Stoffella Hallux-Operation

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Die Stoffella Hallux-Operation ist eine orthopädische Operationsmethode mit Knochendurchtrennung zur Korrektur (Korrekturosteotomie) von Fehlstellungen des ersten Mittelfußknochens (Metatarsale-I-Osteotomie). Sie wird bei einem Hallux valgus mit einer Verbreiterung des Vorfußes (Metatarsus primus varus) und einer Ballenbildung angewendet. Die Osteotomie wird subkapital winkelförmig nach distal geöffnet angelegt. Das Osteosyntheseverfahren ist eine dynamische Osteosynthese mit einem inneren Kraftträger (Hallux Fixateur interne), der intramedullär im Metatarsale-I dynamisch verklemmt und extramedullär mit dem Kopffragment winkelstabil verriegelt wird.

Historisches

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Diese Osteosynthesetechnik entwickelte sich aus der von R. Stoffella 1993 erstmals angewendet und 1998 publizierten Halluxspange, die nach dem Zuggurtungsprinzip die auftretenden Biegekräfte bei Belastung weitgehend neutralisierte. 2001 erfolgte die Weiterentwicklung zur Verriegelungsosteosynthese mit einem dynamischen Kraftträger (Hallux Fixateur interne), der 2003 publiziert wurde.

Indikation

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Die Indikation ist eine mittlere bis schwere Hallux valgus-Fehlstellung mit einem Intermetatarsale-Winkel bis zu 22°. Gleichzeitig ist es möglich eine dreidimensionale Korrektur bei allen Fehlstellungen durchzuführen. Der distale metatarsale Artikulations-Winkel kann durch Aufkippen des Metatarsalköpfchens aus der Valgusstellung korrigiert werden. Durch die Veränderung der Schnittebene kann eine Verlängerung oder Verkürzung des Metatarsalschaftes vorgenommen werden. Ebenso ist es möglich, das Metatarsalköpfchen nach plantar zu kippen, damit der erste Strahl stärker belastet werden kann (Plantarisierung). Eine Pronationsfehlstellung kann durch ein Drehen des Köpfchens in der Winkelosteotomie korrigiert werden.

Biomechanik

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Das biomechanische Prinzip der Stoffella-Osteotomie ist die interfragmentäre Kompression der Knochenfragmente bei der Belastung des Fußes mit einer Neutralisation der Verschiebekräfte durch einen Kraftträger. Das Osteosyntheseverfahren ist eine Kombination aus Fixateur interne und einer elastisch stabilen intramedullären Nagelung. Ein speziell dafür entwickeltes Implantat (Hallux Fixateur interne) hat ein statisches Ende für die winkelstabile Verschraubung und ein dynamisches Ende mit zwei abgespreizten gewellten Schenkeln für die intramedulläre Verklemmung.

Osteotomie

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Die Operation kann in Allgemeinnarkose oder in Regionalanästhesie durchgeführt werden. In der Regel wird in Blutleere operiert. Der Hautschnitt erfolgt innenseitig längs über dem Grundgelenk. Die mediale Exostose wird sparsam abgetragen, damit die subkapitale Kortikalis nicht geschwächt wird. Ein Führungsbohrdraht wird zur Festlegung der Winkelspitze der Osteotomie subkapital eingebracht und nach Aufsetzen der Sägelehre eine subkapitale Winkelosteotomie mit nach distal geöffneten Schenkeln von ca. 135° durchgeführt. Das Metatarsalköpfchen kann in der Winkelosteotomie dreidimensional reponiert werden, da kein flächiger Kontakt sondern nur eine kortikale Zweipunktabstützung erforderlich ist (instabile Verzahnung). Es wird ein Hallux Fixateur interne mit gewünschter lateraler Versetzung in die Diaphyse des Metatarsale-I eingesetzt. Die federelastisch leicht gewellten Schenkeln verklemmen sich in der Diaphysenmitte (Taillenschnürung) und spreizen sich rotationsstabil im metaphysären Bereich auf (Dreipunktabstützung). Die elastische Verankerung darf in der axialen Richtung nicht gesperrt sein, sondern muss bei der Belastung nachgleiten können (dynamische Verklemmung) damit die interfragmentäre Kompression nicht blockiert ist. Das Metatarsalköpfchen wird nun in gewünschter Stellung an die Öse des Hallux Fixateur interne reponiert und mit einer Kopfverriegelungsschraube winkelstabil verschraubt. Das verriegelte Metatarsalköpfchen wird durch die Belastung in den Metatarsalschaft komprimiert und die Verschiebekräfte werden durch die interfragmentäre Reibung und die Kraftübertragung des Hallux Fixateur interne neutralisiert. Abschließend werden überstehende Knochenteile geglättet. Begleitend werden noch weitere Weichteil- und knöcherne Eingriffe am Großzehengrundgelenk durchgeführt:

  • Laterales Release des Großzehengrundgelenks mit dem lateralen Sesambein.
  • Mediale Raffung der Weichteile am Großzehengrundgelenk
  • Cheilektomie dorsalseitig des Metatarsalköpfchens
  • Akin-Osteotomie als Varisierungsosteotomie zur Wiederherstellung der Sehnenbalance bei einem Hallux valgus interphalangeus.

Nachbehandlung

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Der Fuß soll sofort plantigrad in einer gewöhnlichen Sandale mit Klettverschluss (Trekkingsandale) belastet und nach zwei bis drei Tagen langsam über die Großzehe abgerollt werden. Ein Vorfußentlastungsschuh ist nicht erforderlich, da die Belastung des Vorfußes die Stabilität steigert und die Kallusbildung verstärkt induziert. Die Wundbehandlung mit zeitgerechter Fadenentfernung erfolgt nach den üblichen Richtlinien. Zur anfänglichen Schmerztherapie werden Antiphlogistika eingesetzt. Zur Reduktion der Weichteilschwellung soll in der ersten Woche das längere Stehen und Sitzen vermieden und das Bein zeitweise hochgelagert werden. Vorteilhaft ist auch das Treten auf einem Ergometer zur Aktivierung der Muskelpumpe. Sobald die anfängliche Schwellung zurückgegangen ist, kann ein bequem sitzender Schuh getragen werden. Die Implantatentfernung wird in der Regel ab der 8. Woche in einem kurzen Eingriff durchgeführt.

Komplikationen

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Die Komplikationsrate ist insgesamt sehr niedrig, jedoch sind allgemeine operative Komplikationen wie Wundinfektion oder Wundheilungsstörung möglich. Spezielle Komplikationen sind:

  • Eine vorrübergehende Weichteilschwellung ist ein regelmäßiger Bestandteil der OP.
  • Pseudarthrosen, das Nichtzusammenwachsen der Knochenfragmente ist äußerst selten bei verzögerter Knochenheilung.
  • In sehr seltenen Fällen tritt eine Durchblutungsstörung im Knochen auf (aseptische Nekrose) mit einem Abbau von Knochensubstanz (Sudeck-Syndrom).
  • Materialbruch oder Lockerung von Schrauben werden nur in seltenen Einzelfällen beobachtet.
  • Eine Weichteilreizung von überstehenden Schrauben ist ebenfalls äußerst selten.
  • Trotz größter Sorgfalt lässt es sich nicht immer vermeiden, dass es nach einer Operation zu einer Achsenabweichung kommt und im Laufe der Zeit sich das Operationsergebnis verändert.

Literatur

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  • R. Stoffella: Neue Osteotomietechnik zur subkapitalen Metatarsalosteotomie beim Hallux valgus in: Operative Orthopädie und Traumatologie, Urban & Vogel, München 1998 (ISBN: 10-4-317-25)
  • R. Stoffella: Die Operation nach Stoffella - Subkapitale Osteotomie mit einer dynamischen Osteosynthesetechnik in : Fuß&Sprunggelenk, Steinkopff Verlag, Darmstadt 2003 (ISBN: 1-2-0123-0132)