Originaldokumente

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Beobachtungsprotokoll der Staatssicherheit 8. bis 10. Februar 1951
 
Elli Barczatis, Stasi-Beobachtungsprotokoll

Beobachtungen. In der Zeit vom 8.2.51 bis 12.2.51 wurden von der Abteilung VIII Beobachtungen mit folgendem Ergebnis durchgeführt:
Am 8.2.1951 - 18.55 Uhr - Barczatis verlässt den Amtssitz und geht durch folgende Strassen: Prinz-Albrecht-Str., Stresemannstr., S-Bahnhof Potsdamer Platz. 19.05 Uhr steigt sie in den Zug in Richtung Stahnsdorf. Da nächste Station Westsektor, wurde die Beobachtung abgebrochen.
Am 9.2.1951 - Barczatis verlässt 17.43 den Amtssitz, und unterhält sich mit dem Fahrer des Wagens BMW, GB-066-411, der vor dem Amtssitz parkte. 17.47 das Objekt besteigt gemeinsam mit einem Herrn und einer Dame, welche aus dem Eingang des Förderungsausschuss kamen, den obengenannten Wagen. Der Wagen verläßt den Amtssitz um 17.48 Uhr durch den Ausgang Leipziger Str. 17.55 Uhr wurde die Beobachtung abgebrochen.
Am 9.2.1951 - ab S-Bahnhof Spindlersfeld - 19.23 Uhr - das Objekt verlässt den Zug aus Richtung Schönweide und geht die Bahnhofstr. entlang, überquert die Oberspreestr. und biegt in die Westendstr. ein und geht weiter zur Rudower-Str. - 19.29 Uhr betritt sie das Haus Rudower-Str. 52.“

Quelle: BStU MfS 57/56 Band 1, S. 89f. Schreibmaschinen-Dokument. Ausschnitt der Tage 8. und 9. Februar 1951. Alle typografischen Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originalprotokoll übernommen.
Eröffnung des offiziellen Ermittlungsvorgangs "Sylvester" 26. Juni 1951
 
Das MfS eröffnet die Spionage-Akte "Sylvester"

„Deutsche Demokratische Republik. Ministerium für Staatssicherheit. Beschluß über das Anlegen eines Gruppenvorganges Gr.V.44/51. Berlin, den 26.6.51. Über: Frl. Barczatis Elli, Geburtstag 7.1.1912, Geburtsort Berlin, Wohnadresse Berlin Köpenik [Straßenname von BStU geschwärzt]
Der/Die Barczatis, heutige Sekretärin bei Herrn Grotewohl wurde beobachtet, wie sie in der HO Gaststätte Leipzigerstr. einen Herrn Laurenz, mit welchem sie früher in der Hauptverwaltung Kohle zusammen beschäftigt war, unter verdächtigen Umständen ein Aktenbündel übergab. Laurens war Mitglied der SED und wurde ausgeschlossen. Er macht sich verdächtig, indem er versucht Verhältnisse mit weiblichen Mitarbeiterinnen anzuknüpfen. Im Zusammenhang damit ist über Barczatis / Laurenz / Rettschlag[1] der der Zugehörigkeit zu einer Agententätigkeit verdächtigt ist, ein Gruppenvorgang anzulegen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Der Vorgang ist in der Abteilung Erfassung und Statistik unter der Bezeichnung Sylvester zu führen.
[unterzeichnet] Der Mitarbeiter: Böhm. Der Leiter: Keuscher. Bestätigt 28.6.51 Mielke

Quelle: BStU MfS 57/56 Band 1, S. 67f. Schreibmaschinen-Dokument. Alle typografischen Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originalprotokoll übernommen.
Telefonüberwachungsbericht der Staatssicherheit 21. April 1953
 
Telefonüberwachung von Laurenz und Barczatis

„Hauptabteilung S.
Berlin, den 21.4.1953. Az.: 168/73 Bg X/6
Bericht über eine Unterhaltung zwischen einem Herrn aus Potsdam und einer Dame am 16.4.1953 um 19.25 Uhr.
Der Herr fragt die Dame, wie es ihr ginge.
Diese sagt darauf, dass sie heute Prüfungsarbeit geschrieben haben. Ihr wäre richtig schlecht vor Aufregung gewesen. Sie wäre also dann am Sonnabend um 3/4 4 Uhr in Grünau. Sie fragt, ob sie gleich gehen wollten, oder ob sie erst die Tasche nach Hause bringen sollte, und wo sie sich dann treffen wollten. Der Herr meint, dass sie gleich weiter gehen und dass sie sich im Maulwurf (oder ein ähnliches Wort) treffen wollten. Die Dame meint, dass sie sich lieber an der Strassenbahn treffen wollten.
Darauf sagt der Herr, falls es regnen sollte, dann ginge er schon vor ins Gesellschaftshaus.
Die Dame ist damit einverstanden und bittet ihn, er möchte ihr für eine Bekannte eine kleine Packung Otalgan besorgen.
Der Herr fragt, ob das hier oder dort sei.
Die Dame meint, dass es dort sei.
Der Herr sagt, dass dann alles klar wäre.
Daraufhin sagt die Dame nochmals, dass sie sich entweder an der Strassenbahn oder bei schlechtem Wetter im Gesellschaftshaus im Gesellschaftshaus treffen würden.
Sie verabschieden sich voneinander.
[unterzeichnet] Oberstleutnant“

Quelle: BStU MfS 57/56 Band 2, S. 136. Schreibmaschinen-Dokument. Alle typografischen Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originalprotokoll übernommen.
Anklage 16. Juli 1955
 
Anklage des DDR-Staatsanwalts von Laurenz und Barczatis, 1955

„Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik
- I a 27 /55
Berlin, den 16. Juli 1955
An das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik
- I. Strafsenat -
Berlin N4, Scharnhorststr. 34
Anklage
Ich klage an:
1) Laurenz, Karl, geb. am 11.9.1905 in Brünn, Beruf: Jurist und Journalist, zuletzt tätig als freischaffender Übersetzer, wohnhaft: Berlin-Pankow [Straße von BStU geschwärzt], Staatsangehörigkeit: deutsch, Vorstrafen: 5 Monate Gefängnis wegen Begünstigung, in dieser Sache in Haft seit dem 5.3.1955
2) Barczatis, Elli, Helene, geb. am 7.1.1912 in Berlin, Beruf: kaufmännische Angestellte, zuletzt tätig als Referentin im Büro des Präsidiums des Ministerrats der DDR, wohnhaft: Berlin - Köpenik, [Straße von BStU geschwärzt], Staatsangehörigkeit: deutsch, Vorstrafen: keine, in der Sache in Haft seit dem 5.3.1955
[Seite 2 und 3, hier nicht abgebildet:]
Beide Beschuldigten haben sich schwerster Verbrechen am deutschen Volk schuldig gemacht. Sie handelten im Auftrage der Spionageorganisation Gehlen und leisteten den amerikanischen und deutschen Imperialisten Handlangerdienste bei ihren verbrecherischen Bestrebungen zur Vertiefung der Spaltung Deutschlands und zur Entfesselung eines neuen Krieges. Sie sind Feinde der Arbeiterklasse und der Deutschen Demokratischen Republik.
[...] Ich beantrage
1. Das Hauptverfahren vor dem I. Strafsenat des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik zu eröffnen,
2. Termin zur Hauptverhandlung unter Ausschluß der Öffentlichkeit anzuberaumen,
3. die Fortdauer der Untersuchungshaft zu beschliessen.“

Quelle: BStU MfS AU 406/55, Band 3, S. 38ff. Schreibmaschinen-Dokument. Alle typografischen Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originaldokument übernommen.
Todesurteile 23. September 1955
 
Todesurteile gegen Laurenz und Barczatis, 1955

„Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik
1. Strafsenat
1 Zst (I) 7/55
Im Namen des Volkes In der Strafsache gegen 1. Laurenz, Karl [...], 2. Barczatis, Elli, Helene [...]
wegen Verbrechen gegen Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik durch den 1. Strafsenat in der Sitzung vom 23. September 1955, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident Ziegler als Vorsitzender, Oberrichter Dr. Löwenthal, Oberrichter Frau Kleine als besitzender Richter, Staatsanwalt Lindner als Vertreter des Generalstaatsanwalts der Deutschen Demokratischen Republik, Hauptsachbearbeiter Klenke als Protokollführer,
für Recht erkannt: Wegen Verbrechens gegen Artikel 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik werden verurteilt:
der Angeklagte L a u r e n z zum T o d e,
die Angeklagte B a r c z a t i s zum T o d e .
Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe [...]“

Quelle: BStU MfS AU 406/55, Band 3, S. 132. Schreibmaschinen-Dokument, Fotokopie der Abschrift. Alle typografischen Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originaldokument übernommen.
Vollstreckungsprotokoll der Hinrichtung 23. November 1955
 
Protokoll der Hinrichtung von Elli Barczatis

„Untersuchungshaftanstalt I Dresden, George-Bähr-Str. 5
Dresden, den 23.11.1955
Vollstreckungsprotokoll
In der Strafsache gegen B a r c z a t i s, Elli, geb. 7.1.1912, vom Obersten Gericht der DDR, 1. Strafsenat, wegen Verbrechen gegen Artikel 6 der Verfassung der DDR am 23.9.1955 zum Tode verurteilt, wurde am 22.11.1955 nach Feststellung der Personengleichheit 22.00 Uhr die Verkündung durch
Gen. Staatsanwalt J a h n k e als Vertreter des Generalstaatsanwaltes
im Beisein des Gen. VP.-Rat J o n a k als Vertreter der Vollstreckungsbehörde vorgenommen.
Der Verurteilten wurde mitgeteilt, daß ihr Gnadengesuch abgelehnt wurde und die Vollstreckung am 23.11.1955 in den Morgenstunden stattfindet.
Der Verurteilte nahm die Verkündung gefaßt entgegen, und erbat sich auf Befragen an seine Angehörigen Schreiben zu dürfen. Ebenso erbat sie Rauchware. Beide Wünsche wurden ihr gewährt.
Die Verurteilte verbrachte die Nacht mit Rauchen und Schreiben. Sie verhielt sich ruhig und bereitete keinerlei Schwierigkeiten.
Um 2.55 Uhr wurde sie gefesselt und ihr die Nackenhaare kurz geschnitten. Anschließend wurde sie gegen 3.00 Uhr in den Richtraum gebracht, wo ihr nochmals vom Anstaltsleiter im Beisein des Gen. Hauptarztes Dr. Skrobeck das Urteil kurz verkündet wurde und sie anschließend dem Scharfrichter übergeben.
Die Vollstreckung nahm ca. 3 Sek. in Anspruch.
Nach erfolgter Ausfertigung sämtlicher vorgeschriebener Papiere wurde die Leiche im VP.-eigenen Kfz. mit der Freigabebescheinigung des Bezirksstaatsanwaltes nach dem Krematorium Tolkewitz gebracht und die Einäscherung im Beisein des Gen. VP.Hwm. Bachmann vollzogen.
als Vertreter des Generalstaatsanwaltes [Unterschrift] Jahnke, Staatsanwalt
als Vertreter der Vollstreckungsbehörde [Unterschrift] Jonak, VP.-Rat“

Quelle: BStU MfS AU 406/55, Band 3, S. 140. Schreibmaschinen-Dokument. Alle typografischen Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originalprotokoll übernommen.
Beispiel ohne Bild

„Untersuchungshaftanstalt I Dresden, George-Bähr-Str. 5
Dresden, den 23.11.1955
Vollstreckungsprotokoll
In der Strafsache gegen B a r c z a t i s, Elli, geb. 7.1.1912, vom Obersten Gericht der DDR, 1. Strafsenat, wegen Verbrechen gegen Artikel 6 der Verfassung der DDR am 23.9.1955 zum Tode verurteilt, wurde am 22.11.1955 nach Feststellung der Personengleichheit 22.00 Uhr die Verkündung durch
Gen. Staatsanwalt J a h n k e als Vertreter des Generalstaatsanwaltes
im Beisein des Gen. VP.-Rat J o n a k als Vertreter der Vollstreckungsbehörde vorgenommen.
Der Verurteilten wurde mitgeteilt, daß ihr Gnadengesuch abgelehnt wurde und die Vollstreckung am 23.11.1955 in den Morgenstunden stattfindet.
Der Verurteilte nahm die Verkündung gefaßt entgegen, und erbat sich auf Befragen an seine Angehörigen Schreiben zu dürfen. Ebenso erbat sie Rauchware. Beide Wünsche wurden ihr gewährt.
Die Verurteilte verbrachte die Nacht mit Rauchen und Schreiben. Sie verhielt sich ruhig und bereitete keinerlei Schwierigkeiten.
Um 2.55 Uhr wurde sie gefesselt und ihr die Nackenhaare kurz geschnitten. Anschließend wurde sie gegen 3.00 Uhr in den Richtraum gebracht, wo ihr nochmals vom Anstaltsleiter im Beisein des Gen. Hauptarztes Dr. Skrobeck das Urteil kurz verkündet wurde und sie anschließend dem Scharfrichter übergeben.
Die Vollstreckung nahm ca. 3 Sek. in Anspruch.
Nach erfolgter Ausfertigung sämtlicher vorgeschriebener Papiere wurde die Leiche im VP.-eigenen Kfz. mit der Freigabebescheinigung des Bezirksstaatsanwaltes nach dem Krematorium Tolkewitz gebracht und die Einäscherung im Beisein des Gen. VP.Hwm. Bachmann vollzogen.
als Vertreter des Generalstaatsanwaltes [Unterschrift] Jahnke, Staatsanwalt
als Vertreter der Vollstreckungsbehörde [Unterschrift] Jonak, VP.-Rat“

Quelle: BStU MfS AU 406/55, Band 3, S. 140. Schreibmaschinen-Dokument. Alle typografischen Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originalprotokoll übernommen.
  1. Gertrud Rettschlag war Karl Laurenz Geliebte, bevor er Elli Barczatis kennenlernte