Benutzer:Toblu/Examenswissen/Culpa in contrahendo

Die culpa in contrahendo (dt.: Verschulden bei Vertragsverhandlung) bezeichnet die Entstehung eines gesetzlichen (vorvertraglichen) Schuldverhältnisses – durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen – das Schutz- und Rücksichtnahmepflichten zum Inhalt hat, deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht auslöst.

Die Lehre vom Verschulden bei Vertragsverhandlungen vor der Schuldrechtsreform Bearbeiten

Rudolph von Jhering entwickelte im Jahre 1861 die „Lehre vom Verschulden bei Vertragsverhandlungen“. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um Fälle bei denen der Schaden schon vor Vertragsschluss, aus Gründen, die dem Vertragspartner (Schädiger) bekannt gewesen sein mussten, eintrat.[1]

Eine kodifizierte Regelung des Verschuldens bei Vertragsverhandlung existierte zu diesem Zeitpunkt nicht, es handelte sich vielmehr um einen gewohnheitsrechtlichen Grundsatz,[2] der dem Geschädigten einen Schadensersatzanspruch zusprach. Die erhöhten Sorgfaltspflichten im vorvertraglichen Bereich beruhen auf dem Vertrauensprinzip. So dürfen die Beteiligten an einer Vertragsverhandlung regelmäßig erwarten (darauf vertrauen), dass jede Partei auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei Rücksicht nehmen wird.

Beispiel nach RGZ 78, 239: Die Klägerin K begibt sich in das Warenhaus des Beklagten B, um dort eine Linoleumrolle zu kaufen. Sie bittet daher einen Angestellten A des B ihr das von ihr gewünschte Muster zu zeigen, beim Hervorholen des Musters stürzt eine Linoleumrolle um und verletzt die K. Frage: Hat K gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz?

Zwischen K und B ist noch kein Vertrag zustande gekommen, sodass vertragliche Schadensersatzansprüche entfallen. Die Haftung für den Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB scheitert, wenn der B beweisen kann, dass er den A sorgfältig ausgesucht hat. K hätte lediglich die Möglichkeit deliktische Ansprüche gegen den A (der in der Regel nur wenig Geld hat) geltend zu machen. Diese Anspruchslücke im vorvertraglichen Bereich wurde durch die Lehre vom Verschulden bei Vertragsverhandlungen geschlossen. Somit hat die K gegen den B einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo iVm. § 278 BGB.

Ein Ausschluss der Haftung aus culpa in contrahendo, lediglich aufgrund der Tatsache, dass der Gegner (hier: B) die schädigende Handlung nicht selbst vorgenommen hat würde hier dem Rechtsempfinden stark widersprechen. Ansonsten würde der Geschädigte schlechter gestellt werden, wenn der B hier nur nach § 831 BGB für seinen Verrichtungsgehilfen (hier: A) haften würde. Im vorliegenden Fall hat folglich der Geschäftsherr für seinen Gehilfen nach § 278 BGB einzustehen.

Die Lehre vom Verschulden bei Vertragsverhandlungen nach der Schuldrechtsreform Bearbeiten

Der culpa in contrahendo kommt bis heute eine große praktische Bedeutung zu, sodass sich der Gesetzgeber im Rahmen der Schuldrechtsreform im Jahre 2002 dazu entschlossen hat die Voraussetzungen der vorvertraglichen Haftung im Gesetz zu regeln. So wurde die culpa in contrahendo durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (SchuldRModG)[3] im § 311 Abs. 2 und 3 BGB kodifiziert.

Sich ergebende Pflichten aus § 311 Abs. 2 BGB Bearbeiten

Nach § 311 Abs. 1 BGB ist zur Begründung eines Schuldverhältnisses ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich. Der erste Absatz regelt folglich den Normalfall der Begründung von Rücksichtnahmepflichten durch ein wirksames Schuldverhältnis iSd. § 241 Abs. 2 BGB. Die Ausnahme zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Vertragsschluss stellt die culpa in contrahendo dar, die sogleich im nächsten Absatz der Norm dargestellt wird. Ein wirksames Schuldverhältnis ist regelmäßig der zwischen zwei Parteien geschlossene Vertrag. Die vorvertraglichen Rücksichtnahmepflichten ergeben sich, wie oben bereits angemerkt, aus § 241 Abs. 2 BGB, auf den der § 311 Abs. 2 BGB ausdrücklich verweist. Sodass sich daraus folgende Normenkette als Anspruchsgrundlage ergibt: §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Aus § 241 Abs. 2 BGB folgt, dass beide Vertragsparteien zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet sind, somit ist erkennbar, dass lediglich Schutzpflichten entstehen. Eine Leistungspflicht iSd. § 241 Abs. 1 BGB entsteht hingegen erst mit Abschluss des Vertrages.

Dass die verhandelnden Parteien angehalten sind eine Schädigung des anderen Teils zu vermeiden leuchtet ein und ist auch von der Rechtsprechung anerkannt.[4] Es stellt sich die Frage was genau mit der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils iSd. § 241 Abs. 2 BGB gemeint ist.

Rechte und Rechtsgüter des anderen Teils Bearbeiten

Unter die Rechte und Rechtsgüter des anderen Teils fasst man das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit und das Eigentum. Diese Aufzählung ist dem § 823 Abs. 1 BGB zu entnehmen.

Interessen des anderen Teils Bearbeiten

Problematisch wird die Bestimmung des Umfangs der Rücksichtnahmepflichten bei den Interessen des anderen Teils. Mit Interessen ist das finanzielle Interesse der Partei gemeint. Somit wird verdeutlicht, „dass auch Vermögensinteressen sowie andere Interessen wie zum Beispiel die Entscheidungsfreiheit zu schützen sein können“.[5] Es handelt sich hauptsächlich um die Verletzung von Aufklärungs-, bzw. Beratungspflichte,[6] beispielsweise beim Autokauf.

Voraussetzungen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses Bearbeiten

Im Folgenden wird auf die in § 311 Abs. 2 BGB genannten Voraussetzungen zur Entstehung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses eingegangen.

Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) Bearbeiten

§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB nennt den klassischen c.i.c-Fall. Hiernach entsteht ein Schuldverhältnis iSd. § 241 Abs. 2 BGB mit Beginn der Vertragsverhandlungen. Unter den weiten Begriff der Vertragsverhandlungen sind beispielsweise zu fassen: Vorgespräche, Bewerbungsgespräche, Werbemaßnahmen, Ausschreibungen, Vergabeverfahren, oder allgemein gesprochen jede Maßnahme einer Partei, die zum Abschluss eines Vertrages führen soll.[7] Es endet folglich mit Abbruch der Verhandlungen oder mit Abschluss des Vertrages, hieraus folgt selbstverständlich, dass die Grundlage für die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB nicht mehr das Anbahnungsverhältnis, sondern nunmehr der Vertrag selbst ist.[8] Bereits entstandene Schadensersatzansprüche aus der culpa in contrahendo bleiben aber auch nach Vertragsschluss bestehen, da der Vertragsschluss ansonsten zum Nachteil des Geschädigten wirken würde.

Vertragsanbahnung (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB) Bearbeiten

Bei der Anbahnung eines Vertrages wird die Entstehung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses noch vor die Vertragsverhandlung verlagert.

Unter den § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB fallen die Situationen in denen der Geschädigte die Verkaufsräume des anderen Teils aufsucht. Hierbei ist zu beachten, dass zwar der Wille mit dem anderen Teil in Kontakt zu treten maßgeblich ist, jedoch der Zweck des Kontakts nicht zwangsläufig der Erwerb einer Sache sein muss. Ein rein „sozialer“ Kontakt, z.B. zum Schutz vor Regen oder zum Zwecke eines Diebstahls, reicht indes nicht aus.[9] Falls der Kunde ein Kaufhaus lediglich zum Schutz eines einsetzenden Regengusses aufsucht, sich anschließend allerdings in der Buchabteilung umschaut und dabei verletzt wird, kann unter Umständen eine Haftung aus c.i.c gegeben sein, da der Kauf eines Buches nicht ausgeschlossen war.

Ähnliche geschäftliche Kontakte (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB) Bearbeiten

Gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB kann ein vorvertragliches Schuldverhältnis auch durch „ähnliche geschäftliche Kontakte“ entstehen. Im Bezug auf Nr. 1 und 2 handelt es sich bei

§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB um einen Tatbestand, der alle Fälle, die nicht unter Vertragsverhandlung oder – anbahnung zu subsumieren sind, auffangen soll. Es handelt sich vorliegend um einen Auffangtatbestand, der der Rechtsprechung und der Literatur einen Spielraum einräumen soll, die vorvertragliche Haftung weiterzuentwickeln.

Verschulden Bearbeiten

Der Schädiger haftet für die Pflichtverletzung nach dem allgemeinen Tatbestand des

§ 280 Abs. 1 BGB. Aus der Anwendung des § 280 Abs. 1 BGB folgt, dass der Schädiger die Pflichtverletzung gem. § 276 ff. BGB auch zu vertreten haben muss. Es gilt die Verschuldensvermutung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.

Einbeziehung Dritter in das Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 3 BGB) Bearbeiten

Aus § 311 Abs. 3 S. 1 BGB ergibt sich, dass auch Dritten, die nicht Vertragspartei werden sollen, dieselben Schutzpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB zukommen können. Hieraus folgt, dass die Vertragsparteien unter bestimmten Umständen auch Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen von Dritten nehmen müssen.

Voraussetzungen der Eröffnung des Schutzbereiches für Dritte Bearbeiten

Zunächst ist erforderlich, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt. Daraus resultiert, dass der Dritte den gleichen Risiken ausgesetzt sein muss wie der Gläubiger selbst, man spricht an dieser Stelle von der Leistungsnähe oder auch Einwirkungsnähe.

Leistungsnähe besteht insbesondere bei Angehörigen des Mieters, wie beispielsweise Kindern. So schließen in der Regel die Eltern einen Mietvertrag mit dem Vermieter, allerdings treffen den Vermieter durch den Vertrag auch Schutzpflichten gegenüber den Kindern. Der Gläubiger (bspw. der Vater der Kinder als Mieter) muss auch ein berechtigtes Interesse an der Einbeziehung eines Dritten in das Schuldverhältnis haben, das sog. Gläubigerinteresse.

Nach der von der Rechtsprechung entwickelten „Wohl- und Wehe-Formel“ für Körper- und Sachschäden, soll das notwendige Interesse an der Einbeziehung eines Dritten in das Schuldverhältnis dann gegeben sein, wenn den Gläubiger eine Verantwortung für den Dritten trifft, er also auch gegenüber dem Dritten Schutz- und Fürsorgepflichten hat, wie beispielsweise Eltern gegenüber ihren Kindern.

Für den Schuldner (bspw. den Vermieter) muss erkennbar sein, dass eine Leistungsnähe des Dritten und ein Gläubigerinteresse an der Einbeziehung des Dritten in das Schuldverhältnis bestehen.

Hierunter ist nicht zu verstehen, dass der Schuldner die genaue Anzahl der Dritten, für die er im Ernstfall haften muss, kennt. Es ist vielmehr so, dass für den Schuldner erkennbar sein muss, welche Personengruppe von seiner Haftung umfasst wird, damit das Haftungsrisiko kalkulierbar bleibt und nicht ins unermessliche steigt.

Maßgeblich ist, dass der Dritte schutzbedürftig ist. An der Schutzbedürftigkeit fehlt es, wenn der Dritte bereits einen gleichwertigen vertraglichen Anspruch hat.

Beispiel: Mieter M ist durch die Scheidung von seiner Frau in eine finanzielle Notlage geraten, allerdings möchte er auf keinen Fall seine große Wohnung aufgeben, außerdem versteht es sich mit seinem Vermieter V blendend. Er entschließt sich daher einen Teil seiner Wohnung an den Studenten S zu vermieten. Nun stürzt S die Treppe hinunter und verletzt sich.

S als Untermieter wird hier nicht in den Schutzbereich des Mietvertrages zwischen V und M einbezogen, da er gegen den M einen eigenen vertraglichen Schadensersatzanspruch aus § 536a Abs. 1 BGB hat.[10]

Der „Salatblatt-Fall“ (BGHZ 66, 51) Bearbeiten

Der klassische Fall zur Einbeziehung Dritter in das Schuldverhältnis im Sinne des § 311 Abs. 3 S. 1 BGB ist der 1976 vom BGH entschiedene „Salatblatt-Fall“.

Sachverhalt: Die 14-jährige Tochter T ging mit ihrer Mutter M in den Selbstbedienungsladen des B. Während die Mutter nach Aussuchen der Waren noch an der Kasse stand, ging die T um die Kasse herum, um ihrer Mutter beim Einpacken der Einkäufe zu helfen. Dabei rutschte sie auf einem Salatblatt aus, stürzte und verletzte sich am Knie. Zu einem Kauf der ausgesuchten Waren kam es nicht mehr, da die M mit der T ins Krankenhaus fahren musste.

T hat mit B keinen Vertrag geschlossen, sodass vertragliche Ansprüche ausscheiden. Auch eine Vertragsanbahnung nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB, zwischen der T und dem B, scheidet aus, da die T gar keinen Vertrag mit dem B schließen wollte. In Betracht kommt hier, dass die T in das vorvertragliche Schuldverhältnis zwischen der M und dem B einbezogen wird. Die T müsste hierfür den gleichen Gefahren ausgesetzt gewesen sein wie die M. Es bestand durchaus die Gefahr eines Sturzes für M, folglich ist die Leistungsnähe der T gegeben. Die M müsste auch ein berechtigtes Interesse am Schutz der T gehabt haben. Es leuchtet hier ein, dass Eltern regelmäßig ein Interesse am Schutz ihrer Kinder haben, so auch hier. Leistungsnähe und Gläubigerinteresse müssten für den B auch erkennbar gewesen sein. Für einen Supermarktbetreiber ist durchaus erkennbar, dass Eltern von ihren Kindern begleitet werden, so auch im vorliegenden Fall. Des Weiteren ist T auch schutzbedürftig.

Die T hat gegen B einen Anspruch aus §§ 311 Abs. 3 S. 1, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.

Sachwalterhaftung aus § 311 Abs. 3 S. 2 BGB Bearbeiten

Unter strengen Voraussetzungen kann auch eine Eigenhaftung des Vertreters aus c.i.c in Betracht kommen, der ansonsten lediglich aus Delikt haften würde.

Hierunter sind Fallgruppen zu verstehen, in denen der Vertreter selbst Vertragspartei werden sollte, oder es lediglich aus formalen Gründen nicht geworden ist.

Unter einem Sachwalter versteht man beispielsweise einen Ehegatten, der das Geschäft des anderen in eigener Sache führt oder einen Gebrauchtwagenhändler, der den vom Kunden in Zahlung genommenen Pkw in dessen Namen verkauft,[11] also als bloßer Vertreter des vorherigen Eigentümers fungiert.

Zwar führt § 311 Abs. 3 S. 2 BGB nur einen Fall an, der die Dritthaftung begründet, nämlich, dass der Dritte die Vertragsverhandlung oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Dies ist allerdings unbeachtlich, da der § 311 Abs. 3 S. 2 BGB nach seinem Wortlaut („insbesondere“) keine endgültige Regelung trifft. Die genannte Fallgruppe soll nur „exemplarisch“ sein.[12]

Voraussetzungen der Dritthaftung nach § 311 Abs. 3 S. 2 BGB Bearbeiten

Zunächst muss der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nehmen. Dies ist insbesondere bei Sachverständigen, Gutachtern, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern der Fall.[13]

Des Weiteren müsste der Dritte die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss auch erheblich beeinflusst haben.

Es lässt sich an dieser Stelle anführen, dass wenn die Inanspruchnahme besonderen Vertrauens bejaht wurde, auch eine erhebliche Beeinflussung der Vertragsverhandlungen gegeben ist. Hieraus folgt, dass das in Anspruch genommene Vertrauen des Dritten kausal für die Beeinflussung gewesen sein muss.

Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein bauliches Gutachten ausschlaggebend für den Kauf einer Immobilie ist.

Falls die Inanspruchnahme besonderen Vertrauens nicht bejaht werden kann, wird ein wirtschaftliches Eigeninteresse des Dritten am Abschluss des Vertrages gefordert. Allerdings reicht das bloße Interesse am Erhalt einer Provision oder einer Vergütung nicht aus. Eine Dritthaftung wegen des wirtschaftlichen Eigeninteresses ist gegeben, wenn der Dritte ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Vertrages hat oder in eigener Sache tätig wird.

Beispiel: Der Gebrauchtwagenhändler G verkauft den von seinem Kunden A in Zahlung genommenen Pkw, in dessen Namen, an B. Der Kaufvertrag beinhaltet die Klausel „Die Gewährleistung wird ausgeschlossen“. G verschweigt dem B allerdings, dass es sich bei dem Auto um einen Unfallwagen handelt und das Fahrzeug nicht verkehrssicher ist. B verlangt nun den Ersatz der ihm entstandenen Kosten.

Ein Vertrag zwischen dem G und dem B ist nicht zustande gekommen, da er lediglich als Vertreter für den A aufgetreten ist. Dadurch, dass der G hier nicht in eigenem Namen gehandelt hat, wollte er die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf aus §§ 474 ff. BGB, die den Verbraucher schützen sollen, umgehen. In Betracht kommt hier also ein Umgehungsgeschäft nach § 475 Abs. 1 S. 2 BGB.[14]

Der G hat hier in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und über dies hinaus hatte er auch ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Abschluss des Vertrages. Er haftet somit nach §§ 311 Abs. 3 S. 2 iVm S. 1, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.

Prüfungsschema Bearbeiten

  1. Wirksames Schuldverhältnis iSd. § 241 Abs. 2 BGB
  2. Schutzpflichtverletzung
  3. Vertretenmüssen (§§ 276–278 BGB)
  4. Kausaler (ersatzfähiger) Schaden iSd. §§ 249 ff. BGB
  5. Rechtsfolge: Schadensersatzpflicht nach §§ 249 ff.

Literaturempfehlungen Bearbeiten

  • Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 14/6040, 161 ff.
  • Canaris, Claus-Wilhelm, Die Reform des Rechts der Leistungsstörungen, in: Juristische Zeitschrift (JZ) 2001, S. 499-524.
  • Looschelders, Dirk, Schuldrecht Allgemeiner Teil, Rn. 181 ff., 10. Auflage 2012.
  • Palandt, Otto (Hrsg.), Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 311, 72. Auflage 2013.
  • Rieble, Volker, Die Kodifikation der culpa in contrahendo, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis S. 137-157.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Medicus, Dieter/Lorenz, Stephan in: Schuldrecht I Allgemeiner Teil, Rn. 103, 20. Auflage 2012.
  2. Grüneberg, Christian in: Palandt, Otto (Hrsg.), Handkommentar zum Bürgerlichen Recht, § 311 Rn. 11, 72. Auflage 2013.
  3. Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts v. 26.11.2001, BGBl. I, 3138, 3147 f.
  4. BGH NJW-RR 1995, 1241, 1242.
  5. Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 14/6040, 126.
  6. Looschelders, Dirk in: Schuldrecht Allgemeiner Teil, Rn. 190, 10. Auflage 2012.
  7. Grüneberg, Christian in: Palandt, Otto (Hrsg.), Handkommentar zum Bürgerlichen Recht, § 311 Rn. 22, 72. Auflage 2013.
  8. Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 14/6040, 163; Grüneberg, Christian in: Palandt, Otto (Hrsg.), Handkommentar zum Bürgerlichen Recht, § 311 Rn. 25, 72. Auflage 2013.
  9. Canaris, Claus-Wilhelm in: Juristische Zeitschrift 2001, 499, 520; Lorenz, Stephan/Riehm, Thomas in: Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rn. 369, 2002; Westermann, Harm Peter/Bydlinski, Peter/Weber, Ralph in: BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil, Rn. 11/13, 6. Auflage 2007; a. A. bezüglich des Diebstahls Münchner Kommentar zum BGB/Emmerich, § 311 Rn. 64, Band 2, 6. Auflage 2012; Grüneberg, Christian in: Palandt, Otto (Hrsg.), Handkommentar zum Bürgerlichen Recht, § 311 Rn. 23, 72. Auflage 2013.
  10. Vgl. zu dieser Problematik BGHZ 70, 327, 330; kritisch Grunewald, Barbara in: Bürgerliches Recht, § 18 Rn. 13, 8. Auflage 2009.
  11. Grüneberg, Christian in: Palandt, Otto (Hrsg.), Handkommentar zum Bürgerlichen Recht, § 311 Rn. 61 und 66, 72. Auflage 2013.
  12. Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 14/6040, 163.
  13. Looschelders, Dirk in: Schuldrecht Allgemeiner Teil, Rn. 218, 10. Auflage 2012.
  14. Vgl., insbesondere zu dieser Fallgestaltung, Grüneberg, Christian in: Palandt, Otto (Hrsg.), Handkommentar zum Bürgerlichen Recht, § 311 Rn. 66, 72. Auflage 2013.