Mathildenhöhe [Bearbeiten]

Die Mathildenhöhe, mit 180 Metern über NN die höchste Erhebung der Darmstädter Innenstadt, war schon im 19. Jahrhundert eine Gartenanlage des großherzoglichen Hofes und wurde 1833 im Stil eines Englischen Landschaftsparks umgestaltet. Dabei entstand der heute noch erhaltene Platanenhain. Der Garten wurde nach Mathilde Karoline Friederike von Wittelsbach, der Gemahlin Großherzogs Ludwig III., benannt. In den Jahren 1877 bis 1880 wurde auf der Mathildenhöhe ein Wasserreservoir zur Wasserversorgung Darmstadts und 1897 die Russische Kapelle erbaut. Die Bebauung der südlichen Mathildenhöhe durch die von Großherzog Ernst Ludwig 1899 gegründete Künstlerkolonie führte ab 1900 zu der heutigen Gestalt, die durch den Hochzeitsturm von 1906 und das Ausstellungsgebäude aus dem Jahre 1908 (auf dem Wasserreservoir stehend), jeweils vom Architekten Joseph Maria Olbrich entworfen, beherrscht wird.

Unter der Mathildenhöhe liegen die Darmstädter „Katakomben“. Diese Bezeichnung ist eigentlich falsch für die Gewölbekeller, Tunnel und Gänge, die sich unter Tage zwischen Dieburger Straße und Lucasweg befinden und sich bis zur Mathildenhöhe ziehen. Während es sich bei Katakomben um Leichengewölbe handelt, wurde diese Anlage geschaffen, um etwas wesentlich Angenehmeres zu beherbergen: Es handelt sich um Bierkeller aus dem 19. Jahrhunderts. Darmstadts Einwohnerzahl wuchs von 10.000 Menschen um 1800 auf 70.000 „bierdurstige Kehlen“ um das Jahr 1900, wurde es eng in den Lagerhallen der zwölf kleinen Brauereien im „Watzeviertel“, die sich hier angesiedelt hatten. Es wurde ein ausgeklügeltes System von Gewölben in die Felsen an und unter der Mathildenhöhe geschlagen. Das weiche Gestein dort bot aufgrund seiner kühlenden Eigenschaften einen enormen Vorteil: Die Temperatur im Bierlabyrinth blieb automatisch konstant bei neun Grad Celsius. Wurden niedrigere Temperaturen benötigt, schlug man des Winters Eis im Woog und schüttete es in sogenannte „Kühldome“, zur Oberfläche hin offene, kuppelförmige Höhlen, wodurch die Fässer sogar auf vier Grad heruntergekühl werden konnten – ganz ohne Elektrizität. Diese löste mit der Erfindung der Kühlmaschine Anfang des 20. Jahrhunderts die Bierkatakomben nach und nach ab. [1]

Zu den „Katakomben“ gehört auch der Brauereitunnel, der unter der Dieburger- und Alexanderstraße verborgen liegt. Etwas Mystisches umgibt diesen Stollen, denn: Die Brauerei nutze ihn zwar, um Kühlwasser abzuleiten, doch gebaut wurde er schon wesentlich früher. Auf seiner gesamten Länge maß er einst 2,5 Kilometer und verband den Heiligen Kreuzberg (heute Sitz einer Tanzschule) mit dem Schloss. Die Entstehung oder der Sinn des aufwändigen Grabwerks sind an keiner Stelle dokumentiert, was natürlich die Legende eines Geheimgangs nährt. Andere vermuten in dem Gang einen Fluchtweg, wieder andere hegen den langweiligen und dennoch wahrscheinlichen Verdacht, dass es sich um eine Art mittelalterliche Wasserleitung handelt. [2]

Tief unter den Ausstellungshallen der Mathildenhöhe befindet sich ein gigantischer Wasserspeicher. 4.800 Kubikmeter fassen die beiden Gewölbe, die Teil des 1880 eröffneten Darmstädter Wassernetzes waren. Zu dieser Zeit fehlte aufgrund der Bevölkerungsexplosion neben dem Bier noch viel dringender benötigtes, sauberes Trinkwasser, damit Versorgung und Hygiene gewährleistet waren und der Cholera somit endlich der Garaus gemacht werden konnte. Das Besondere an dem Gemäuer sind die Fugen. Man kaufte damals 100.000 Hühnereier aus dem Odenwald auf, um mit dem Eiweiß den Mörtel wasserdicht zu machen. Erst 1994 wurde der „Pufferspeicher“ seiner Aufgabe entledigt und geleert. Heute steht in dem geziegelten Raum das Wasser nur nochzehn Zentimeter hoch. [3]