als Reflexionen des Erzählers als auch als Überlegungen der Figuren.

Die Schreibweise ist wie in anderen Werken Habes auch unprätentiös und gut übersetzbar.

Hintergrund

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Habe kam als Offizier der amerikanischen Streitkräfte nach Deutschland, zuletzt im Rang eines Majors. Er war im Bereich des militärischen Geheimdienstes und hier insbesondere in der psychologischen Kriegsführung tätig. Nach Kriegsende kam er nach München. Unter anderen von Habe im Auftrag der Besatzungstruppen initiierten Zeitungsprojekten gründete er hier Die Neue Zeitung, mit Mitarbeitern wie Erich Kästner oder Stefan Heym, deren Chefredakteur er wurde. Habe kannte also sowohl auf amerikanischer Seite die Vorgehensweisen der Armeeverwaltung und des militärischen Geheimdienstes als auch auf deutscher Seite die Hintergründe, Zusammenhänge und Lebensumstände aus seiner journalistischen Arbeit.

Der Roman erschien 1955, im Jahr der Wiederbewaffnung Deutschlands und des Eintritts in die NATO.

  • Schuld und Verantwortlichkeit, sowohl auf Seiten der Deutschen wie der Amerikaner
  • Kalter Krieg, bzw. dessen Anbahnung und Vorbereitung (Zitat: „Das war das bezeichnendste an diesem Jahr 1947, daß sich alles Entscheidende hinter den Kulissen abspielte. Dort wurde der kalte Krieg vorbereitet, und wie es im Theater zuweilen geschieht, drang das hintergründige Hämmern schon von Zeit zu Zeit in den Zuschauerraum.“)

Es geht um Schuld in allen ihren Formen: Opportunismus, Prostitution. Auch solchen, die mit dem Zeitgeschehen nichts zu tun haben, zum Beispiel im Fall Colonel Hunter, der in seiner lieblosen Ehe sich selbst untreu geworden ist, das wirft ihm jedenfalls Marianne von Artemstein vor.

Hauptpersonen

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Die Reihenfolge der Figuren entspricht ungefähr der Reihenfolge des Erscheinens im Roman unter Berücksichtigung der jeweiligen Beziehungen zueinander.

Amerikaner
  • Major Frank Green: Geboren als Franz Grün. Deutscher Jude, der vor den Nazis in die USA geflohen und nun als Besatzungsoffizier zurückgekehrt ist. Dient jetzt bei der Military Intelligence.
  • Captain George Green: Geboren als Georg Grün. Bruder von Frank Green. Arbeitet in der gleichen Abteilung wie sein Bruder bei der militärischen Abwehr, wo er sich mit undurchsichtigen Kontakten mit versprengten Nazis befasst, darunter der Gruppe um Gert Mante. Er beschlagnahmt die Villa von Eberhard Eber, erlaubt aber der Familie, dort wohnen zu bleiben. Er knüpft eine Beziehung zu Karin Eber an, die von ihm schwanger wird.
  • Colonel Graham T. Hunter: Als stellvertretender Chef des Intelligence Service (G-2 Section) Vorgesetzter von Frank Green, George Green und Major O’Hara.
  • Major William S. O’Hara: Vor dem Krieg Polizist in New York. Alkoholiker und Sadist. Entführt die „KZ-Kommandeuse“ Irene Gruß, macht sie zu seiner Sex-Sklavin und unterwirft sie sadistischen Misshandlungen.
  • Korporal Frances D. Crane: Aufseher im Kriegsgefangenenlager bei Frankfurt, in dem auch Adam Wild und Achim von Sibelius sitzen. Als er einen Häftling misshandelt, wird er von Adam Wild geschlagen.
  • Lincoln Washington Haymes: Farbiger US-Soldat. Freund von Inge Schmidt.
  • Harry S. Jones: Vor dem Krieg Auto-Stuntman. Fahrer von O’Hara.
  • Generalleutnant Theodore F. MacCallum: Militärgouverneur von Bayern, Vorgesetzter von Colonel Hunter
  • Betty Hunter: Frau von Colonel Hunter. Kommt im Anfang 1946 mit den Kindern nach München. Sie nimmt Anstoß an der Gegenwart des Kindermädchen Marianne von Artemstein, die sie für die Geliebte ihres Mannes hält.
Deutsche
  • Dr. Adam Wild: Arzt. Freund von Achim von Sibelius. Behandelte die Mutter von Frank und George Green bis zu ihrem Abtransport nach Theresienstadt. Wird gefangen genommen, als er Sibelius Papiere bringen will. Wird von Frank Green befreit.
  • Hans Eber: Ehemaliger Kriegsgefangener. Sohn von Eberhard Eber.
  • Karin Eber: Tochter von von Eberhard Eber.
  • Dr. Eberhard Eber: Bankier
  • Walter Wedemeyer: Zauberkünstler und Inhaber des Nachtlokals „Die Mücke“.
  • Freiherr Achim von Sibelius: Früher Oberst im Generalstab der Reichswehr, als solcher zu Beginn des Romans im „automatischen Arrest“ in einem „Anhaltelager“[1] bei Frankfurt. Nach seiner Freilassung wird er Oberkellner in der „Mücke“.
  • Kurt von Zutraven: Ehemaliger Kulturbeauftragter des Dritten Reiches und Gouverneur im besetzten Paris. Jetzt einer der Angeklagten im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess.
  • Elisabeth von Zutraven: Geborene Elisabeth Steer. Ehefrau von Kurt von Zutraven. Jugendfreundin von Frank und George Green.
  • Gert Mante: Ehemaliger SS-Obersturmbannführer, jetzt im Untergrund. Geliebter von Martha Zobel.
  • Ferdinand Stappenhorst: Ehemaliger General der Reichswehr, Leiter der Abwehr Ost.
  • Inge Schmidt: Prostituierte. Tochter von Alois Schmidt. Hans Eber rettet sie vor dem Suizid. Es kommt zu einer Liebesbeziehung. Sie stirbt bei einem Verkehrsunfall.
  • Irene Gruß: Frau eines KZ-Kommandanten. Sie hatte sich seinerzeit an den Misshandlungen der Häftlinge, insbesondere an Auspeitschungen beteiligt und wird daher von Colonel Hunter mit einigem Nachdruck aber zunächst wenig Erfolg gesucht, da sie von O’Hara versteckt wird, der sie nun seinerseits sexuell missbraucht und misshandelt. In Berlin kommt es zu einer Konfrontation mit O’Hara, den sie mit einem Schürhaken erschlägt. Kurz darauf wird sie von Frank Green verhaftet.
  • Marianne Gräfin von Artemstein: Kindermädchen bei Colonel Graham T. Hunter
  • Herr Nadler: Hotelbesitzer und Schwager von Irene Gruß
  • Alois Schmidt: ehemaliger Blockwart, Vater von Inge Schmidt
  • Stefan Lester: Student der Rechte. Freund von Hans Eber.
  • Ilse Joachim, die „große Blonde“: Prostituierte. Sie nimmt Inge Schmidt unter ihre Fittiche und hilft ihr beim Einstieg in den Beruf.
  • Martha Zobel: Geliebte von Gert Mante.
  • Werner Zobel: Ehemaliger Oberst. Vater von Martha Zobel.
  • Jochen Zobel: Ehemaliger Kriegsgefangener. Hoffnungsträger, insofern er die Machenschaften seines Vaters und seiner Clique ablehnt, sich nicht „einbinden“ lässt und lieber Gepäckträger am Bahnhof wird. „Wenn es eine Zuversicht gibt, dann liegt sie bei den Jochen Zobels.“
  • Josef Maurer: Ehemaliger Bursche von Oberst Werner Zobel. Jetzt Schwarzmarkthändler.
  • Dieter Griff: Ehemaliger Gestapo-Chef. Versteckt Irene Gruß.
  • Otto Jäckel: Ehemaliger Gestapomann. Jetzt Kellner in der Bar „Mademoiselle“ in Berlin. Versteckt Irene Gruß in seiner Kellerbehausung.
  • Wir leben hier unter Amerikanern, die kein Gehirn, und unter Deutschen, die kein Rückgrat haben.
  • Den Staaten, oder jedem von ihnen, oder jeder Stadt in den Staaten: / Widerstehe viel und gehorche wenig. / Einmal gehorchen ohne zu fragen, einmal völlig versklavt, / Einmal völlig versklavt, und keine Nation, Staat, Stadt dieser Erde / Wird je nachher die Freiheit wiederfinden. (Walt Whitman, Motto und mehrfach zitiert)
  • Wir müssen uns bei den eigenen Haaren aus dem Dreck ziehen, wie der Baron Münchhausen aus dem Wasser. Der Baron sollte in der Tat unser Held sein — er ist mir unter unseren Heroen ohnedies einer der liebsten. Wenn wir es nicht individuell tun — die deutsche Kollektivität zieht uns nicht aus dem Dreck und die Umerziehung auch nicht.
  • Freiheit und Flucht sind beinahe dasselbe — es gibt keine Freiheit, wenn es keine Flucht gibt aus der Unfreiheit.
  • Erstens: Die neue Abwehr wird unter deutscher Leitung stehen und ausschließlich Deutsche beschäftigen. Zweitens: Über die Personalpolitik bestimme ich allein. Drittens: Sämtliche Mitglieder meines Amtes erhalten sofortige Amnestie. Viertens: Dem Amt wird ein noch zu bestimmendes Dollarbudget zur Verfügung gestellt, über dessen Verwendung ich allein zu bestimmen habe. Fünftens: Die Tätigkeit der Organisation richtet sich ausschließlich gegen den Osten, sie nimmt an keiner Aktion teil, welche zur Diffamierung von Deutschen oder den Angehörigen der Hilfsvölker wegen Handlungen oder Funktionen im Dritten Reich führen könnte.
  • Ihr möchtet ein großes Deutschland sehen, wir nur ein glückliches. Das ist euer Patriotismus, und das ist unserer.

Ausgaben

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  • Erstausgabe: Off Limits – Roman der Besatzung Deutschlands. Kurt Desch, Wien, Mnchen & Basel 1955.
  • Taschenbuch Lichtenberg: Off Limits – Roman der Besatzung Deutschlands. Reihe Lichtenberg-Taschenbücher 64/65. Lichtenberg, München 1964.
  • Taschenbuch Bastei: Off Limits. Reihe Basteikamin Nr. 56/59. Bastei-Verlag Lübbe, Bergisch Gladbach 1969.
  • Taschenbuch Heyne: Off Limits – Roman der Besatzung Deutschlands. Heyne Allgemeine Reihe 6473. Heyne, München 1985, ISBN 3-453-02048-0.
Übersetzungen
  • Dänisch: Off limits. Übersetzung von Mogens Boisen. Gyldendal, Kopenhagen 1955.
  • Englisch (UK): Off limits : a novel of occupied Germany. Übersetzung von Ewald Osers. Harrap, London 1956.
  • Englisch (USA): Off limits : A novel. Übersetzung von Ewald Osers. Fell, New York 1956.
  • Niederländisch: Over de schreef? : Roman over der wedergeboorte van een volk. Übersetzt von Hans de Vries. Zuid-Hollandsche Uitg., Den Haag 1956.
  • Serbokroatisch: Off limits. Übersetzt von Vinko Antié. Otokar Keršovani, Rijeka 1959.
  • Spanisch: Prohibido el paso. Übersetzt von Tristan LaRosa. El Destino, Barcelona 1959.
  • Polnisch: Off limits. Übersetzt von Wanda Kragen. Wyd. literackie, Krakau 1960.
  • Slowenisch: Vstop prepovedan : Roman o zasedbi Nemčije. Übersetzt von Prevedel Avgust Petrišič. Državna Založba Slovenije, Ljubljana 1961.
  • Französisch: Zone interdite. Übersetzt von Gilles-Maurice Dumoulin. Presses Pocket, Paris 1965.
  • Italienisch: Off limits. Übersetzt von Vittoria de Gavardo. Longanesi, Mailand 1966.

Einzelnachweise

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  1. Habe verwendet den eigentlich für Internierungslager während der Zeit des Austrofaschismus spezifischen Begriff des Anhaltelagers statt des gebräuchlicheren Internierungslager#NachkriegszeitInternierungslager.

Kategorie:Literatur (Deutsch)