neue deutsche Orgeltabulatur Bearbeiten

Die neue deutsche Orgeltabulatur (oft auch norddeutsche Orgeltabulatur genannt) grenzt sich wesentlich von anderen Tabulatur-Notationssystemen ab, denn es handelt sich hierbei nicht um eine instrumentenspezifische Notationsweise, sondern vielmehr um eine universelle, ungleich platzsparendere Art, Musik graphisch darzustellen. Sie entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus der sogenannten alten deutschen Orgeltabulatur, die ihrerseits eine Kombination aus Linien- (für die obere Stimme) und Buchstabennotation (für die unteren Stimmen) darstellt. Die neue deutsche Orgeltabulatur wurde im 17. Jahrhundert zunehmend für Partiturniederschriften jeglicher Art von instrumentaler und vokaler Musik genutzt. So sind die meisten der geistlichen Vokalkonzerte Dietrich Buxtehudes beispielsweise ausschließlich in Tabulatur überliefert.

 

Die neue deutsche Orgeltabulatur ist eine Notenschrift, die sich ausschließlich aus Buchstaben und Zeichen zusammensetzt. Jede Stimme besteht aus drei Ebenen:

  1. der Angabe des Notenwertes
  2. der Angabe der jeweiligen Oktave
  3. der Angabe des Notennamens durch einen Buchstaben (Alterationen werden durch leichte Modifikationen des Buchstabens deutlich gemacht)

Die einzelnen Stimmen werden entsprechend der „modernen“ Partiturschrift untereinander angeordnet.

Die Grafik rechts verdeutlicht den Aufbau der neuen deutschen Orgeltabulatur am Beispiel des ersten Taktes des weiter unten angeführten Geistlichen Konzertes „Wachet auf ruft uns die Stimme“ von Franz Tunder. Eine Alteration findet sich gleich zu Beginn des ersten Taktes in Stimme 3. Sie wird durch einen starken Niederstrich, der an den Buchstaben (in diesem Falle ‚f‘) angehängt wird, deutlich gemacht. Durch diese sehr ökonomische Notationsweise werden Notenschlüssel und Tonartvorzeichnungen überflüssig.

Die einzelnen Stimmen werden mitunter, wie auch in diesem Beispiel, aus Gründen der Platzersparnis relativ dicht untereinander geschrieben, so daß sich Buchstaben und Zeichen oft überschneiden. Der große Abstand zwischen 3. und 4. Stimme ist mit der später einsetzenden Gesangsstimme zu begründen.

Die Übertragung einer in neuer deutscher Orgeltabulatur geschriebenen Partitur in „moderne“ Notenschrift sieht folgendermaßen aus (links das Original, rechts die Übertragung), hier durchgeführt an dem Beginn des Geistlichen Konzertes "Wachet auf ruft uns die Stimme" für Sopran, 3 Violinen und Basso Continuo des Lübecker Organisten und Werkmeisters Franz Tunder (1614-1667):