"Ortskern Mittenwald" (E-1-80-123-4): Das Ensemble umfasst das Zentrum des historischen Ortskerns um die Pfarrkirche mit dem von Süden heranführenden und nach Nordosten ausgreifenden Straßenzug von Ober- und Untermarkt. Die Konzentration besonders stattlicher dreigeschossiger Geschäfts- und Gasthäuser am inneren Obermarkt südlich der Pfarrkirche und an der in Querrichtung zum Untermarkt überleitenden Hochstraße zeugt von der Bedeutung des Marktortes in verschiedenen Perioden seiner wechselvollen Geschichte. Der ehemalige Straßenmarkt zeichnet sich durch die enge Reihung giebelständiger Häuser am Ober- und Untermarkt bis heute im Ortsbild und-grundriss deutlich ab. Der spätere Ortskern um die Kirche, um 1080 als "media in silva" erstmals genannt, wurde von der Römerstraße Augsburg-Brenner wohl nur tangiert. Er entwickelte sich im Mittelalter zu einem wichtigen Umschlagplatz für den Rottverkehr, südlich der Gabelung zweier Handelsstraßen in Richtung Partenkirchen-Augsburg und über den Kesselberg nach München. Der Fernhandel aus Oberitalien und aus Süddeutschland und die Verlegung des Bozener Marktes nach Mittenwald (1487- 1679) brachten dem Ort reichen Verdienst; im Zusammenhang damit entwickelte sich auch die übrige Gewerbestruktur. Nach dem Rückgang des Rottwesens wurde der Geigenbau, eingeführt um 1680 durch den einheimischen Matthias Klotz, zu einem wichtigen Erwerbszweig. Vor allem seit dem Bau der "Mittenwaldbahn" von Garmisch-Partenkirchen nach Innsbruck (1912) gilt der Fremdenverkehr - mit allen seinen oft notwendigen, den historischen Charakter eines Gebirgsortes aber allzu-leicht verändernden Begleiterscheinungen - als erstrangiger Wirtschaftsfaktor des Marktes. Die Stellung der Pfarrkirche St. Peter und Paul im Zentrum des Ensembles geht noch auf den spätgotischen Vorgängerbau zurück. Der barocke Neubau Joseph Schmuzers akzentuierte den städtebaulichen Bezug vor allem durch die Situierung des Turmes: er wurde absichtlich genau in die Mittelachse des Oberen Marktes gestellt und bildet mit seiner reichen Bemalung einen höchst wirkungsvollen Abschluss des Straßenzuges im Blick von Süden. - Die Bebauung des Obermarktes beginnt - ausgehend von der Pfarrkirche - mit einer Gruppe von dreigeschossigen ehemaligen Verleger- und Handelshäusern und stattlichen Gasthäusern, ursprünglich errichtet für den zu allen Zeiten wichtigen Durchreiseverkehr. In der südlichen Fortsetzung der Bebauung von Haus Nr. 44 (Westzeile) und Nr.27 (Ostzeile) an, staffeln sich die geschlossenen aneinandergereihten kleinen Häuser vor bzw. zurück, so dass sich eine malerische Straßenpartie ergibt; vor allem die von Doppelhäusern durchsetzte Westzeile hat z. T. sehr frühe Zierbundgiebel unter den weiten Vordächern - davon mehrere 1671 datiert, was auf einen einheitlichen Wiederaufbau (nach Brand?) schließen lässt. Der Obermarkt geht in einer platzartigen Ausweitung in den Dekan-Karl-Platz über, der nach Süden geöffnet ist und zu beiden Seiten wieder eine gerade Häuserflucht mit weiten Dachüberständen aufweist. Eine keilförmige, angerartige Grünfläche teilt den Platz in zwei Hälften, der im übrigen eine spätere Anlage (wohl seit Anfang des 18. Jahrhunderts) zu sein scheint. - Auf der Rückseite der westlichen Häuserzeile sind die zugeordneten, schmalen Grundstücke mit einzelnen Schupfen und Hausgärten noch weitgehend von einer späteren Bebauung frei geblieben, so dass hier die historische Parzellierung wie sonst nirgends im Ort ablesbar geblieben ist; die Klammstraße bildet deswegen die südwestliche Ensemblegrenze. Zwischen dem Oberen Markt südlich der Pfarrkirche und dem nordöstlich gelegenen Unteren Markt vermittelt als kurze Querachse die Hochstraße. Sie gehört mit den stattlichen trauf- und giebelständig aneinandergereihten Häusern noch zum baulich hervorgehobenen inneren Ortskern; das Haus Hochstraße 14/16 am Ende der Südzeile zeigt einen der prächtigsten Bundwerkgiebel Mittenwalds von 1688. Der Straßenzug biegt von hier aus nach Nordosten ab und erweitert sich zum Fritz-Prölß-Platz, dessen auffälligstes Haus (Doppelhaus Nr. 8/10) durch einen schönen Zierbund von 1715 hervorgehoben ist. Der anschließende Untermarkt wurde in jüngster Zeit von zwei Brandkatastrophen heimgesucht: Die westliche Hausreihe, deren südlicher Teil sich deutlich zurückstaffelt, brannte 1914, die östliche erst 1948 nahezu vollständig ab, so dass hier bis auf einige wenige Mauerreste eine völlig neue Bebauung erforderlich wurde. Unter Leitung des damaligen Bezirksbaumeisters Schweyer, bei Mitwirkung namhafter Architekten (so 1915/16 Hermann Leitenstorfer und August von Thiersch) entstand eine auch heute noch vorbildliche Anlage, die aus Platzgründen die geschlossenen Reihungen mit Flachsatteldächern zu übernehmen hatte, jedoch eine zweckmäßige Trennung von Wohn- und Wirtschaftsteil einführte und die Tenneneinfahrten nach rückwärts verlegte; Doppelhäuser behielten ihren gemeinsamen Mitteleingang. Besonderen Wert wurde bei den Wiederaufbaumaßnahmen auf eine handwerksgerechte, typisch ortsübliche Bauweise, auf eine entsprechende Farbgebung und auf liebevolle Details (z.B. aufgemalte Hausnamen) gelegt; Bundwerk wurde nur auf den Abseiten der Anwesen verwendet, nachdem am Untermarkt die Häuser vor den Bränden auch keine Bundwerkgiebel hatten. Die Ensemblegrenze folgt auf der Westseite dem (später angelegten) Karalpleweg, schließt also die kurzen Grundstücksflächen mit ein, während auf der Ostseite der Brandleweg (Sackgasse) die Rückseiten der Häuser Nr. 32-58 von einer anderen, neuen Häuserreihe trennt, die nicht mehr zum Ensemble gehört. - Das vom Brand verschonte Haus Untermarkt 6/8/10 bildet, aus nördlicher Richtung gesehen, mit seinem stattlichen Bundwerkgiebel von 1721 eine städtebauliche wertvolle "Platzwand". Zum Ensemble gehört auch der abgeschieden Bereich nördlich der Pfarrkirche mit dem bereits 1315 erwähnten Kirchhof und dem kurzen, winkelförmigen Straßenzug der Ballenhausgasse. Diese heutige Bezeichnung weist - ebenso wie vielleicht das altertümliche, langgestreckte Wirtschaftsgebäude am Südende der Ostzeile - auf die für den einstigen Rottverkehr wichtigen Lagerhäuser hin, die sich bei der Kirche befanden. Innerhalb der giebelständigen Kleinhaus-Bebauung der West- und Nordseite fällt das freskierte Haus Nr. 3 auf, das jetzt als Geigenbaumuseum den anderen ehemaligen Haupterwerbszweig des Ortes veranschaulicht.

Im Gries

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"Im Gries" (E-1-80-123-2); Das Ensemble umfasst den haufendorfartigen Ortsteil beiderseits des Lainbaches mit giebelständigen Flachsatteldachhäusern, die z. T. noch landwirtschaftlich genutzt werden. Die Gesamtanlage, bei der die geschlossen bebaute Nord- und Westzeile dominiert, erweitert sich platzartig im Südosten und am Nordende, wo das Haus Im Gries 48/52 mit kleinem Fresko, schönem Zierbund und "Vorbund" - eine an das Tiroler Inntal erinnernde, konstruktiv-ornamentale Besonderheit in Mittenwald - als Platzwand wirkt. Eine geschlossene Reihe bildet die Nordzeile mit den Häusern Nr. 10-32; hier z. T. im alten Stil erneuerte Kleinhäuser, davon zwei mit Lüftlmalereien der Rokokozeit (Nr. 20 und 28/30) und eines (Nr. 18) mit modernen Fresken von Heinrich Bickel. Die Westzeile jenseits des Baches zeigt die reizvollste Partie ehemaliger Kleinbauern- und Handwerkerhäuser im Ort in wechselvollen Vor- und Rücksprüngen. Von Ladeneinbauten weitgehend verschont, findet sich gerade hier noch der typische Mittenwalder Hausgrundriss mit herbergsartig geteilten Doppel- und Drittelhäusern, der von einer Längstenne aus erschlossen wird. Die Häuserfronten sind vereinzelt durch kleinere Fassadenmalereien des 18. Jahrhunderts und alte Zierbundgiebel belebt, deren ältestes Beispiel von 1687 (Haus Nr. 73/75) stammt. Das letzte Legschindeldach in diesem Bereich weist Nr. 61/63 auf (ebenso z. T. noch das zum Ensemble gehörige Haus Stainergasse 24). Am südlichen Eckhaus der westlichen Häuserreihe - "Drittelhaus" Nr. 53/55 mit Kranzbergstraße 2 - ist die Besitzteilung an der verschiedenen Fassadenbehandlung (mit farblich gutem Fresko und halbem Zierbund) besonders gut abzulesen. Als stilistisch unpassender Wohnhaus-Neubau fällt lediglich Nr. 46 am Nordende des Ensembles aus dem Rahmen.